Manchmal genügt ein kleiner Impuls, um etwas in Bewegung zu setzen. Das ist in der Physik nicht anders als in der Kirche. Dr. Johanna Skiba setzte so einen Impuls bei der Vollversammlung des Diözesanrats der Katholiken im Bistum Passau.
Sie ließ in kurzen Dialogen drei Heilige zu Wort kommen: Paulus, Teresa von Ávila und Johannes XXIII. Paulus, fast naiv angesichts der Todesgefahr, die den Christen damals drohte: „Wir brachen Brot miteinander und tranken Wein, wie Jesus es uns zum Gedächtnis geraten hatte, und wir kümmerten uns umeinander und um alle, die in Not waren.“ Die Kirchenlehrerin Teresa von Ávila erzählte von ihrer Gebetserfahrung und wie sie es schaffte, den Menschen beizubringen, dass Gott für jeden, auch ohne Vermittlung durch Priester, erreichbar ist. Und ein fassungsloser Johannes XXIII., der schier verzweifelt, weil die Christen auch 60 Jahre nach dem Konzil noch nicht zusammen Gottesdienst feiern und die Unterschiede zwischen Priestern und Laien noch eine Rolle spielen: „Gern schaue ich nicht auf die Erde.“
Natürlich waren den Heiligen die Worte in den Mund gelegt worden. Aber das Gedankenspiel ist interessant: Wie würden Menschen aus der Vergangenheit die Welt heute beurteilen – oder in dem Fall die verfahrene Situation in unserer Kirche. In Kleingruppen ging die Diskussion über das Gehörte weiter. Zentrale Frage: Was brauche ich als Wichtigstes für mich selber von der Kirche? „Einen Seelsorger, bei dem man spürt, der mag mich.“ „Seelsorge, die nah am Menschen ist.“ „Die Erreichbarkeit ist wichtig.“ „Ein Seelsorger muss offen sein für die Welt, die vor ihm liegt.“ In den Antworten war die Sehnsucht nach einer menschennahen, qualitätsvollen und nachgehenden Seelsorge deutlich herauszuhören.
„Ich hoffe auf einen Weg, der Reformen ermöglicht und die Identität und das Wertvolle fortführt.”
Der Kabarettist, Entertainer und Katholik Harald Schmidt hat einmal im Interview gesagt: „Die Leute, die noch in die Kirche gehen, lesen nicht seitenlange Abhandlungen, sondern für sie ist das eine emotionale Sache.“ Das gilt offensichtlich auch für Diözesanräte, die es durchaus gewohnt sind, mit langen Texten zu arbeiten und um die richtigen Formulierungen zu streiten.
Deutlich wurde dies auch bei der Verabschiedung einiger Mitglieder dieses Gremiums. Die meisten hatten sich über viele, viele Jahre engagiert. Das war oft nicht vergnügungssteuerpflichtig angesichts einer Kirche, die sich kaum weiterbewegt. Und doch schwärmten die Verabschiedeten – von den tollen Leuten, die sie trafen, von der Vielfalt, von der Kraft, die sie spürten, von der Heimat, die sie in ihrer Pfarrei fanden.
Und dann gibt‘s ja auch noch die „Neuen“ im höchsten Laiengremium des Bistums, darunter ein paar junge Frauen und Männer, die mitten im Leben stehen. Sie sind es, die künftig Impulse setzen werden und die Hoffnung nähren, dass die Kirche aus dem Jammertal wieder herauskommen wird. Eine mögliche Grundrichtung hat Generalvikar Josef Ederer in seiner Predigt skizziert: „Ich hoffe auf einen Weg, der Reformen ermöglicht und die Identität und das Wertvolle fortführt.“
Das würden die Heiligen Paulus, Teresa von Ávila und Johannes XXIII. wohl auch so sehen.
Wolfgang Krinninger
Chefredakteur