Soziales

Die gute Nachricht

Wolfgang Krinninger am 04.02.2021

Neuschnee Krinninger 06
Alarmstufe rot bei 15 Zentimeter Neuschnee? Die Fahrer der Räumfahrzeuge im Bayerischen Wald können da nur milde lächeln.

Nachricht 1 kommt von meinem Wetterdienst direkt auf mein Handy: „Akutwarnung: Sehr ergiebiger Neuschnee, Warnstufe ROT!“
Nachricht 2 schickt die Katholische Nachrichtenagentur auf meinen Computer: Jose Martin Chavez Enriquez aus Mexiko hat 16 Familienmitglieder und damit einen Großteil seiner Familie durch die Corona-Pandemie verloren. „Sie wurden krank und starben“, wird er zitiert.

Sie haben recht: Außer dass mich bei­de Mel­dun­gen am glei­chen Tag erreich­ten, hat die eine eigent­lich nichts mit der ande­ren zu tun. Was mich fas­sungs­los macht, ist die­ser unglaub­li­che Gegen­satz: In mei­ner Welt kommt eine Alarm­mel­dung mit rotem Rah­men, weil es viel­leicht 15 Zen­ti­me­ter Neu­schnee gibt; mit Hin­wei­sen auf mög­li­che Aus­wir­kun­gen und emp­foh­le­ne Schutz­maß­nah­men. In der fer­nen, sehr viel ärme­ren Welt muss ein Mensch hilf­los zuse­hen, wie sei­ne Fami­lie weg­stirbt. Und als ob das nicht schon viel zu viel für ein Leben wär‘, ist der Mann auch noch finan­zi­ell rui­niert, weil er sogar für den Sau­er­stoff zur Beatmung selbst auf­kom­men musste. 

Mir geht die­se Dis­kre­panz nicht mehr aus dem Kopf. Geht es uns zu gut? Machen wir des­halb aus jeder Mücke einen Ele­fan­ten, bla­sen wir jede Her­aus­for­de­rung zur Kata­stro­phe auf, damit wir nicht mer­ken, wie wir im Hams­ter­rad des All­tags ver­öden? Am Ende muss das jeder selbst für sich beant­wor­ten. Ich fürch­te nur, dass uns mit der künst­li­chen Dau­er­es­ka­la­ti­on der Sinn für das wah­re Leben immer mehr ver­lo­ren geht. Auch ganz ohne Coro­na – ob Bil­dung, Wirt­schaft, Poli­tik oder auch Kir­che –, es kri­selt und krampft angeb­lich über­all in unse­rem rei­chen Land. Und man­chen Poli­ti­kern und Medi­en­leu­ten kön­nen die Buch­sta­ben nicht groß genug sein, um das Feu­er der Empö­rung zu speisen. 

Kein Zwei­fel: Kon­struk­ti­ve Kri­tik ist wich­tig, um vor­wärts zu kom­men. Aber oft schimp­fen und wüten wir halt doch noch aus einer recht war­men, gut abge­si­cher­ten Stu­be her­aus. Die Leid­tra­gen­den der stän­di­gen Panik­ma­che sind die, denen es wirk­lich schlecht geht, die um ihre Exis­tenz ban­gen, die sich an jeden Stroh­halm klam­mern, weil sie durchs Ras­ter gefal­len sind. Wir hören sie nicht mehr im Rau­nen der Dau­er­em­pö­rung, wir füh­len nicht mehr mit, weil wir abge­stumpft sind in der Dau­er­schlei­fe der Belang­lo­sig­keit und der gespiel­ten Depres­si­on. Wie viel wäre gewon­nen, wenn wir auf­hö­ren wür­den zu jam­mern und statt­des­sen anfan­gen wür­den, Din­ge anders und bes­ser zu machen? Jeder von uns hat die Wahl.

Und damit kom­me ich zur bes­ten Nach­richt: Als Chris­ten haben wir die­se Wahl schon getrof­fen. Wir sind Men­schen der Hoff­nung. Jeden Tag aufs Neue. Auch bei mehr als 15 Zen­ti­me­tern Neuschnee.

Wolfgang krinninger

Wolfgang Krinninger

Chefredakteur

Perspektive Krinninger 06 Wolfgang Krinninger
Alles eine Frage der Perspektive

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