Es war wohl das Abenteuer ihres Lebens: Im Sommer 2004 brach die Familie Häring aus dem Bistum Passau in die entlegenen ostanatolischen Regionen der Türkei auf – kurz zuvor noch militärisches Sperrgebiet. Der Zeitpunkt war gut gewählt. Denn die Hoffnung, dass sich die Region dauerhaft stabilisieren und öffnen würde, bewahrheitete sich nicht. Die ethnischen und politischen Auseinandersetzungen sowie die Unsicherheiten aufgrund der Grenzverhältnisse zu den Nachbarstaaten (Syrien, Irak) haben sich seither weiter verschärft. Seit kurzem gibt es dieses Abenteuer auch in Buchform: In „Glaube, Staub und tausend Meilen“ beschreiben Günther Häring und seine Tochter Dr. Angela Häring, was sie in diesen vier Wochen an der irakisch-syrischen Grenze erlebt haben. „Wir haben uns entschlossen, dieses Buch zu schreiben, um das Gebiet des Tur Abdin und die Leute, welche ihn besiedeln bzw. besiedelt haben, dem Vergessen zu entreißen“, erklärt Angela Häring.
Darauf geht auch Dompropst Dr. Michael Bär in seinem Vorwort ein: Das Buch werde das Augenmerk der Leserinnen und Leser auf die Früchte der christlichen Kultur im Zweistromland zwischen Tigris und Euphrat (Mesopotamien) lenken. „Wir sind den Autoren zu großem Dank verpflichtet, weil sie mit diesem Buch ein Werk des Friedens geschaffen haben, zwischen den Völkern, zwischen den Religionen und Konfessionen, gerade in einem Gebiet, das unter Krieg und Vertreibung seit Jahrtausenden leidet“, so der Dompropst.
Als historisch-archäologisches Werk mit theologischem Inhalt bewertet Erzbischof Julius Dr. Hanna Aydin vom Patriarchat für Antiochien „Glaube, Staub und tausend Meilen“. Er habe das Buch „mit großer Freude gelesen“.
Der Schwerpunkt der Reise lag auf einem Besuch der uralten Siedlungsgebiete und deren immer noch beeindruckenden Bauwerke. Dieses Gebiet individuell zu bereisen war keinesfalls alltäglich. Noch in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gehörte es zu einem für Ausländer völlig gesperrten Militärgebiet. In den 90er Jahren war es Schauplatz der Auseinandersetzungen der PKK Öcalans mit dem türkischen Staat. Pauschalreisen in so eine Gegend gab und gibt es also nicht. Da war es gut, dass die Familie Häring wenigstens die Sprachbarriere nicht zu fürchten hatte.
Günther Häring hatte genügend Türkisch gelernt, um den Sprung in dieses Abenteuer zu wagen. Der Kirchenmusiker und ehemalige Realschulkonrektor (79) hat all die Erlebnisse gemeinsam mit Tochter Dr. Angela Häring in Buchform gebracht. Die 36-Jährige Volljuristin ist Richterin am Amtsgericht Passau, hat aber auch in Philosophie promoviert und einen Masterabschluss in Geschichte erworben.
Wenn Angela Häring heute auf dieses Abenteuer zurückschaut, kann sie keine einzelne Episode hervorheben. „Es ging alles auf der Reise Schlag auf Schlag: Kulturelle Höhepunkte, bereichernde, menschliche Begegnungen und auch heiter-skurrile Begebenheiten folgten unmittelbar aufeinander“, erklärt sie auf die Frage nach dem spannendsten Erlebnis. Und was war der gefährlichste Moment? „Das war sicherlich unser beider Aussicht auf eine eigene, orientalische Blitz-Hochzeit in der Grenzstadt Cizre – um ein Haar hätte es Familienzuwachs um eine Zweitfrau und einen orientalischen Ehemann bzw. Schwiegersohn gegeben“, sagt sie mit einem Augenzwinkern. Ebenfalls tief in der Erinnerung verankert ist die große Gastfreundschaft. „Es bleiben unauslöschliche Eindrücke und Erlebnisse im Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung – seien es nun Christen oder Moslems, Kurden, Syrer oder Türken, welche uns mit herzlicher Gastfreundschaft empfangen haben und stets dafür gesorgt haben, dass wir uns bei ihnen als unseren Gastgebern absolut sicher fühlen durften“, zieht Angela Häring Bilanz. Auf eine noch kürzere Formel bringen es die beiden Autoren auf Seite 15 des Buches: „Es war einfach atemberaubend schön!“
Und nachdem einige der bereisten Orte im vorliegenden Band noch gar nicht benannt wurden, ist eine Fortsetzung nicht ausgeschlossen.
Wolfgang Krinninger
Chefredakteur