Soziales

Faszinierend und inspirierend

Redaktion am 24.01.2023

2023 01 23 pb alb sternenpark roehn2 Foto: Gerda Wynants/Alexander Mengel
Ein Blick in die Sterne von der Hohen Geba in der Rhön. Doch dieser Anblick ist aufgrund der Lichtverschmutzung immer mehr Menschen verwehrt. Damit will sich Sabine Frank, Wegbereiterin und Koordinatorin des Sternenparks Rhön nicht abfinden.

Der Sternenpark Rhön erhielt kürzlich die Auszeichnung „Sternenpark des Jahres 2022. Initiatorin Sabine Frank setzt sich mit viel Engagement und Herzblut für das Thema natürliches Licht und dessen Schutz ein, und wirbt seit vielen Jahren schon für Verständnis und Änderungen in Politik und Wirtschaft, um der Lichtverschmutzung entgegen zu wirken. Persönlich sieht sie den Sternenhimmel mit ganz besonderen Augen. – Ein Beitrag aus unserer Rubrik „Bewusst leben.

Was ist das Fas­zi­nie­ren­de am Ster­nen­him­mel?
Sabi­ne Frank:
Um es mit Astrid Lind­grens Wor­ten zu sagen: Wie schön muss es im Him­mel sein, wenn er von außen schon so schön aus­sieht! Ich bin immer wie­der von den natür­li­chen Beleuch­tungs­stär­ken fas­zi­niert. Dar­um ver­su­che ich, das Ster­nen­vi­rus“ unter die Men­schen zu brin­gen. Der Ster­nen­him­mel berührt ein­fach das Inners­te. Und das schon seit Men­schen­ge­den­ken. Durch die Kul­tur­ge­schich­te haben wir uns auf viel­fa­che Wei­se mit dem Ster­nen­him­mel befasst. Zum einen tech­nisch, aber auch in der Lyrik, der Poe­sie oder die Bibel, wie im Psalm acht Wenn ich sehe die Him­mel, dei­ner Fin­ger Werk, den Mond und die Ster­ne, die du berei­tet hast.“

2023 01 23 pb alb sternenpark roehn sabine frank Foto: Gerda Wynants/Alexander Mengel
Sabine Frank.

Sie spre­chen von den natür­li­chen Beleuch­tungs­stär­ken – was ver­steht man dar­un­ter?
Sabi­ne Frank:
Das hells­te Licht in der Nacht ist der Voll­mond. Im Win­ter steht er steil am Him­mel und ent­fal­tet sei­ne größ­te Licht­stär­ke: 0,3 Lux. Zum Ver­gleich: ein strah­len­der Son­nen­tag mit blau­em Him­mel lie­fert 120.000 Lux. Nur fast ein hal­bes Lux, das ist die maxi­ma­le natür­li­che Beleuch­tungs­stär­ke der Nacht bei Voll­mond. Nichts ver­än­dert die Nacht­land­schaft so sehr wie der Mond. Und Tie­re sind dar­auf ein­ge­stellt. Wor­auf sie nicht ein­ge­stellt sind, ist die Licht­ver­schmut­zung des Men­schen. (Lux ist die phy­si­ka­li­sche Ein­heit für die Beleuch­tungs­stär­ke von Licht­quel­len, Anmer­kung der Redaktion).

War­um eig­net sich die­se Regi­on beson­ders dafür, den Men­schen das vor Augen zu füh­ren?
Sabi­ne Frank:
Die Regi­on der Rhön ist rela­tiv dünn besie­delt und hat eine gute Hoch­la­ge. Dort hat man eine recht gute Nacht­him­mels-Qua­li­tät. Zudem ist die Rhön UNESCO Bio­sphä­ren-Reser­vat und somit ein Hot­spot für Bio­di­ver­si­tät in Deutsch­land. Arten, die es in Deutsch­land kaum noch gibt, kom­men hier vor und sind dar­um beson­ders schützenswert.

Um die Ster­ne sehen zu kön­nen, brau­chen wir Dun­kel­heit – die ist aber sehr oft nega­tiv besetzt …
Sabi­ne Frank:
Ja, lei­der. Das steckt zum Bei­spiel in einer Rede­wen­dung wie Licht ins Dunk­le brin­gen“. Dabei ist der Ster­nen­him­mel fas­zi­nie­rend und inspi­rie­rend zugleich, und die­se natür­li­che Dun­kel­heit ist ein­fach unglaub­lich beru­hi­gend. Weil man ein­fach wenig opti­sche Ablen­kung hat. Augen­ur­laub sozu­sa­gen. Trotz­dem wird immer Angst mit Dun­kel­heit geschürt – in Fil­men zum Bei­spiel. Oder heu­te noch, wie schon damals, im Mär­chen. Mei­ne Mis­si­on – auch als Ster­nen­füh­re­rin – ist dar­um, die Men­schen wie­der dem Ster­nen­him­mel und damit auch der natür­li­chen Dun­kel­heit näher­zu­brin­gen. Damit wir ihn wie­der schät­zen ler­nen und sehen, was wir dort oben haben. Ich erle­be immer wie­der, dass Men­schen dabei die Trä­nen kom­men, wenn sie die Milch­stra­ße sehen.

Ist uns Men­schen im Lau­fe der Zeit da etwas ver­lo­ren gegan­gen?
Sabi­ne Frank:
Ich glau­be, die Ver­bin­dung zum Him­mel ist abge­ris­sen, der Blick ist kaum noch nach oben gerich­tet. Das ist einer­seits der Ent­rät­se­lung des Welt­alls geschul­det, es ver­liert durch die Astro­phy­sik immer mehr sei­ne Geheim­nis­se. Dann dadurch, dass Kunst­licht unse­ren All­tag bis in die Nacht hin­ein durch­drun­gen hat und die Tat­sa­che, dass die Men­schen kaum noch nach oben son­dern haupt­säch­lich nach unten und aufs Han­dy schauen.

2023 01 23 pb alb milchstrasse Rene Tittmann / Pixabay
„Ich erlebe immer wieder, dass Menschen dabei die Tränen kommen, wenn sie die Milchstraße sehen.“

Das The­ma Licht­ver­schmut­zung – ein nicht zu unter­schät­zen­der Fak­tor, der unse­rer Umwelt sehr zu schaf­fen macht, sagen Sie …
Sabi­ne Frank:
Das Pro­blem ist, dass Licht nicht am Ent­ste­hungs­ort bleibt, son­dern auf die Rei­se geht – mit Licht­ge­schwin­dig­keit. Es strahlt über­all hin, in zu hohen Inten­si­tä­ten. Es hellt nicht nur die direk­te Umge­bung auf, son­dern trifft in der Atmo­sphä­re auf Staub- und Was­ser­teil­chen, dar­an bricht es sich und erhellt auf die­sem Weg sogar die Nacht­land­schaf­ten in den strengs­ten Schutz­ge­bie­ten – durch Licht, das vie­le Kilo­me­ter ent­fernt ent­steht! Doch das Licht stört den bio­lo­gi­schen Rhyth­mus gewal­tig, denn der Tag-Nacht-Rhyth­mus ist der wich­tigs­te Takt­ge­ber für alle Arten; Pflan­zen wie Tie­re, Men­schen wie Mikro­ben – alle sind betrof­fen. Ein Groß­teil der Lebe­we­sen ist nachts unter­wegs, ande­re sind nachts ruhe­be­dürf­tig. Sie sind auf die natür­li­chen Beleuch­tungs­stär­ken ihrer Nacht­land­schaft ange­wie­sen. Mit dem Kunst­licht und der Art und Wei­se, wie es sich aus­brei­tet, stö­ren wir die natür­li­chen Beleuch­tungs­stär­ken, die es seit Jahr­mil­lio­nen gibt.

Fehlt uns Men­schen das Bewusst­sein, dass auch zu viel Licht Ver­schmut­zung ist?
Sabi­ne Frank:
Wir ver­än­dern die natür­li­chen gott gege­be­nen Beleuch­tungs­stär­ken mit unse­rem göt­zen­haf­ten Anleuch­ten von sämt­li­chen alten Gebäu­den, Schau­fens­tern und Fir­men. Hin­zu kommt die enor­me Deko­be­leuch­tung in die­sen Wochen – das gab es vor eini­gen Jah­ren in dem Aus­maß noch gar nicht. Lan­ge hat­ten wir nur eine Funk­ti­ons­be­leuch­tung, nachts wur­de sie in der Regel wei­test­ge­hend aus­ge­schal­tet. Doch mit der gestie­ge­nen Effi­zi­enz durch die LED kommt halt immer mehr Deko-Licht­schnick­schnack dazu und damit auch ein Rück­zug aus der Gemein­schaft. Was vie­le über­se­hen: Res­sour­cen wer­den ver­braucht, Müll wird ohne Ende pro­du­ziert und es wird enorm viel Licht erzeugt. Kunst­licht ist jedoch schon seit Jah­ren als eine der schäd­li­chen Umwelt­ein­wir­kun­gen im Bun­des­im­mis­si­ons­schutz­ge­setz erfasst und gleich­ge­stellt mit Lärm und Luft­ver­schmut­zung. So wie es eine Nacht­ru­he vor Lärm gibt, soll­te es auch eine vor Kunst­licht geben. 

Inter­view: Judith Bornemann/​CAP

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