„Deutschland und die USA – wir leben in ähnlichen Gesellschaften und doch sind die Ausdrucksformen des Glaubens sehr unterschiedlich – und deshalb so bereichernd“, so fasste Bischof Dr. Stefan Oster SDB die vielfältigen Erfahrungen seiner USA-Reise zusammen. Gerade in der religiösen Praxis falle auf, dass „es den Menschen hier viel leichter fällt, persönlich über ihren Glauben zu sprechen. Eine persönliche Gottesbeziehung ist sowohl Basis wie auch Ziel von vielen in ihrem gläubigen Leben.“
Der Passauer Bischof reiste zusammen mit einer kleinen Delegation im Auftrag der Jugendkommission der Deutschen Bischofskonferenz in die Vereinigten Staaten von Amerika. Eine Woche – gefüllt mit vielen Treffen, Gesprächen, gegenseitigem Austausch und einer internationalen Konferenz zur Theologie Joseph Ratzingers.
„Wir wurden unendlich offen empfangen und aufgenommen. Die Menschen, die uns begeistert von ihren Glaubensprojekten berichteten, haben uns ihr Herz geöffnet, um uns ganz nah zu zeigen, was sie für Gott und für die Menschen tun und auch wie sie es tun. Das war sehr inspirierend, zum Beispiel gerade in Fragen der Berufungspastoral, wie geht es, jungen Menschen in ihren Berufungen zu helfen“, so Bischof Stefan Oster. Der erste Teil der Reise führte in die Hauptstadt, Washington D.C. Dort fanden Treffen mit verschiedenen Vertretern der USCCB (US-Bischofskonferenz) statt. Dort laufen sehr „interessante Programme und Angebote für Jugendliche und junge Erwachsene, um den Glauben kennenzulernen, zu vertiefen und zu leben“, so Kaplan Hubertus Kerscher, der auch für das Bistum die Reise begleitet hat. Auch für den zukünftigen Jugendpfarrer war „vieles inspirierend. Manches, was wir gesehen und gehört haben, kann motivieren, vielleicht auch hier neue Räume zu eröffnen, zum Beispiel wie wir überhaupt und noch besser auf die Gruppe der young adults – also der 18- bis 35-Jährigen – zugehen könnten“, so Kerscher. „Bevor es allerdings soweit ist, braucht es zunächst viel Reflexion. Es geht jetzt erst einmal nicht um blinde Übernahme, sondern um den Input durch reflektierten Vergleich und das, was davon vielleicht auch in unserem Bistum fruchtbar sein könnte.“
Die Freude am Glauben, das selbstbewusste und selbstverständliche Auftreten in Öffentlichkeit und Gesellschaft als Christin oder Christ – das habe die gesamte Delegation tief beeindruckt. Auch Dr. Ralph Poirel von der Deutschen Bischofskonferenz. „Diese große Lebendigkeit war sowohl bei unseren Begegnungen in Washington, aber auch in Steubenville spürbar“, so Poirel. Das ganze gepaart mit dem „starken Willen, den Glauben zu leben und diese Freude und Kraft daraus auch weiterzugeben.“ Es sei bereichernd zu erleben, mit welcher Unbefangenheit hier oftmals über den Glauben gesprochen wird. Was kann man mitnehmen: auch wenn die strukturellen Gegebenheiten und politischen Rahmenbedingungen aufgrund der jeweiligen Geschichte sehr unterschiedlich seien, „so sind doch die gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen und die Fragen nach Glaubenskommunikation und der angemessenen Gestalt von Kirchen einer postmodernen, säkularen Gesellschaft sehr ähnlich“, betont Dr. Poirel. Die Kirche in den USA und die Kirche in Deutschland stehen daher vor ähnlichen Herausforderungen. Daher erhoffte man sich auf der Reise aus den zahlreichen Begegnungen und Gesprächen den ein oder anderen Impuls, wie man auch in Deutschland Jugendpastoral gestalten kann oder Anregungen zum Umgang mit der ein oder anderen Frage findet, die uns derzeit umtreiben. Wie etwa gelingt es, Jugendliche und auch junge Erwachsene bei den zahlreichen Veränderungen und Übergängen ihres Lebens als Kirche zu begleiten?
Der zweite Teil der Reise führte die fünfköpfige Delegation nach Steubenville im Bundesstaat Ohio. Dort fand an der Franciscan University die internationale Ratzinger-Konferenz der „Joseph Ratzinger/Pope Benedikt XVI Foundation 2022“ vom 21. bis 22. Oktober statt. Thema war „Joseph Ratzingers Vision der Kirche und ihre Relevanz für die Herausforderungen der Gegenwart“. Bischof Dr. Stefan Oster war eingeladen, dort unter anderem den Abschlussvortrag zu halten, der sich dem theologischen Erbe Ratzingers widmet, auch und gerade im Hinblick auf die Herausforderungen, vor denen die Kirche des 21. Jahrhunderts steht. Den Fokus seines Vortrags legte Bischof Oster auf das „Fiat Mariens“. Das Ja, das sie gegeben hat, als ihr der Engel verkündete, dass sie den Sohn Gottes empfangen und gebären wird. Demnach sei Maria „als Mutter der Kirche zu verstehen“, sie „personalisiert Kirche im Ursprung“, so die Theologie Ratzingers. Das sei gerade heute unter dem Paradigma der Freiheit wichtig. Ihr „fiat“ sei aus der Gnade ermöglicht und komme gerade deshalb auch voll und ganz aus ihr selbst, aus ihrer Freiheit vor Gott. „Ich glaube, dass dieses Ja für die Kirche eine weit größere Bedeutung hat, als wir es vordergründig erahnen“, so Oster. Er sei überzeugt, dass jedes Ja, das ein Mensch auf den Ruf Gottes in sein Leben hinein antwortet, zutiefst verwurzelt ist in dem Ja, das Maria so ursprünglich gesprochen habe. Das habe Auswirkungen auf die Sozialgestalt der Kirche von Morgen, so Oster. „Wenn es uns gelingt, durch unser eigenes Leben, unseren eigenen Glauben und in unserem Miteinander so für Christus durchscheinend zu werden wie Maria und in Maria, dann lassen wir eine Sozialgestalt von Kirche erwachsen, in der wir die Freiheit und Würde jeder einzelnen Person unbedingt anerkennen. Dieses Ja der Anerkennung muss immer zuerst kommen – ohne Vorbedingungen“, so Oster in seinem Vortrag.
Text: pbp