„I like Jesus“ – so steht es auf einem Schild, das an einem Motorrad unterhalb des Schutzbleches angebracht ist. Damit ist Peter, der Gemeindereferent, nach Lemongo, einem kleinen Dorf nahe des Amboseli-Parks in Kenia, gekommen, um dort den Sonntagsgottesdienst zu feiern. Für unsere Autorin Christine Limmer war der Gottesdienst in einer kleinen Wellblechhütte ein unbeschreibliches Erlebnis.
Mit großer Neugier war Christine Limmer gemeinsam mit Pfarrer Michael Witti und dem ehemaligen Salzburger Zoodirektor Rainer Reevers dorthin aufgebrochen. Abseits des Dorfes fanden sie die Hütte, deren Fenster mit Holzläden verschlossen waren.
Peter, bei 32 Grad mit Anorak und dicker Hose zum Schutz gegen den Staub bekleidet, beruhigte die Gäste aus Bayern: „Die kommen schon noch.“ Aus seinem Rucksack zieht er seine zerknitterte Albe hervor und zieht sie an. Er sperrt die Hütte auf und geht zur Sakristei, die aus einem alten verschlissenen Koffer besteht. Bedächtig öffnet er diesen und packt eine Tischdecke für den Altar, ein wackeliger Holztisch, aus. Er schmückt den Altar mit einer glitzernden Girlande, stellt ein kleines Kreuz und zwei Leuchter darauf, er rückt den Ambo zurecht und legt das abgegriffene Evangeliar darauf. An die Tafel schreibt er die Textstellen, die zu Lesung und Evangelium vorgelesen werden.
Am Ende versammeln sich mehr als 60 Kinder und etwa 40 Erwachsene in der Hütte. Ein junger Mann kommt mit dem Moped, parkt und zieht seinen traditionellen Umhang der Massai unter der Jacke hervor und legt ihn an: Fertig.
Die Dorfbewohner kommen in ihrer besten Festtagskleidung und geschmückt mit bunten Hals‑, Arm- und Fußbändern. Ihre Babys haben sie sich auf den Rücken gebunden und auf dem Kopf tragen sie Wasserkanister für den Tee danach. Neugierig werden die Europäer von oben bis unten begutachtet. Die Kinder stehen voller Respekt vor uns und erbitten mit geneigtem Kopf den Segen des Älteren, den wir gerne erteilen.
Ein Sonntagsgottesdienst in Kenia – Impressionen
Fotos: Christine Limmer
Peter übt mit den Kindern die Lieder und die Choreografie. Statt einer Kirchenorgel ist nur eine Trommel vorhanden. Es ist inzwischen 10.30 Uhr. Vor einer halben Stunde hätte der Gottesdienst beginnen sollen. Doch was soll’s, wenn die Menschen erst jetzt da sind. Urplötzlich beschließt Peter, dass jetzt begonnen wird. Er stellt sich mit den Kindern auf, sie beginnen zu singen. Zum Einzug wird getanzt und geklatscht und alle, die schon da sind, fallen mit ein.
Zwei Mädchen treten vor und übernehmen Lesung und Evangelium. Die Fürbitten tragen die Leute spontan vor. Dazwischen wird immer wieder gesungen und alle beteiligen sich, ohne Ausnahme. Immer mehr Menschen drängen in die Hütte und schon bald ist der letzte Platz belegt. Die Jüngeren machen den Älteren Platz: eine Selbstverständlichkeit. Die Fensterläden klappern, ebenso das Wellblechdach im Wind. Die Frauen ziehen ihre Babys aus den Rückentüchern und stillen sie. Peter predigt. Er spricht von der Herrlichkeit Gottes in Englisch und Suaheli. Er mahnt die Menschen, so zu leben wie Jesus, immer wieder. Er spricht die Sprache der Dorfbewohner, die meist nicht zur Schule gegangen sind. Dann stellt er uns vor und bittet uns, ein paar Worte an das Dorf zu richten. Pfarrer Michael Witti lässt es sich nicht nehmen und erzählt vom Regenbogen, den wir kürzlich gesehen haben. „Das ist die Verbindung von der Erde zum Himmel, zu Gott“ sagt er und erteilt den Schlusssegen.
Doch damit ist nicht Schluss. Es sind einige Vertreter von Organisationen gekommen, die den Dorfbewohnern eine Art Bibelstunde geben. Und es gibt viele Geschichten zu erzählen.
Was bleibt, was nehme ich mit von diesem erlebnisreichen Tag: die Lebensfreude, die Begeisterung zu Beten, die angenehme Gemeinschaft Gläubiger, in die wir schnell integriert wurden. Vielleicht braucht es gar keine besonderen Kirchen, um Gott für sein Leben zu danken. Dafür ist Platz in der kleinsten Hütte.
Text: Christine Limmer