Bistum

In Gedanken eng verbunden

Barbara Osdarty am 26.01.2021

Ordensgemeinschaften S08 Orden PB Barbara Osdarty
Für viele Ordensgemeinschaften ist Corona mit großen Herausforderungen verbunden – doch es gibt auch Momente der Hoffnung.

Feier zum „Tag des geweihten Lebens“entfällt coronabedingt – die Pandemie stellt viele Ordensleute vor große Herausforderungen, eröffnet ihnen aber auch neue Freiräume und Perspektiven

Nor­ma­ler­wei­se ist er ein Tag der Begeg­nung: Am 2. Febru­ar wird der Tag des geweih­ten Lebens“ began­gen und im Bis­tum Pas­sau ist es Tra­di­ti­on, dass sich an die­sem Tag Ordens­leu­te zahl­rei­cher Gemein­schaf­ten tref­fen, um bei einem gemein­sa­men Got­tes­dienst dan­ke zu sagen für ihre Beru­fung und die Zeit im Orden und danach mit­ein­an­der zu fei­ern. Für vie­le ist die­ser Tag ein sehr wich­ti­ger“, erklärt Sr. M. Gabrie­le Kren, Bene­dik­ti­ne­rin der Anbe­tung im Klos­ter Neu­stift und Vor­sit­zen­de der Arbeits­grup­pe Orden im Bis­tum Pas­sau, weil es ein Tag ist, an dem man Men­schen begeg­net, die man sonst mög­li­cher­wei­se das gan­ze Jahr über nicht sieht. Sich wenigs­tens an die­sem Tag per­sön­lich gegen­über­zu­ste­hen tut gut – das ist etwas ganz ande­res, als mal zu tele­fo­nie­ren.“ Des­halb ist es den Orga­ni­sa­to­ren nicht leicht­ge­fal­len, die Fei­er abzusagen.

„„Doch die meis­ten Gemein­schaf­ten haben ihre Außen­kon­tak­te in den ver­gan­ge­nen Mona­ten sehr stark redu­ziert. Jeder weiß: Die Risi­ko­grup­pe beginnt bei den 60-Jäh­ri­gen“, so Sr. M. Gabrie­le, die lächelnd hin­zu­fügt: In den meis­ten Gemein­schaf­ten zählt man mit 60 noch zu den Jun­gen. Wir haben also allen Grund, vor­sich­tig zu sein. Des­halb erschien es uns von der Arbeits­grup­pe Orden‘ auch falsch, unse­re Mit­schwes­tern und ‑brü­der nach Pas­sau bzw. Alt­öt­ting zu einer zen­tra­len Fei­er ein­zu­la­den, auch wenn ein gemein­sa­mer Got­tes­dienst in einem der gro­ßen Got­tes­häu­ser erlaubt gewe­sen wäre. So haben wir den Ter­min schwe­ren Her­zens abgesagt.“”

Sr. M. Gabriele Kren, Benediktinerin der Anbetung im Kloster Neustift

Dabei geht es den Ordens­leu­ten kei­nes­wegs nur um sich selbst, wie Sr. M. Gabrie­le betont: Täg­lich kom­men exter­ne Mit­ar­bei­ter zu uns ins Klos­ter, z. B. vom Pfle­ge­dienst. Wenn wir Außen­kon­tak­te mög­lichst mei­den, schüt­zen wir nicht nur uns, son­dern auch die­se Men­schen, und das ist uns wich­tig.“ Das ist auch der Grund, war­um sich im klös­ter­li­chen All­tag eini­ges stark ver­än­dert hat: Wir Schwes­tern sit­zen in der Kir­che mit gro­ßem Abstand. Gera­de bei uns in Neu­stift hal­ten wir das für sinn­voll, weil die ein­zel­nen Schwes­tern des Kon­vents einen sehr unter­schied­li­chen All­tag haben. Eini­ge wir­ken bzw. wirk­ten viel außer­halb des Klos­ters – zum Bei­spiel die, die in Erzie­hung und Schu­le im Ein­satz sind oder unse­re Obla­ten­rek­to­rin.“ Die­se Frau­en sind – bzw. waren bis vor kur­zem – viel mehr mit Men­schen in Kon­takt als jene Schwes­tern, deren Lebens­ra­di­us auch schon vor der Pan­de­mie weit­ge­hend auf das Klos­ter beschränkt war. Des­halb haben wir uns ent­schlos­sen, Abstand zu hal­ten, auch wenn es schwer­fällt. Zeit­wei­se haben wir uns sogar für die Mahl­zei­ten auf drei Spei­se­sä­le ver­teilt – das machen wir jetzt nicht mehr, weil wir gemerkt haben, dass uns das als Gemein­schaft nicht gut­tut. Dass uns die Nähe fehlt, der Aus­tausch. Aber wir sind sehr vorsichtig.“

Ganz beson­ders ver­mis­sen die Bene­dik­ti­ne­rin­nen die Pil­ger: Wir emp­fan­gen aktu­ell kei­ne Gäs­te, seit nun einem Jahr ist unse­re Geist­li­che Zel­le geschlos­sen. Das emp­fin­den vie­le schon als gro­ßen Ein­schnitt und auch als Ver­lust.“ Da in Neu­stift auch getöp­fert wird, haben die Schwes­tern auch die zahl­rei­chen Märk­te im Som­mer und Herbst sehr ver­misst – finan­zi­ell ist das mit Ein­bu­ßen ver­bun­den, aber viel mehr fehlt uns der Kon­takt zu den Kun­den, denn oft erge­ben sich unver­hofft gera­de bei sol­chen Gele­gen­hei­ten inter­es­san­te Gesprä­che.“ Per­sön­lich fand Sr. M. Gabrie­le den Sep­tem­ber schwie­rig: Als Musik­leh­re­rin war ich froh, als der Unter­richt wie­der los­ging, aber ohne Sin­gen? – Für mich schon eine klei­ne Tragödie.“

Den­noch betrach­tet Sr. M. Gabrie­le die ihrem Kon­vent auf­er­leg­ten Ein­schrän­kun­gen als ver­gleichs­wei­se mar­gi­nal: Wir hier in Neu­stift spü­ren nicht die gan­ze Dra­ma­tik, der vie­le Men­schen gera­de aus­ge­setzt sind. Denn: Hier ist nie­mand allein. Wir sind eine Gemein­schaft, kön­nen für­ein­an­der da sein. Dafür sind wir dank­bar, wenn wir hören, wie ein­sam vie­le Men­schen durch die Kon­takt­be­schrän­kun­gen sind. Wir sehen es auch selbst an drei unse­rer Mit­schwes­tern, die im Alten­heim sind: Es war ja zeit­wei­se nicht erlaubt, sie zu besu­chen, aber tele­fo­nie­ren war auch schwie­rig, weil nicht alle gut genug hören. Da wird einem erst rich­tig bewusst, wie viel Gemein­schaft wert ist. Zudem sind wir dank­bar, dass wir mit­ein­an­der beten und – da wir sozu­sa­gen ein Haus­stand sind und Abstand hal­ten – sogar sin­gen kön­nen, das gibt uns Kraft.“ Gera­de in spi­ri­tu­el­ler Hin­sicht hat Coro­na nicht nur Nach­tei­le mit sich gebracht: Dadurch, dass vie­le Außen­ter­mi­ne weg­fal­len, haben wir mehr Zeit für unser geist­li­ches Leben. Die Ruhe tut gut – und wir nut­zen sie nicht nur für uns, son­dern auch für ande­re. Gera­de wer­den z. B. noch viel mehr Gebets­an­lie­gen als sonst zu uns gebracht, und wir haben jetzt Zeit und Gele­gen­heit, uns ihnen inten­siv zu wid­men.“ Die neue Situa­ti­on hat dar­über hin­aus auch ande­re Frei­räu­me eröff­net bzw. Talen­te und Nei­gun­gen her­vor­tre­ten las­sen: Wir haben über­legt, was wir gemein­sam machen könn­ten. So ent­stand die Idee, eine Veeh-Har­fen-Grup­pe zu grün­den. Seit eini­ger Zeit musi­zie­ren wir gemein­sam – das macht uns Freu­de, und so hat Coro­na zumin­dest im klei­nen Rah­men doch auch Gutes mit sich gebracht.“

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Der Tag des geweih­ten Lebens“ ist tra­di­tio­nell auch der Tag, an dem um neue Beru­fun­gen gebe­tet wird – in Coro­na-Zei­ten ein schwie­ri­ges The­ma. Denn einer­seits ent­ste­hen Beru­fun­gen oft durch per­sön­li­chen Kon­takt, doch der fehlt. Ande­rer­seits, so berich­tet Sr. M. Gabrie­le, gibt es durch­aus Inter­es­se, doch die Mög­lich­kei­ten, ent­spre­chen­de spi­ri­tu­el­le Sehn­süch­te zu ver­tie­fen, sind beschränkt: Es gibt eine Frau, die seit Mona­ten mit uns in Kon­takt steht. Sie fühlt sich zu unse­rer Ordens­ge­mein­schaft hin­ge­zo­gen, doch selbst­ver­ständ­lich müss­te man sich, bevor wei­te­re Ent­schei­dun­gen getrof­fen wer­den, erst ken­nen­ler­nen. Es ist natür­lich, dass sie die Atmo­sphä­re vor Ort spü­ren, am Leben hier teil­ha­ben möch­te. Nicht umsonst heißt es: Komm und sieh‘. Doch wir neh­men im Moment kei­ne Tages­gäs­te auf, das ist erst spä­ter wie­der mög­lich. Wir wol­len nun viel­leicht eine Video­kon­fe­renz machen, aber auch das ersetzt die Begeg­nung nicht. Ande­re Gemein­schaf­ten ste­hen vor ähn­li­chen Fra­gen und wir arbei­ten dar­an, wie wir für Men­schen mit ernst­haf­tem Inter­es­se da sein und gleich­zei­tig unser Sicher­heits­kon­zept umset­zen kön­nen. Doch wir freu­en uns, dass es auch in die­ser Zeit Beru­fun­gen gibt und hof­fen, dass wir gute Wege fin­den, sie zu bestärken.“

Spä­tes­tens im Som­mer“, so hofft nicht nur Sr. M. Gabrie­le, wird ein Mit­ein­an­der wie­der mög­lich sein. Zwei Tage sind für uns ein beson­de­rer Licht­blick: Der AGOP-Ordens­tag am 4. Juni, bei dem ein Besuch in der Syn­ago­ge in Strau­bing geplant ist, und ein Stu­di­en­tag am 25.9. zum The­ma Anbe­tung mit Sr. Anne­lie­se Herzig.

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Barbara Osdarty

Redakteurin

Vorwort von Chefredakteur

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