
2024 wurde die Geburtsstunde des Studiengangs Caritas-Wissenschaften an der Universität Passau vor 25 Jahren gefeiert. Der Verein der Freunde und Förderer des Masterstudiums Caritas-Wissenschaft an der Universität Passau feiert dieses Jahr Jubiläum. Im Interview zieht Studiengangsleiter Prof. Dr. Bernhard Bleyer Bilanz.
Herr Professor Bleyer, seit der Einführung dieses Studiengangs 1997/98 haben ihn 500 Damen und Herren absolviert – alleine letztes Jahr 22. Wie fällt Ihre persönliche Bilanz aus?
Bleyer: Der Masterstudiengang Caritas-Wissenschaft und werteorientiertes Management an der Uni Passau ist für das Department für Katholische Theologie eine fast unvergleichbare Erfolgsgeschichte. Bei der Gründung damals vor über 25 Jahren war noch gar nicht absehbar, wie sich so ein neues Feld für Passau entwickelt. Und wenn wir jetzt Bilanz ziehen, so dürfen wir feststellen, dass die Erwartungen weit übertroffen worden sind. Insgesamt haben wir auch in diesem Jahr 24 Erstsemester – und das in einer Zeit, in der sich an den Universitäten und Hochschulen sehr viel verändert hat. Wir haben auch in Ostbayern sehr starke Hochschulen für angewandte Wissenschaften, die sehr viele neue Studiengänge anbieten, vor allem auch im Weiterbildungssegment. Da können wir stolz sein, dass wir in Passau durchaus konkurrieren können mit dem Master Caritas-Wissenschaft und werteorientiertes Management.
Verraten Sie uns das Erfolgsrezept?
Bleyer: Es hat sich total bewährt, dass wir hier einen Studiengang haben, der von Anfang an berufsbegleitend konzipiert war. Das ist das eine. Es studieren Personen, die in der breiten Mitte des Lebens stehen, die Berufserfahrung, zum Teil auch schon Leitungserfahrung haben. Der zweite Aspekt ist, dass es uns gelungen ist, diesen Studiengang auch weiterhin frei von Studiengebühren zu halten. Wir beobachten natürlich in der Umgebung auch, dass sehr viele Studiengänge kostenpflichtig geworden sind, vor allem im Weiterbildungsbereich. Wir haben diese Variante natürlich auch diskutiert, wir würden dadurch einiges an Geld verdienen, aber bei uns war schnell der Konsens: Zu Caritas-Wissenschaft passt das nicht, denn Caritas-Wissenschaft soll jede und jeder studieren können, unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten. Und diese Entwicklung mit diesen beiden Komponenten, die tut uns am Department für Katholische Theologie richtig gut.
Was steckt denn jetzt da drin in dieser Ausbildung? Welche Chancen eröffnet mir denn dieser Studiengang?
Bleyer: Der Studiengang hat mehrere Phasen hinter sich, in denen er sich weiterentwickelt hat. Die letzte Phase haben wir im letzten Jahr begonnen und jetzt abgeschlossen. Wir haben viele Gespräche mit Verantwortlichen in den großen Verbänden der Wohlfahrtspflege geführt. Die haben uns vermittelt, was sie bräuchten: verschiedenste Kompetenzen von Grundkenntnissen in der Organisationsentwicklung, von Grundkenntnissen in der Gesprächsführung, von Kenntnissen im Gesellschafts- und Sozialrecht bis hin zu der Lösung von ethischen Fragestellungen. Aus diesen Inputs, die aus der Praxis kamen, ist ein neues Studiengangsmodell konzipiert worden, das bis heute den Master Caritas-Wissenschaft und werteorientiertes Management kennzeichnet. Es studieren sehr viele, die diesen Schritt weitergehen wollen in Führungsbereiche. Meistens im weiten Feld der Gesundheit und des Sozialwesens.
Im Zusatz heißt es ja werteorientiertes Management. Was heißt das genau?
Bleyer: Diese Erweiterung des Studiengangs wurde nach dieser Umstellung zum Master vollzogen. Der Hintergedanke war, dass man den Studiengang öffnen wollte auch für diejenigen, deren primäres Feld vielleicht nicht die Caritas oder Wohlfahrtspflege ist. Für Leute, die sich auch in anderen Bereichen des Unternehmertums, bei Mittelständlern, aber auch in der Verwaltung auseinandersetzen, welche wertebasierten Entscheidungen im unternehmerischen Alltag denn zu treffen sind und wie die getroffen werden können. Das hat damals dazu geführt, dass man Module entwickelt hat, die sich mit Unternehmensethik, mit Nachhaltigkeitsmanagement, mit Wirtschaftsethik beschäftigen. Und diesen Bereich haben wir jetzt im neuen Konzept, was ab Wintersemester 2025/26 beginnt, noch einmal erweitert.
Der Studiengang hat ja auch ein gewisses Alleinstellungsmerkmal. In Bayern gibt es ihn nur in Passau.
Bleyer: Diesen Studiengang gibt es tatsächlich nur in Passau. Das ist für manche überraschend, weil ja, wenn wir uns die Zahlen anschauen, die Caritas der größte Arbeitgeber nach dem öffentlichen Dienst in Deutschland ist. Wenn wir die Zahlen von Caritas und Diakonie zusammennehmen, dann haben wir derzeit wahrscheinlich in den beiden konfessionellen großen Trägern im Gesundheits- und Sozialwesen 1,4 Millionen Menschen. Deswegen ist es schon auf den ersten Blick überraschend, dass es nur zwei Studiengänge in Deutschland gibt, die den Titel Caritas-Wissenschaft haben. Das hat verschiedenste Gründe, weil an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften sicherlich sehr ähnliche Studiengänge existieren, aber unter einem anderen Namen.
Der Verein der Freunde und Förderer wird dieses Jahr 25. Wie wurde denn dieser Verein damals gegründet?
Bleyer: Es ist ein Glücksfall für uns, dass sehr früh nach Gründung des ersten Diplomaufbaustudiengangs bereits Überlegungen entstanden sind, dass diejenigen, die diesen Studiengang absolviert haben, nicht einfach in die Welt hinausgehen und keinen Kontakt mehr untereinander und mit den Dozierenden haben, sondern dass ein Förderverein es ermöglicht, auch die Lebenswege und die Berufswege nochmal miteinander ins Gespräch zu bringen, auch wenn schon viele Jahre zwischen Abschluss und jetziger Lebenssituation liegen. Diese Gründung des Fördervereins ist deswegen so bemerkenswert, weil es nur wenigen Studiengängen gelingt, über einen so langen Zeitraum im Gespräch und in Kontakt mit den Absolventinnen und Absolventen zu bleiben.
Der Verein hat ja zwei Ziele. Zum einen die Förderung des Kontakts und des Austauschs von Erfahrungen zwischen Studierenden und Absolventen und zum Zweiten die Unterstützung bei wissenschaftlichen Veranstaltungen.
Bleyer: Ganz wichtig ist der Förderverein für uns, weil wir Studierende haben, die aus völlig anderen Bundesländern kommen. Und wenn man hier in Passau ankommt an einem nebligen Novembertag, dann tut es sehr, sehr gut, wenn es Veranstaltungen gibt außerhalb des Hörsaals und auch außerhalb von digitalen Angeboten, wo man einmal unverzweckt miteinander ins Gespräch kommen kann. Und da leistet der Förderverein unschätzbar wertvolle Arbeit eben in diesem sozialen, kulturellen Zusatzangebot.
Es gibt jetzt zum Jubiläum auch eine neue Webseite des Förderkreises.
Bleyer: Ja, der Förderverein ist sehr, sehr aktiv. Auch dank des Vorstandes, der sehr dahinter ist, dass es jedes Semester gute Angebote gibt, dass auch der Informationsfluss klappt. Uns freut besonders, dass dieser Festakt auch dazu dient, die neue Homepage und die neuen Angebote vorzustellen und einen Blick in die Zukunft zu wagen.
Interview: Thomas König