Weltkirche

Er lebt weiter in den Herzen der Menschen

Redaktion am 28.04.2025

2025 04 27 pb alb aufmacher ausgabe 18 2025

Die Welt verneigt sich vor einem zutiefst menschlichen Papst. Auch der Autor des Editorials der aktuellen Ausgabe 18-2025. Ein Nachruf.

Als Papst Fran­zis­kus nach sei­ner Wahl auf den Bal­kon trat und der jubeln­den Men­schen­men­ge auf dem Peters­platz zuwink­te, war mein ers­ter Gedan­ke: Schon wie­der so ein alter Mann! Wo soll­te da der fri­sche Wind her­kom­men, den ich mir für mei­ne Kir­che ersehn­te? Doch der alte Mann, für den die Kar­di­nä­le bis ans Ende der Welt gegan­gen sind, um ihn zu holen“, wie er selbst auf dem Bal­kon des Apos­to­li­schen Palasts lächelnd anmerk­te, belehr­te mich schnell eines Bes­se­ren. Sein warm­her­zi­ges Buo­na Sera“ („Guten Abend“), mit dem er nach sei­ner Wahl die Tau­sen­de Pil­ger auf dem Peters­platz begrüß­te, war Pro­gramm: Da steht ein zutiefst boden­stän­di­ger, beschei­de­ner Mensch. Ein Pries­ter und Gelehr­ter, der als Jesu­it tief in die Welt der Phi­lo­so­phie, Theo­lo­gie, Lite­ra­tur und Psy­cho­lo­gie vor­ge­drun­gen und doch nie abge­ho­ben ist. Ein klu­ger Prag­ma­ti­ker, ein wei­ses Ober­haupt, ein muti­ger Entscheider.

Mit sei­nem ein­fa­chen Lebens­stil, sei­nem Ver­zicht auf jeden Prunk, sei­ner Suche nach der Nähe zu den Gläu­bi­gen und sei­ner Offen­heit erober­te er die Her­zen der Men­schen im Sturm. Sie spür­ten instink­tiv: Da ist einer, der sich nicht ver­stellt, der aus sei­nem Her­zen kei­ne Mör­der­gru­be macht, der auch selbst sei­ne inne­ren Kämp­fe aus­zu­fech­ten hat. Jor­ge Mario Berg­o­glio strahl­te eine unbän­di­ge Stär­ke aus, weil er sich zeit sei­nes Lebens bewei­sen muss­te, sonst wäre er in sei­nem Kampf für Gerech­tig­keit im zutiefst zer­rüt­te­ten und lan­ge von einer Mili­tär­jun­ta bru­tal unter­joch­ten Argen­ti­ni­en zer­malmt wor­den. Doch schon als ein­fa­cher Pries­ter und spä­ter auch als Bischof und Kar­di­nal schaff­te er die Grat­wan­de­rung, ohne die Armen und Ver­folg­ten jemals zu vergessen.

Papst Fran­zis­kus‘ Pon­ti­fi­kat war des­halb auch geprägt von sei­nem uner­müd­li­chen Ein­satz für sozia­le Gerech­tig­keit, dem inter­re­li­giö­sen Dia­log und Refor­men inner­halb der Kir­che. Dass ihn sei­ne ers­te Rei­se als Papst auf die Flücht­lings­in­sel Lam­pe­du­sa führ­te, war da nur fol­ge­rich­tig. Und vie­le wei­te­re Rufe­zei­chen folgten.

Zärt­lich­keit ist kei­ne Schwä­che. Sie ist viel­mehr die wah­re Kraft. Sie ist der Weg, den die stärks­ten und mutigs­ten Män­ner und Frau­en gegan­gen sind. Fol­gen auch wir ihm. Lasst uns mit Zärt­lich­keit und Mut kämp­fen. Folgt die­sem Weg. Kämpft mit Zärt­lich­keit und Mut… Ich bin nur ein ein­zi­ger Schritt.”

Papst Franziskus in seiner Autobiografie „Hoffe“

Ein Mei­len­stein in mehr­fa­cher Hin­sicht war die Umwelt-Enzy­kli­ka Lau­da­to si („Gelobt seist Du“, 2015): In ein­dring­li­chen Wor­ten und unter­mau­ert vom aktu­el­len Stand der Wis­sen­schaft war die Kern­aus­sa­ge ein­deu­tig: Der Kampf gegen welt­wei­te Armut und Umwelt­zer­stö­rung gehö­ren untrenn­bar zusam­men. Mit die­sem Schrei­ben lenk­te Fran­zis­kus die glo­ba­le Auf­merk­sam­keit auf die Ver­ant­wor­tung der Mensch­heit für das gemein­sa­me Haus. Es ist eine bit­te­re Iro­nie der Geschich­te, dass die Welt – vor allem durch die Wahl Prä­si­dent Trumps in den USA – in die­sem Anlie­gen um Jah­re zurück­ge­wor­fen wurde.

Viel beach­tet war auch sein jüngs­tes Lehr­schrei­ben Dil­e­xit nos“ („Er hat uns geliebt“, 2024), in dem Fran­zis­kus die Bedeu­tung der Lie­be und Barm­her­zig­keit als zen­tra­le Ele­men­te des christ­li­chen Lebens unter­füt­tert und ein Jahr der Hoff­nung und der spi­ri­tu­el­len Erneue­rung ein­läu­te­te. Einen unglaub­li­chen Kraft­akt schul­ter­te Fran­zis­kus in den ver­gan­ge­nen Jah­ren noch mit der Welt­syn­ode, die dazu die­nen soll­te, die Kir­che zukunfts­fä­hig zu machen.

Man könn­te noch so vie­les anfü­gen. Doch viel­leicht ist die größ­te Glanz­tat des Man­nes aus Latein­ame­ri­ka, dass er es geschafft hat, die katho­li­sche Kir­che zusam­men­zu­hal­ten – trotz der vie­len gegen­läu­fi­gen Strö­mun­gen und Kräf­te. Mit sei­nem Tod ver­liert die Welt einen Brü­cken­bau­er und lei­den­schaft­li­chen Kämp­fer für Wür­de und Mensch­lich­keit. Fran­zis­kus‘ Fähig­keit, auf Men­schen zuzu­ge­hen und authen­ti­sche Begeg­nun­gen zu schaf­fen, sei­ne Offen­heit, sein fro­hes Herz mach­ten ihn zu einem Papst des Vol­kes. Sei­ne Initia­ti­ven zur Reform der Kir­che und sein Ein­satz für den inter­re­li­giö­sen Dia­log hin­ter­las­sen ein blei­ben­des Ver­mächt­nis. In einer Zeit glo­ba­ler Her­aus­for­de­run­gen erin­ner­te er stets an die Kraft der Barm­her­zig­keit und die Bedeu­tung des gemein­sa­men Han­delns für das Wohl aller. Sein Tod hin­ter­lässt eine schmerz­li­che Lücke. Doch sein Geist, sein Lächeln, sei­ne strah­len­den Augen, sei­ne Kraft, sein aller­letz­tes Buo­na Pas­qua“ („Fro­he Ostern“) wer­den wei­ter­hin in den Her­zen der Men­schen welt­weit leben­dig sein. Die­ser alte Mann hat Geschich­te geschrie­ben. Eine zutiefst mensch­li­che, eine zutiefst christliche.

Wolfgang krinninger

Wolfgang Krinninger

Chefredakteur

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