Soziales

Verordnete Fastenzeit

Wolfgang Krinninger am 23.03.2020

S09 Dom PB

Ein Land fährt sich runter.

Absa­gen im Minu­ten­takt. Erst Groß­ereig­nis­se wie Fuß­ball­spie­le und Mes­sen. Dann Kon­zer­te, Lesun­gen, Semi­na­re. Und schließ­lich auch die Schu­len. Alles dicht, alles abge­sagt. Deutsch­land ent­schleu­nigt sich und bleibt zu Hau­se. So viel Fas­ten­zeit war schon lan­ge nicht mehr. 

Das Coro­na-Virus soll kei­ne freie Bahn haben. Ein­zi­ges Mit­tel, es ein wenig zu brem­sen: Ver­zicht. Und genau dazu ruft Gesund­heits­mi­nis­ter Jens Spahn die Bür­ger auf. Auf allen Ebe­nen, in allen Lebens­be­rei­chen. Und das Erstaun­li­che dabei: Es funk­tio­niert. Wäh­rend bei­spiels­wei­se im Zei­chen der Kli­ma­kri­se wohl­mei­nen­de Appel­le, auf Inland­flü­ge und Kreuz­fahr­ten zu ver­zich­ten, meist unge­hört ver­puf­fen, machen die Bür­ger dies­mal mit. Ein­fach aus Sor­ge. Das Virus bringt in unse­re so per­fekt durch­ge­tak­te­te und ablauf­o­pi­ti­mier­te Welt gewal­ti­ge Unsi­cher­heit: Kei­ner weiß wirk­lich, wie vie­le Men­schen sich letzt­lich infi­zie­ren, wie vie­le Men­schen dar­an ster­ben wer­den. Unser Gesund­heits­sys­tem, unse­re Wirt­schaft, letz­lich unse­re gan­ze Gesell­schaft befin­den sich in einem Stress­test. Aus­gang offen. Das beun­ru­higt viele. 

Respekt vor der Grö­ße des Unwäg­ba­ren ist auch ange­bracht. Wäh­rend Angst und Panik dazu ver­lei­ten, Geschäf­te leer zu kau­fen, trägt Respekt dazu bei, das Rich­ti­ge zu tun. Dazu gehört vor allem der acht­sa­me Umgang mit­ein­an­der – uns selbst zu schüt­zen, um ande­re nicht zu gefähr­den. Dazu zählt aber auch, eben nicht zu schimp­fen und zu lamen­tie­ren, son­dern uns Mühe zu geben, um aus der Situa­ti­on das Bes­te zu machen. Wenn wir in die­sen Wochen – trotz räum­li­cher Tren­nung – zusam­men­hal­ten, kann dar­aus gro­ße Soli­da­ri­tät entstehen. 

Die Gesell­schaft kann an der Coro­na-Kri­se wach­sen, wenn der mora­li­sche Kom­pass dar­auf aus­ge­rich­tet ist, Schwa­che sowie Hel­fen­de in beson­de­rer Wei­se zu schüt­zen, erklärt auch die Sozi­al­psy­cho­lo­gin Dr. Eli­sa­beth Kals von der Katho­li­schen Uni Eich­stätt. Wich­tig sei es des­halb, die posi­ti­ven Bei­spie­le des Zusam­men­halts stär­ker publik zu machen, damit sie zur Nach­ah­mung führen. 

Und auch die Bibel lie­fert in Zei­ten wie die­sen gute Hand­lungs­an­wei­sun­gen. Den­ken wir nur dar­an, wie Timo­theus in einer schwie­ri­gen Situa­ti­on an sei­ne Talen­te und Gaben erin­nert wird: Denn Gott hat uns nicht einen Geist der Ver­zagt­heit gege­ben, son­dern den Geist der Kraft, der Lie­be und der Beson­nen­heit.“ (2 Timo­theus 1,7)

Schön wär‘s, wenn das Virus ähn­lich begrenzt wäre wie die christ­li­che Fas­ten­zeit. Dann wäre an Ostern der Spuk vor­bei. Aber ich fürch­te, das bleibt ein from­mer Wunsch.

Wolfgang krinninger

Wolfgang Krinninger

Chefredakteur

Weitere Nachrichten

2025 03 17 pb alb wanderausstellung namen statt nummern
17.03.2025

„Ich habe dich bei deinem Namen gerufen …“

Die internationale Wanderausstellung „Namen statt Nummern“ zeigt in Altötting und Eggenfelden eine Auswahl…

2025 03 17 pb alb wasser1
Das glauben wir
17.03.2025

„Alles fließt …“

Gedanken zum Tag des Wassers am 22. März

2025 03 16 pb alb fuehrung starke frauen1
Kirche vor Ort
17.03.2025

„Aber nicht, weil wir Frauen sind…“

Eine neue Stadtführung begleitet durch das Leben ungewöhnlicher Frauen in Altötting.

2025 03 17 pb alb kdfb passau delegierte
Bistum
17.03.2025

Finger in die Wunde gelegt

Gleichberechtigung von Männern und Frauen ist seit langem im Grundgesetz verankert. Doch die Realität zeigt:…