Haben Sie auch wieder beim Erntedankgottesdienst Anfang des Monats die kunstvoll am Altar drapierten Früchte aus Feld, Wald und Garten bewundert? Wir danken Gott damit für alle guten Gaben – und dürfen uns hierzulande über eine reiche Auswahl davon freuen, über die wir jederzeit verfügen können.
Jederzeit? Der brutale Krieg Wladimir Putins gegen die Ukraine gefährdet auch bei uns scheinbar unverbrüchliche Sicherheiten. Mit der Blockade ukrainischer Häfen hat Russland Getreide zur Waffe gemacht, um Druck auf den Kriegsgegner und seine Verbündeten auszuüben. Wie unter einem Brennglas werden plötzlich Zusammenhänge sichtbar, über die wir uns in „normalen“ Zeiten keinerlei Gedanken machen. Das riesige Ägypten mit seiner Bevölkerung von über 100 Millionen Menschen zum Beispiel ist zu 80 Prozent von Weizenimporten aus Russland und der Ukraine abhängig.
Doch der Kriegstreiber aus dem Kreml zielt auch auf Europa, denn die Ukraine produziert große Mengen an Soja, das wiederum für die Fleischproduktion in der EU benötigt wird: als Futter in der Tiermast. Auch indirekt trifft Putin uns, indem er die Energiekosten massiv in die Höhe treibt. Zahlreiche Handwerksbetriebe stehen vor dem Ruin, gerade auch Bäckereien, die für unser täglich Brot sorgen. Der Marktanteil von Industriebäckereien mit längerem Atem dürfte weiter steigen, Vielfalt und Qualität von Backwaren dagegen sinken.
Unsere aktuelle Ausgabe berichtet auf mehreren Seiten von Tradition und Wert des Brotes, von Nahrungsmittelkrisen – aber auch davon, was wir alle tun können. Weniger Lebensmittel verschwenden beispieslweise wäre ein guter Anfang (siehe Seite 31).
Die Freude am Erntedankfest müssen wir uns trotzdem nicht nehmen lassen. Denn Gottes Schöpfung bedeutet mehr als irdische Gaben. Wenn die Saat des Glaubens aufgeht, reifen wir zu neuen Menschen heran. Und das „Brot des Lebens“ ist immer bei uns, es begegnet uns stets neu in der Eucharistie. ER ist bei uns, auch in diesen verunsichernden Zeiten.
„Herr, du bist die Hoffnung, wo Leben verdorrt, auf steinigem Grund wachse in mir, sei keimender Same, sei sicherer Ort, treib Knospen und blühe in mir. Und ein neuer Morgen bricht auf dieser Erde an in einem neuen Tag, blühe in mir. Halte mich geborgen fest in deiner starken Hand und segne mich. Segne mich und deine Erde.”
Wolfgang Terhörst
Redaktionsleiter