Weltkirche

Die Schöne am Tejo

Redaktion am 06.12.2022

2022 12 05 pb alb aufmacher ausgabe 50 2022

Die Kulissen Lissabons sind wie geschaffen für den kommenden Weltjugendtag der katholischen Kirche vom 1. bis 6. August 2023. Schon jetzt steigt die Vorfreude – doch Portugals Hauptstadt ist natürlich jederzeit eine Reise wert.

Sie ist die Schö­ne am Tejo“, ein kos­mo­po­li­ti­sches Pflas­ter, eine der atem­be­rau­bends­ten Metro­po­len Euro­pas: Lis­sa­bon, die Haupt­stadt von Por­tu­gal. Typisch ist das glas­kla­re, glei­ßen­de Son­nen­licht, das Plät­ze und Burg­mau­ern ein­hüllt, über den Fluss­lauf des Tejo flu­tet, die Kathe­dra­le über­zieht und in den Gas­sen und metal­le­nen Ril­len der Stra­ßen­bah­nen ver­sinkt. Oben in den Hügeln erstrahlt das Schach­tel­werk der Fas­sa­den in Gelb und Blau, in Rost­rot, Ocker, Schnee­weiß. Hoch über dem Tejo wacht die Mega­sta­tue des Cris­to-Rei (Christ-König).

2022 12 05 pb alb lissabon Foto: Andreas Drouve
Atemberaubende Metropole: Das Panorama Lissabons mit dem Burgberg und der Kathedrale lässt die Schönheit von Portugals Hauptstadt erahnen.

Por­tu­gal ist Lis­sa­bon, der Rest ist Land­schaft. So heißt es über­trie­ben aus loka­ler Sicht. Fas­zi­na­ti­on, Flair und Facet­ten­reich­tum sind unver­gleich­lich. Doch wo begin­nen, wenn man neu in der Stadt ist? Klas­si­ker ist eine Stra­ßen­bahn­fahrt in Linie 28, die zu einer Rei­se durch Geschich­te und Gegen­wart ein­lädt: von der his­to­ri­schen City bis zur End­sta­ti­on am Fried­hof Pra­ze­res. Los geht’s mit einem Ruck, der in die Kunst­le­der­bänk­chen drückt. Wer steht, klam­mert sich an Hal­te­rie­men. Schwer­fäl­lig nimmt das alter­tüm­li­che Vehi­kel Fahrt auf, schnauft auf­wärts durch schma­le Stra­ßen­schnei­sen. Vor­ne betä­tigt der Fah­rer die Hand­kur­bel, klin­gelt Falsch­par­ker von den Schie­nen, manö­vriert zen­ti­me­ter­ge­nau an Autos längs. Plötz­lich wirkt Lis­sa­bon länd­lich. Fas­sa­den tra­gen Azu­le­jos, bun­te Schmuck­ka­cheln, die hel­fen, die Häu­ser vor Wind und Wet­ter zu schüt­zen. Ver­ein­zelt blät­tert der Putz. Fast zum Grei­fen nah sind Hän­ge­la­ter­nen und Bal­ko­ne vol­ler Blu­men. Auf­ge­lein­te Wäsche, Mar­ki­sen und die Aus­la­gen einer Metz­ge­rei zie­hen vorbei.

2022 12 05 pb alb lissabon strassenbahn Foto: Andreas Drouve
In Lissabon gehören die oft schon recht betagten Straßenbahnen zum Stadtbild.

Unter den Mit­rei­sen­den sitzt eine Frau gedan­ken­ver­lo­ren da. Das fal­ten­zer­furch­te Gesicht eines Alten spricht Bän­de. Da kommt der Lis­sa­bon­ner Dich­ter Fer­nan­do Pes­soa (1888 bis 1935) in den Sinn, der sein lite­ra­ri­sches Alter Ego Ber­nar­do Soares auf eine Tramtour schick­te und dar­über sin­nie­ren ließ, dass die­se Frau, die vor mir in der Stra­ßen­bahn sitzt, um ihren sterb­li­chen Hals die win­dungs­rei­che Bana­li­tät eines dun­kel­grü­nen Sei­den­zwirns auf einem min­der grü­nen Stoff tra­gen kann.“

Das Gas­sen­ge­wim­mel endet auf dem Platz vor der baro­cken Ster­nen­ba­si­li­ka“, Basí­li­ca da Est­re­la, die sich mit ihrer Dop­pel­turm­front und Kup­pel auf­wirft. Den Stopp kann man sich für die Rück­fahrt auf­spa­ren; gleich gegen­über lockt ein schö­ner Park, der Jar­dim da Estrela. 

Die End­sta­ti­on heißt Pra­ze­res, benannt nach dem benach­bar­ten Fried­hof. Ich stei­ge erschöpft und wie ein Schlaf­wand­ler aus der Stra­ßen­bahn. Ich habe das gan­ze Leben gelebt“, schrieb Poet Pes­soa. Da zum Leben auch der Tod gehört, soll­te man den Bum­mel über den Got­tes­acker nicht ver­pas­sen. Prot­zig gestal­tet sind vie­le Grab­mo­nu­men­te, gekrönt von Engels­skulp­tu­ren. Nah der Begren­zungs­mau­er schaut man auf grü­ne Hügel und bis zum Tejo.

Apro­pos Pan­ora­men – mit ihren Aus­sichts­punk­ten (Mira­dou­ros) punk­tet die Stadt beson­ders. Ein Top­s­pot in der Unter­stadt ist die Ter­ras­se über dem Arco da Rua Augus­ta, jenem Tri­umph­bo­gen, der nach dem ver­hee­ren­den Erd­be­ben 1755 als Sym­bol für das neue Lis­sa­bon ent­stand. Logen­plät­ze über dem ver­win­kel­ten Vier­tel Alfa­ma sind die Aus­sichts­punk­te San­ta Luzia und Por­tas do Sol, wäh­rend sich der Mira­dou­ro da Gra­ça“ hin­ter der Kir­che des alten Augus­ti­ner­klos­ters Gra­ça öff­net. Eine bes­se­re Tota­le des Häu­ser­meers gibt es nicht. Welch ein Großmosaik! 

Auf der ande­ren Fluss­sei­te wech­selt man die Per­spek­ti­ve um die Monu­men­tal­skulp­tur des Christ­kö­nigs, der neben der Brü­cke 25 de Abril mit aus­ge­brei­te­ten Armen über Lis­sa­bon wacht und Schutz ver­heißt. Die 28 Meter hohe Sta­tue steht auf einem gigan­ti­schen Sockel und wur­de inspi­riert durch jene über Rio de Janei­ro. Die Wei­he des Monu­ments 1959 drück­te auch sym­bo­lisch den Dank dafür aus, dass Por­tu­gal vom Zwei­ten Welt­krieg ver­schont geblie­ben war. Es ist ein Werk des Bild­hau­ers Fran­cis­co Fran­co de Sousa.

Der Papst lädt die Jugend der Welt ein

Am Christ­kö­nigs­fest, 20. Novem­ber 2022, fand der jähr­li­che diö­ze­sa­ne Welt­ju­gend­tag statt, zu dem Papst Fran­zis­kus eine Bot­schaft an jun­ge Pil­ge­rin­nen und Pil­ger geschrie­ben hat. Er lädt dar­in vom 1. bis 6. August 2023 zum XXXVII. inter­na­tio­na­len Welt­ju­gend­tag (WJT) nach Lis­sa­bon ein und betont, dass die Vor­be­rei­tun­gen und die Begeg­nun­gen vor Ort zu Ein­heit und Frie­den auf der Welt bei­tra­gen kön­nen. Ange­lehnt an das bibli­sche Mot­to Maria stand auf und mach­te sich eilig auf den Weg“ (vgl. Lk 1,39) schreibt er: Es ist an der Zeit, dass es bald wie­der zu kon­kre­ten Begeg­nun­gen kommt, zu einer wirk­li­chen Auf­nah­me derer, die anders sind als wir, wie es bei der jun­gen Maria und der älte­ren Eli­sa­beth geschah. Nur so kön­nen wir Distan­zen über­win­den – zwi­schen Gene­ra­tio­nen, zwi­schen sozia­len Schich­ten, zwi­schen Eth­ni­en, zwi­schen Grup­pen und Klas­sen aller Art – und sogar Krie­ge. Jun­ge Men­schen sind immer die Hoff­nung auf eine neue Ein­heit für die zer­split­ter­te und geteil­te Menschheit.“

Prä­g­na­ter Sakral­bau im Stadt­kern ist die Kathe­dra­le, kurz Sé genannt. Mit ihrer zin­nen­be­setz­ten Dop­pel­turm­fas­sa­de macht der Bau, der im 12. Jahr­hun­dert kurz nach Lis­sa­bons Rück­erobe­rung aus mau­ri­scher Hand begon­nen wur­de, einen wehr­haf­ten Ein­druck. Im Innern füh­ren geson­der­te Zutrit­te in den Kreuz­gang und die Schatz­kam­mer. Etwas unter­halb der Sé erhebt sich die spät­ba­ro­cke Kir­che San­to Antó­nio über dem Urgrund des Eltern­hau­ses von Anto­ni­us (um 1195 bis 1231). Hier wur­de der hei­li­ge Anto­ni­us gebo­ren“ ver­si­chert ein Hin­weis auch auf Deutsch am Kir­chen­zu­gang. Pfei­le lei­ten in die Kryp­ta, wo er das Licht der Welt erblick­te. Zehn Stu­fen füh­ren abwärts. Ein Kachel­bild erin­nert an den Besuch von Papst Johan­nes Paul II. im Jah­re 1982. Der Geburts­platz befin­det sich gegen­über der Holz­bank hin­ter dem Absperr­git­ter. Dort schaut man in einen Mini­raum mit einem Altar, dahin­ter auf eine ver­glas­te Nische mit einem Reli­qui­en­schrein. Die­ser soll ein Knö­chel­chen des Hei­li­gen ent­hal­ten. Gläu­bi­ge haben Blu­men hin­ter­las­sen, Mün­zen auf den Altar gewor­fen. Als Gaben sind hier schon Oli­ven­öl­fla­schen gesich­tet wor­den. Andäch­ti­ge Stil­le herrscht nicht immer. Manch­mal dringt das Gebim­mel einer Stra­ßen­bahn hinein.

2022 12 05 pb alb lissabon kloster Foto: Andreas Drouve
Lissabon: Das Hieronymitenkloster im Stadtteil Belém gibt neben vielen anderen Kirchenbauten Zeugnis von der christlichen Glaubenstradition des Landes, in dem etwa 85 Prozent der Bevölkerung der römisch-katholischen Kirche angehören.

Im Stadt­teil Belém stellt das Hie­ro­ny­mi­ten­klos­ter (Mos­tei­ro dos Jeró­ni­mos) die Kathe­dra­le in den Schat­ten. Es ist – eben­so wie der zum Schutz der Hafen­ein­fahrt an den Ufern des Tejo erbau­te Turm Belém – ein Mus­ter­bei­spiel der Manue­lik. Die­se umreißt die nach König Manu­el I. benann­te Deko­ra­ti­ons­kunst, die vol­ler Schnör­kel steck­te. Jene Epo­che, da der Mon­arch an der Macht war (14951521), deck­te sich mit den Pio­nier­ta­ten der por­tu­gie­si­schen See­fah­rer wie Vas­co da Gama. Bau­meis­ter und Bild­hau­er fan­den Anstö­ße zu Inspi­ra­tio­nen aus der Frem­de. Zu Stein geformt, ver­ban­den sie exo­ti­sche Ele­men­te wie Lotos­blu­men und Koral­len mit Tau­en, Ankern und dem Kreuz des Chris­tus­rit­ter­or­dens. Höhe­punk­te des Hie­ro­ny­mi­ten­klos­ters sind die über 300 Meter brei­te Fas­sa­de und der Kreuzgang. 

Allei­ne in Belém könn­te man sich einen Tag auf­hal­ten, noch die gehalt­vol­len Cremetört­chen Pas­té­is de Belém“ kos­ten und zum Ent­de­cker­denk­mal schlen­dern. Dar­über hin­aus bie­tet Lis­sa­bon eine Fül­le wei­te­rer Zie­le, so wie das Kas­tell São Jor­ge, das Kunst­mu­se­um Calous­te Gul­ben­ki­an und die Kir­chen San­ta Engrá­cia und São Dom­in­gos. Die Rui­nen des goti­schen Klos­ters Car­mo erin­nern ein­mal mehr an das tra­gi­sche Erd­be­ben 1755, der Auf­zug San­ta Jus­ta ist ein his­to­ri­sches Juwel. Ein Erleb­nis ist es auch, ein­mal Fado zu hören, den por­tu­gie­si­schen Blues, der einst hier ent­stand. Doch für alles dürf­te die Zeit neben­her am Welt­ju­gend­tag nicht rei­chen. Lis­sa­bon ist jeder­zeit eine Rei­se wert – und 3000 Stun­den im Jahr scheint die Sonne.

Text und Fotos: Andre­as Drouve

2022 12 05 pb alb lissabon entdeckerdenkmal Foto: Andreas Drouve
Lissabon: Eine weitere große Tradition Portugals ist die Seefahrt, von der das gewaltige Entdeckerdenkmal in Belém kündet.

Infos und Anmeldung zum Weltjugendtag

Die Anmel­dun­gen für den inter­na­tio­na­len Welt­ju­gend­tag in Lis­sa­bon sind ab sofort mög­lich. In Deutsch­land lau­fen bereits die ers­ten Vor­be­rei­tun­gen, um mög­lichst vie­len jun­gen Men­schen eine Teil­nah­me zu ermög­li­chen. Die Anrei­se der Pil­ge­rin­nen und Pil­ger aus Deutsch­land ist über­wie­gend mit dem Bus geplant, weil man aus Nach­hal­tig­keits­grün­den auf Flug­rei­sen ver­zich­ten möch­te. Ein­ge­la­den sind alle Inter­es­sier­ten zwi­schen 14 und 35 Jah­ren. Über den 37. Welt­ju­gend­tag in Lis­sa­bon infor­mie­ren die offi­zi­el­len Inter­net­sei­ten https://​www​.lis​boa2023​.org (Orga­ni­sa­ti­ons­bü­ro in Por­tu­gal) sowie https://​wjt​.de (Arbeits­stel­le für Jugend­seel­sor­ge der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz). Dort fin­det sich neben wei­te­ren Infor­ma­tio­nen zur Vor­be­rei­tung und Anmel­dung dem­nächst auch eine Über­sicht von Pil­ger­rei­sen, die von Bis­tü­mern, Ver­bän­den, Gemein­schaf­ten und Orden aus Deutsch­land vor­be­rei­tet werden.

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