Weltkirche

Gegen den leisen Exodus

Redaktion am 14.03.2023

2023 03 14 pb alb synodaler weg4 Foto: Synodaler Weg / Maximilian von Lachner
Fünfte Synodalversammlung des Synodalen Weges (09.-11. März 2023): Beratungen der Synodalversammlung (10.03.2023) - geistlicher Einhalt.

Der Synodale Weg ist vorerst am Ziel angelangt. Aber was bleibt? Und wie geht es jetzt weiter? – Reaktionen aus Passau.

Wir baten die Betei­lig­ten aus unse­rem Bis­tum – Bischof Ste­fan Oster, Diö­ze­san­rats­vor­sit­zen­der Mar­kus Biber und Pfar­rer Chris­ti­an Krieg­baum, Spre­cher des Pries­ter­ra­tes, – um eine Ein­ord­nung des Reformprozesses. 

Bischof Stefan Oster: Erneuerung durch Rückbesinnung auf Christus

2023 03 14 pb alb stefan oster Foto: pbp
Bischof Stefan Oster.

Ich habe die fünf­te und letz­te Syn­odal­ver­samm­lung sehr gemischt erlebt. Auf der einen Sei­te begeg­ne ich ger­ne Men­schen der Kir­che, Men­schen, die glau­ben. Und das war inten­siv der Fall. Bei den Syn­odal­ver­samm­lun­gen sind vor allem die infor­mel­len Begeg­nun­gen zwi­schen den Sit­zun­gen beson­ders wert­voll. Und ich glau­be, da gab es auch viel Respekt und eine Art Zusam­men­wach­sen auf dem Weg – auch mit sol­chen, die unter­schied­lich den­ken. Dafür bin ich sehr dank­bar. Auf der ande­ren Sei­te bin ich natür­lich auch immer als einer aus der klei­nen, als kon­ser­va­tiv ein­ge­schätz­ten Min­der­heit ein­ge­ord­net wor­den, vor allem auch medi­al. Und dies wohl vor allem des­halb, weil ich glau­be, dass die drin­gend nöti­gen Refor­men unse­rer Kir­che anders gehen müs­sen, als sie die Mehr­heit des Syn­oda­len Weges denkt. 

Natür­lich bin ich auch der Über­zeu­gung, dass der Miss­brauch ein unfass­ba­res Unheil an Men­schen im Her­zen der Kir­che ange­rich­tet hat. Und natür­lich brau­chen wir hier ein­schnei­den­de Ver­än­de­run­gen, die wir ja auch schon lan­ge nach­hal­tig ange­hen. Eini­ge der Beschlüs­se des Syn­oda­len Weges in die­ser Rich­tung sind auch rich­tig und ich tra­ge sie ger­ne mit. Aber tat­säch­lich glau­be ich auch, dass ande­re, wesent­li­che Ver­än­de­run­gen, wie sie jetzt beim Syn­oda­len Weg ange­zielt wer­den, ins sakra­men­ta­le Herz der Kir­che zie­len – und die­ses letzt­lich ver­än­dern wollen.

Es geht dabei v. a. auch um unser grund­le­gen­des Bild vom Men­schen. Wir sind näm­lich bei­des: Von Gott gelieb­te Kin­der und zugleich erlö­sungs­be­dürf­ti­ge Sün­der. Und Jesus ist gekom­men, um uns von der Sün­de zu befrei­en und uns in die Got­tes­fa­mi­lie zurück­zu­füh­ren. Aber von die­sem Aspekt: Dass wir alle Erlö­sung brau­chen, war kaum die Rede; dafür aber viel davon, dass die Kir­che die vie­len mög­li­chen Wei­sen des Men­schen in Bezie­hung mit sich selbst und ande­ren zu leben, im Sinn einer libe­ra­len Gesell­schaft gut­hei­ßen und zum Bei­spiel auch seg­nen soll – ohne zuvor die Grund­fra­ge nach dem Woher und Wohin des Men­schen gestellt zu haben. Wenn wir aber auf Erneue­rungs­be­we­gun­gen in der Kir­chen­ge­schich­te schau­en, dann sehen wir: Sie kamen im Grun­de immer durch eine ent­schie­de­ne Rück­be­sin­nung auf Chris­tus selbst – und durch das je grö­ße­re Ver­trau­en auf sei­ne Gegen­wart im Heu­te. Zu einem sol­chen Weg der Erneue­rung will auch ich uns alle ger­ne ein­la­den – denn Jesus ver­lässt sei­ne Kir­che nicht!

Diözesanratsvorsitzender Markus Biber: Kirche findet Antworten auf aktuelle Fragen

2023 03 14 pb alb markus biber Foto: pbp
Diözesanratsvorsitzender Markus Biber.

Die fünf­te und letz­te Voll­ver­samm­lung war neben den übli­chen indi­vi­du­el­len Aus­rei­ßern von rela­tiv gro­ßer Har­mo­nie und dem spür­ba­ren Bestre­ben aller betei­lig­ten Grup­pen geprägt, gemein­sam noch Lösun­gen für wich­ti­ge und grund­le­gen­de offe­ne Zukunfts­fra­gen in der katho­li­schen Kir­che in Deutsch­land zu fin­den. Ich beur­tei­le den Abschluss sehr positiv.

Der Syn­oda­le Weg hat eine Begeg­nungs­ebe­ne geschaf­fen, die es bis dahin nicht gege­ben hat. Nur so konn­te ein Aus­tausch über die Hin­ter­grün­de und Beweg­grün­de für das jewei­li­ge per­sön­li­che Den­ken und Enga­ge­ment zwi­schen Bischö­fen und Haupt‑, und Ehren­amt­li­chen geschaf­fen wer­den. Ich habe dies als sehr berei­chernd emp­fun­den. Zudem wur­den aber auch noch ganz wich­ti­ge Tex­te in der letz­ten Voll­ver­samm­lung verabschiedet.

Nun geht es um die Ver­ste­ti­gung von Syn­oda­li­tät in der katho­li­schen Kir­che in Deutsch­land, die 2026 in den auch mit Bischofs­mehr­heit beschlos­se­nen Syn­oda­len Rat mün­den soll. Dane­ben läuft noch der Welt­wei­te Syn­oda­le Weg“, den Papst Fran­zis­kus ins Leben geru­fen hat. In die­sen wer­den die Ergeb­nis­se aus dem Syn­oda­len Weg in Deutsch­land ein­flie­ßen und man wird sehen, wie Rom und die Welt­kir­che zu den Vor­schlä­gen und Ent­schei­dun­gen aus der katho­li­schen Kir­che in Deutsch­land ste­hen und damit umgehen.

Auf diö­ze­saner Ebe­ne wer­den wir nun ver­su­chen, die Din­ge, die eine diö­ze­sa­ne Umset­zung ermög­li­chen, in ein für die Diö­ze­se Pas­sau pas­sen­des Kon­zept zu bringen. 

Ich glau­be, dass die Ergeb­nis­se, die zu den ein­zel­nen The­men gefun­den wur­den, vom Groß­teil der Katho­li­ken in Deutsch­land als posi­tiv ein­ge­stuft wer­den. Zei­gen sie doch, dass eine gro­ße Mehr­heit der Ver­ant­wort­li­chen bei Bischö­fen, Haupt­amt­li­chen und Ehren­amt­li­chen ein Inter­es­se dar­an haben, die Ver­kün­di­gung der christ­li­chen Bot­schaft auch unter den gesell­schaft­li­chen Umstän­den und den soge­nann­ten Zei­chen der Zeit“ des 21. Jahr­hun­derts zu ermög­li­chen und sich aktu­el­len gesell­schaft­li­chen Fra­ge­stel­lun­gen zu öff­nen und dazu sprach­fä­hig zu wer­den. Da mag man mit der einen oder ande­ren Fra­ge durch­aus rin­gen. Wich­tig ist hier aber, dass die Kir­che nicht schweigt oder an nicht mehr pas­sen­den Ant­wor­ten aus der fer­nen Ver­gan­gen­heit fest­hält, son­dern Ant­wor­ten auf die Fra­gen und Pro­ble­me der Men­schen von heu­te fin­det. Nur dann wird auch eine Ver­kün­di­gung der christ­li­chen Bot­schaft und die dar­in lie­gen­de Wahr­neh­mung ihres Auf­tra­ges durch die Kir­che gelingen.

Pfarrer Christian Kriegbaum: Sprechen wir die Sprache der Menschen von heute?

2023 03 14 pb alb christian kriegbaum Foto: pbp
Pfarrer Christian Kriegbaum.

ICE Nr. 724 von Mün­chen nach Frank­furt am Don­ners­tag, 9. März: Ich bin auf dem Weg nach Frank­furt. Auf mei­nem Schreib­tisch im Pfarr­haus in Win­hö­ring lag in die­ser Woche die kirch­li­che Sta­tis­tik für 2022. Wir sind wie­der weni­ger Katho­li­ken am Ort gewor­den. 63 Pfarr­an­ge­hö­ri­ge sind aus­ge­tre­ten. Ihnen sand­te ich einen Brief mit der Ein­la­dung zum Gespräch. Denn ich woll­te erfah­ren, was sie zu die­sem Schritt bewo­gen hatte.

Das Erschre­cken­de dar­an: Nur eine ein­zi­ge Rück­mel­dung, um mir die Grün­de mit­zu­tei­len. 63 Katho­li­ken aus Win­hö­ring haben die Kir­che ver­las­sen, still und lei­se, ohne Aufsehen.

Die­se Gedan­ken neh­me ich mit zur Syn­odal­ver­samm­lung. Mag die Miss­brauchs­stu­die von 2018 der Grund für die Aus­ru­fung des Syn­oda­len Weges gewe­sen sein. Mich treibt zudem die Fra­ge um, wie wir den Men­schen heu­te den Glau­ben nahe brin­gen kön­nen, den wir als Kir­che wie einen Schatz in zer­brech­li­chen Gefä­ßen“ (2Kor 4,7) tra­gen.

ICE Nr. 627 von Frank­furt nach Mün­chen am Sams­tag, 11. März:

Mit gemisch­ten Gefüh­len fah­re ich nach Hau­se zurück. Mich hat aufs Neue beein­druckt, wie lei­den­schaft­lich die Mit­glie­der der Syn­odal­ver­samm­lung um die Tex­te gerun­gen haben.

Allen Respekt beson­ders den vie­len Ehren­amt­li­chen in der Syn­odal­ver­samm­lung, die viel Zeit und Kraft dar­auf ver­wandt haben, nach dem rich­ti­gen und zeit­ge­mä­ßen Weg der Kir­che in Deutsch­land zu suchen. Da ihnen unse­re Kir­che viel bedeu­tet, haben sie auch ihre Anlie­gen laut­stark arti­ku­liert: Denn sie sind in einer Gesell­schaft zu Hau­se, die nach demo­kra­ti­schen Prin­zi­pi­en auf­ge­baut ist und Macht kon­trol­liert wis­sen will, die Frau­en ganz selbst­ver­ständ­lich mit glei­chen Rech­ten aus­ge­stat­tet weiß, die jede Form von Dis­kri­mi­nie­rung auf­grund einer sexu­el­len Ori­en­tie­rung ablehnt. Des­halb strit­ten sie auf dem Syn­oda­len Weg um den bes­ten gemein­sa­men Weg der Kir­che in die Zukunft.

Ich keh­re aber auch nach­denk­lich nach Hau­se zurück: Wird es mir vor Ort in der Pfar­rei gelin­gen, eine Spra­che zu fin­den, die den Schatz unse­rer Kir­che mit ihren Glau­bens­sät­zen und ihren guten Tra­di­tio­nen“ den Men­schen heu­te zu ver­mit­teln ver­steht? Spre­chen wir die Spra­che der Men­schen von heu­te, so dass sie uns in unse­rer Lie­be zur Kir­che zu ver­ste­hen vermögen?

Ein span­nen­des Unter­fan­gen über den Abschluss der 5. Syn­odal­ver­samm­lung hinaus.

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