
Willkommen Papst Leo! Robert Prevost hat schnell die Herzen der Menschen gewonnen. Im Editorial der aktuellen Ausgabe 20-2025 kommentiert unser Autor die Wahl des neuen Papstes.
Plötzlich ist die Kirche wieder voll da. Mitten im Leben. In aller Munde. Kein Wunder: Die Wahl eines neuen Papstes ist von Geheimnissen umwittert. Das Zeremoniell ist farbig, prächtig, in Teilen archaisch. Das wirkt. Gerade in einer Zeit, in der Deals und Geschäfte das Leben vermessen. In der beinahe alles berechenbar, zählbar, käuflich erscheint. Deshalb lieben auch Menschen das Konklave, die sonst mit dem Wirken des Heiligen Geistes nicht so viel am Hut haben. Und der Sog wurde noch stärker, nachdem der weiße Rauch aus dem Schornstein gestiegen war. Millionen Menschen spürten eine Gänsehaut, als sich der Vorhang an der Mittelloggia des Petersdoms öffnete. Nach einer kurzen Ankündigung betrat ein leise lächelnder, sichtlich bewegter Robert Francis Prevost als neuer Papst Leo XIV. den Balkon.
Ich habe mich gefreut. Denn dieser Mann strahlte vom ersten Moment an eine ruhige Herzlichkeit und kraftvolle Souveränität aus. Mein erster Gedanke: Da steht ein aufrechter Mensch, der sich der gewaltigen Last auf seinen Schultern bewusst ist, aber davon nicht in die Knie geht. Beeindruckend auch seine ersten Sätze als Papst: Ohne den 8. Mai als Gedenktag des Kriegsendes vor 80 Jahren in den Mund zu nehmen, machte er das Wort „Frieden“ zum wesentlichen Bestandteil seiner Rede. „Der Friede sei mit euch allen. Dies ist der Friede des auferstandenen Christus.“
„Der Friede sei mit euch allen! Dies ist der erste Gruß des auferstandenen Christus, des guten Hirten, der sein Leben für die Herde Gottes gegeben hat. Auch ich möchte, dass dieser Friedensgruß in eure Herzen eindringt, eure Familien erreicht, alle Menschen, wo auch immer sie seien, an alle Völker, die ganze Erde. Der Friede sei mit euch!”
Natürlich kann niemand wissen, ob Robert Francis Prevost Papst kann. Dieses Amt ist von seiner Herausforderung und Aufgabenfülle her eigentlich unmenschlich. Doch der 69-jährige Amerikaner bringt vieles mit, das einen hoffen lässt. Als Ordensmann kennt und schätzt er das Leben in Gemeinschaft, das Miteinander-unterwegs-Sein im Glauben. Als Welt-Chef der Augustiner hat er gelernt, zu führen und zu leiten. Als offener, tatkräftiger, intelligenter Geistlicher, der mehrere Sprachen spricht, kennt er das Leben in unterschiedlichsten Schattierungen. Als nachdenklicher, bescheidener Bischof und schließlich Kardinal hatte er das uneingeschränkte Vertrauen von Papst Franziskus – und im Konklave offensichtlich schnell die Mehrheit der Kardinäle hinter sich. Ja, nach so vielen Hiobsbotschaften in den vergangenen Monaten ist Papst Leo XIV. endlich wieder ein Zeichen der Hoffnung. Ein Ausrufezeichen!
Doch der 267. Nachfolger auf dem Stuhl Petri wird vom ersten Segensspruch an überfrachtet mit Forderungen, bedrängt von allen Seiten, beäugt bei jeder Geste. Jedes Kleidungsstück wird durchleuchtet, ob es nun für traditionell oder progressiv steht und was das wiederum über die Pläne von Leo XIV. verrät. Ob das im Sinne Jesu ist?
Ich denke, von uns Christen sind jetzt Geduld, Nachsicht, Vertrauen und Demut gefragt. Lassen wir dem neuen Papst Zeit, sich zu entwickeln, sich einzugewöhnen, sich zu entfalten. Beten wir für ihn. Zeigen wir auch damit, dass die Kirche wieder voll da ist.

Wolfgang Krinninger
Chefredakteur