Warum kommen die Menschen, teils im gesetzten Alter und mit Beschwerden beim Gehen, in den Böhmerwald? Warum beten sie und singen sie Lieder von Maria und dem Geheimnis der Eucharistie? Eigentlich ist es klar: Die Tussetkapelle ist der Schutzfrau des Böhmerwaldes geweiht. Maria wurde von ihrem Sohn unmittelbar mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen. „Denn ihr Leib, der den Urheber des Lebens geboren hat, sollte die Verwesung nicht schauen!“ So heißt es in der Präfation des Festtages Mariä Himmelfahrt. So war der Einstieg in die Predigt, die Diakon Dieter Stuka in Deutsch und Pfarrer Karel Falár aus Wallern gemeinsam hielten. Warum soll dieser Gott, wenn er es will, nicht auch Ausnahmen vom Naturgesetz machen können?
So eine Wallfahrt ist eine Möglichkeit, sich das Gemeinsame nicht nur gedanklich und intellektuell bewusst zu machen, sondern es konkret zu erfahren. „Wir glauben das, weil wir glauben, dass Jesus Christus von den Toten auferstanden ist, und zwar, um den Tod ein für alle Mal zu besiegen, um uns allen die Tür zum Leben aufzumachen. Das ist der Kern unseres Glaubens. Und wenn ich das glaube, ist das, was an Maria passiert ist, doch gar nichts Besonderes“, so die Prediger. Deshalb sei Mariä Himmelfahrt mit all dem Brauchtum, das sich in der Volksfrömmigkeit über die Jahrhunderte entwickelt hat und auch mit all den Legenden und Geschichtchen, ein so wunderschönes Fest. Die duftenden Kräutersträuße, die auf die Heilkraft der Natur hinweisen, machten deutlich: Gott will unser Heil für Leib und Seele. Die Legende vom wunderbaren Duft und den blühenden Blumen im leeren Grab sei ein sprechendes Bild: Genau das blüht auch dir, lieber Christ, der du an den auferstandenen Herrn glaubst: Auferstehung und Leben!
Wallfahrer aus mehreren Nationen und ehemalige Böhmerwäldler beteten und sangen deutsche und tschechische Kirchenlieder. Es wurden wieder Spenden zur Erhaltung der Tusset-Kapelle an die Bürgermeisterin von Tusset, Helga Finikova, überreicht. Mitgefeiert haben auch der 1. Bürgermeister von Philippsreut, Helmut Knaus, sowie der frühere Kulturminister der Tschechischen Republik, Daniel Hermann, dessen Vorfahren aus dem Böhmerwald stammen. Nach dem Schlusssegen und dem Böhmerwaldlied, das Sieglinde Kralik aus Lenora anstimmte, stiegen die Wallfahrer wieder den steilen Weg hinab und verabschiedeten sich.
Text: red