
Der Synodale Weg ist vorerst am Ziel angelangt. Aber was bleibt? Und wie geht es jetzt weiter? – Reaktionen aus Passau.
Wir baten die Beteiligten aus unserem Bistum – Bischof Stefan Oster, Diözesanratsvorsitzender Markus Biber und Pfarrer Christian Kriegbaum, Sprecher des Priesterrates, – um eine Einordnung des Reformprozesses.
Bischof Stefan Oster: Erneuerung durch Rückbesinnung auf Christus

Ich habe die fünfte und letzte Synodalversammlung sehr gemischt erlebt. Auf der einen Seite begegne ich gerne Menschen der Kirche, Menschen, die glauben. Und das war intensiv der Fall. Bei den Synodalversammlungen sind vor allem die informellen Begegnungen zwischen den Sitzungen besonders wertvoll. Und ich glaube, da gab es auch viel Respekt und eine Art Zusammenwachsen auf dem Weg – auch mit solchen, die unterschiedlich denken. Dafür bin ich sehr dankbar. Auf der anderen Seite bin ich natürlich auch immer als einer aus der kleinen, als konservativ eingeschätzten Minderheit eingeordnet worden, vor allem auch medial. Und dies wohl vor allem deshalb, weil ich glaube, dass die dringend nötigen Reformen unserer Kirche anders gehen müssen, als sie die Mehrheit des Synodalen Weges denkt.
Natürlich bin ich auch der Überzeugung, dass der Missbrauch ein unfassbares Unheil an Menschen im Herzen der Kirche angerichtet hat. Und natürlich brauchen wir hier einschneidende Veränderungen, die wir ja auch schon lange nachhaltig angehen. Einige der Beschlüsse des Synodalen Weges in dieser Richtung sind auch richtig und ich trage sie gerne mit. Aber tatsächlich glaube ich auch, dass andere, wesentliche Veränderungen, wie sie jetzt beim Synodalen Weg angezielt werden, ins sakramentale Herz der Kirche zielen – und dieses letztlich verändern wollen.
Es geht dabei v. a. auch um unser grundlegendes Bild vom Menschen. Wir sind nämlich beides: Von Gott geliebte Kinder und zugleich erlösungsbedürftige Sünder. Und Jesus ist gekommen, um uns von der Sünde zu befreien und uns in die Gottesfamilie zurückzuführen. Aber von diesem Aspekt: Dass wir alle Erlösung brauchen, war kaum die Rede; dafür aber viel davon, dass die Kirche die vielen möglichen Weisen des Menschen in Beziehung mit sich selbst und anderen zu leben, im Sinn einer liberalen Gesellschaft gutheißen und zum Beispiel auch segnen soll – ohne zuvor die Grundfrage nach dem Woher und Wohin des Menschen gestellt zu haben. Wenn wir aber auf Erneuerungsbewegungen in der Kirchengeschichte schauen, dann sehen wir: Sie kamen im Grunde immer durch eine entschiedene Rückbesinnung auf Christus selbst – und durch das je größere Vertrauen auf seine Gegenwart im Heute. Zu einem solchen Weg der Erneuerung will auch ich uns alle gerne einladen – denn Jesus verlässt seine Kirche nicht!
Diözesanratsvorsitzender Markus Biber: Kirche findet Antworten auf aktuelle Fragen

Die fünfte und letzte Vollversammlung war neben den üblichen individuellen Ausreißern von relativ großer Harmonie und dem spürbaren Bestreben aller beteiligten Gruppen geprägt, gemeinsam noch Lösungen für wichtige und grundlegende offene Zukunftsfragen in der katholischen Kirche in Deutschland zu finden. Ich beurteile den Abschluss sehr positiv.
Der Synodale Weg hat eine Begegnungsebene geschaffen, die es bis dahin nicht gegeben hat. Nur so konnte ein Austausch über die Hintergründe und Beweggründe für das jeweilige persönliche Denken und Engagement zwischen Bischöfen und Haupt‑, und Ehrenamtlichen geschaffen werden. Ich habe dies als sehr bereichernd empfunden. Zudem wurden aber auch noch ganz wichtige Texte in der letzten Vollversammlung verabschiedet.
Nun geht es um die Verstetigung von Synodalität in der katholischen Kirche in Deutschland, die 2026 in den auch mit Bischofsmehrheit beschlossenen Synodalen Rat münden soll. Daneben läuft noch der „Weltweite Synodale Weg“, den Papst Franziskus ins Leben gerufen hat. In diesen werden die Ergebnisse aus dem Synodalen Weg in Deutschland einfließen und man wird sehen, wie Rom und die Weltkirche zu den Vorschlägen und Entscheidungen aus der katholischen Kirche in Deutschland stehen und damit umgehen.
Auf diözesaner Ebene werden wir nun versuchen, die Dinge, die eine diözesane Umsetzung ermöglichen, in ein für die Diözese Passau passendes Konzept zu bringen.
Ich glaube, dass die Ergebnisse, die zu den einzelnen Themen gefunden wurden, vom Großteil der Katholiken in Deutschland als positiv eingestuft werden. Zeigen sie doch, dass eine große Mehrheit der Verantwortlichen bei Bischöfen, Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen ein Interesse daran haben, die Verkündigung der christlichen Botschaft auch unter den gesellschaftlichen Umständen und den sogenannten „Zeichen der Zeit“ des 21. Jahrhunderts zu ermöglichen und sich aktuellen gesellschaftlichen Fragestellungen zu öffnen und dazu sprachfähig zu werden. Da mag man mit der einen oder anderen Frage durchaus ringen. Wichtig ist hier aber, dass die Kirche nicht schweigt oder an nicht mehr passenden Antworten aus der fernen Vergangenheit festhält, sondern Antworten auf die Fragen und Probleme der Menschen von heute findet. Nur dann wird auch eine Verkündigung der christlichen Botschaft und die darin liegende Wahrnehmung ihres Auftrages durch die Kirche gelingen.
Pfarrer Christian Kriegbaum: Sprechen wir die Sprache der Menschen von heute?

ICE Nr. 724 von München nach Frankfurt am Donnerstag, 9. März: Ich bin auf dem Weg nach Frankfurt. Auf meinem Schreibtisch im Pfarrhaus in Winhöring lag in dieser Woche die kirchliche Statistik für 2022. Wir sind wieder weniger Katholiken am Ort geworden. 63 Pfarrangehörige sind ausgetreten. Ihnen sandte ich einen Brief mit der Einladung zum Gespräch. Denn ich wollte erfahren, was sie zu diesem Schritt bewogen hatte.
Das Erschreckende daran: Nur eine einzige Rückmeldung, um mir die Gründe mitzuteilen. 63 Katholiken aus Winhöring haben die Kirche verlassen, still und leise, ohne Aufsehen.
Diese Gedanken nehme ich mit zur Synodalversammlung. Mag die Missbrauchsstudie von 2018 der Grund für die Ausrufung des Synodalen Weges gewesen sein. Mich treibt zudem die Frage um, wie wir den Menschen heute den Glauben nahe bringen können, den wir als Kirche wie einen „Schatz in zerbrechlichen Gefäßen“ (2Kor 4,7) tragen.
ICE Nr. 627 von Frankfurt nach München am Samstag, 11. März:
Mit gemischten Gefühlen fahre ich nach Hause zurück. Mich hat aufs Neue beeindruckt, wie leidenschaftlich die Mitglieder der Synodalversammlung um die Texte gerungen haben.
Allen Respekt besonders den vielen Ehrenamtlichen in der Synodalversammlung, die viel Zeit und Kraft darauf verwandt haben, nach dem richtigen und zeitgemäßen Weg der Kirche in Deutschland zu suchen. Da ihnen unsere Kirche viel bedeutet, haben sie auch ihre Anliegen lautstark artikuliert: Denn sie sind in einer Gesellschaft zu Hause, die nach demokratischen Prinzipien aufgebaut ist und Macht kontrolliert wissen will, die Frauen ganz selbstverständlich mit gleichen Rechten ausgestattet weiß, die jede Form von Diskriminierung aufgrund einer sexuellen Orientierung ablehnt. Deshalb stritten sie auf dem Synodalen Weg um den besten gemeinsamen Weg der Kirche in die Zukunft.
Ich kehre aber auch nachdenklich nach Hause zurück: Wird es mir vor Ort in der Pfarrei gelingen, eine Sprache zu finden, die den „Schatz unserer Kirche mit ihren Glaubenssätzen und ihren guten Traditionen“ den Menschen heute zu vermitteln versteht? Sprechen wir die Sprache der Menschen von heute, so dass sie uns in unserer Liebe zur Kirche zu verstehen vermögen?
Ein spannendes Unterfangen über den Abschluss der 5. Synodalversammlung hinaus.