Nach Stationen in Münster, Lantershofen und Wien ist der Passauer Theologe Manuel Schlögl (44) seit zwei Jahren Inhaber des Lehrstuhls für Dogmatik und ökumenischen Dialog an der Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT). Eine Zwischenbilanz.
Als großes Glücksgefühl beschreibt Manuel Schlögl den Moment, als im Dezember 2021 ein Brief von Kardinal Rainer Maria Woelki mit der Berufung an den Lehrstuhl in Köln bei ihm ankam. Es war die Krönung eines strengen Auswahlverfahrens, in dem der Geistliche aus Passau, der 2005 zum Priester geweiht worden war, auf Herz und Nieren geprüft wurde.
Nach inzwischen sieben Semestern ist er im Rheinland angekommen, er hat das Lebensgefühl von Köln und das Arbeiten an der KHKT kennen und schätzen gelernt. Er ist dort Mitglied im Senat und in verschiedenen Kommissionen. Als besonders bereichernd empfindet er das internationale und interkulturelle Profil der Hochschule mit vielen Studierenden aus Asien und Afrika.
Das Verstehen des eigenen Glaubens und der eigenen Geschichte sei essenziell an der jungen Hochschule. „Wir wollen eine neue Standfestigkeit gewinnen und von da aus in den Dialog mit der heutigen Zeit treten“, erklärt Schlögl. Die Frage nach der eigenen Identität und der Relevanz des Glaubens für das eigene Leben sei ein roter Faden. „Die Studenten kommen oft mit sehr existenziellen Fragen, und dafür ist bei uns mehr Raum. Das hat auch damit zu tun, dass wir eine kleinere Hochschule sind und auf die Bedürfnisse der einzelnen Studenten besser eingehen können.“
Kritiker werfen der Kölner Hochschule freilich auch vor, sie sei ein konservatives Gegenstück zu den staatlichen Hochschulen. Sie steht deshalb seit ihrer Gründung unter Druck von verschiedenen Seiten. Die Vorbehalte hat auch Schlögl zu spüren bekommen. Doch seiner Ansicht nach belebe auch im Hochschulbereich Konkurrenz das Geschäft. „Es müssen nicht alle theologischen Hochschulen im deutschsprachigen Raum dasselbe tun und lehren“, sagt er. Er habe zudem erlebt, dass Vorbehalte zerstreut werden, wenn sich Menschen intensiver mit der Hochschule beschäftigen. Sie erlebten dann ein offenes Klima und interessante Leute, die nicht konservativ seien. „Es geht darum, das Erbe zu bewahren, indem wir bewusst ins Gespräch kommen und unsere Studenten zu Gesprächsfähigkeit ausbilden“, sagt Schlögl. Dabei würden die Studierenden in seiner Hochschule das Spektrum der jungen Leute abbilden, „die heute versuchen, Christ zu sein und das zu verstehen“. Wobei Vorlesungen, Seminare, Kurse und Kolloquien in Köln nur eine Seite von Schlögls Schaffen ausmachen. Nachdem die Theologie Papst Benedikts XVI. seit vielen Jahren sein Forschungsschwerpunkt ist, wird er in ganz Europa zu Vorträgen eingeladen. So war er dieses Jahr bereits in Rom, Budapest, Wien und zu einer Priesterfortbildung in Münster.
„Gott gehört nicht der Kirche, sondern ist auch im Alltag, in anderen Religionen zu finden.”
Wie aber erlebt nun der Niederbayer aus dem kleinen Bistum Passau das Katholisch-Sein im Rheinland, in einem der größten und wichtigsten Bistümer in Deutschland? Allein durch die Überschaubarkeit, die Nähe des Klerus zueinander und gemeinsame Initiativen und Treffen sei in Passau eine andere Beheimatung als in Köln möglich. Doch auch die Rhein-Metropole mit den vielen hundert Priestern aus der Weltkirche, der internationalen Vernetzung, den berühmten Basiliken und den berühmten Predigern im Dom, habe ihren Reiz. „Das Katholisch-Sein in Köln ist sehr bunt und weltanschaulich vielfältig“, so Schlögl. Er habe inzwischen hier auch seine persönlichen Kirchorte gefunden. „Neben der Pfarrei in Lindenthal, wo die Hochschule beheimatet ist, feiere er in einem Kloster von Benediktinerinnen regelmäßig Gottesdienste. „Es gibt ein paar kleine Oasen, wo man sich einfach auch als Christ, als Priester zu Hause fühlt.“ Zudem komme ihm die rheinländische Gastlichkeit entgegen. „Da gibt es eine gewisse Anschlussmöglichkeit“, sagt Schlögl und nennt als Beispiele die Biergärten und das Zusammensitzen. Auch die Schönheit der Landschaft am Rhein und die Wälder um Köln habe er inzwischen für sich entdeckt.
Und doch bleibt Niederbayern das Zuhause. „Wenn ich recht lange in Köln bin, merke ich, wie ich mich innerlich wieder ein bisschen nach Passau sehne.“ Neben dem Dialekt fehlen ihm die ungezwungenen, ungeplanten Treffen mit alten Bekannten in der Fußgängerzone und auch die barocken Kirchen.
Sein großes Ziel ist es, glaubwürdig Christ und Priester zu sein und sich gedanklich mit immer neuen Themen auseinanderzusetzen. „Ich bilde ja die Generation von morgen aus. Ich möchte diesen jungen Menschen etwas mitgeben.“ Einerseits sollten sie ihre persönliche Identität im Glauben finden, die Schönheit und Stimmigkeit des Christentums entdecken, andererseits möchte er sie auch ermuntern, andere Meinungen zu hören und zulassen zu können. Manuel Schlögl ist zutiefst überzeugt: „Gott gehört nicht der Kirche, sondern ist auch im Alltag, in anderen Religionen zu finden.“ Er sieht in den konservativen Milieus die Gefahr, sich zu verschließen und diese Vielfalt als etwas zu sehen, das Angst macht.
Die Antwort auf die Transformationsprozesse im Westen sind für ihn aber nicht die großen Veränderungen, sondern eine Politik der kleinen Anpassungen, dass man bestimmte Themen mit reinholt, die jetzt wichtig sind: Das Menschenbild müsse man neu verstehen und vermitteln lernen; auch das Thema Macht müsse neu diskutiert werden. „Wir müssen als Kirche wieder in einem Lernprozess sein und fragen: Wie können wir mehr Menschen an Entscheidungen beteiligen, weil der Glaube verschiedene Gesichter hat? Das ist ein Reichtum, nicht nur etwas, das in einer uniformen Weise zusammengeführt werden muss. Man darf diese Vielfalt wahrnehmen und aushalten. Ich glaube, wir haben eine Chance, dass Menschen uns neu entdecken, wenn sie bei uns Offenheit, Wertschätzung, aber auch Überzeugung spüren“, fasst Schlögl zusammen.
Wolfgang Krinninger
Chefredakteur
Das ist die KHKT in Köln
Die Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT) liegt in Köln-Lindenthal. An der staatlich anerkannten Hochschule mit Promotionsrecht Theologie studieren rund 100 junge Menschen aus rund 20 verschiedenen Nationen. Deshalb liegt ein Schwerpunkt der KHKT auf dem Austausch mit anderen Religionen und Kulturen.