Das glauben wir

Verstehst du, was du liest?

Redaktion am 29.07.2024

2024 07 29 pb alb andrea pichlmeier bibel Foto: privat
Dr. Andrea Pichlmeier hat es sich zur Aufgabe gemacht, mit Frauen und Männern die Bedeutung der Heiligen Schrift zu erkunden.

Zum Vortragen der Bibeltexte im Gottesdienst gehört neben der Kunst des Sprechens auch ein gewisses Verständnis der Texte. Darum kümmert sich Bibelreferentin Dr. Andrea Pichlmeier und bietet deshalb spezielle Lektorenkurse in den Pfarreien an.

Ver­stehst du auch, was du liest? Die­ser Satz aus der Apos­tel­ge­schich­te (8,30) ist zu einer Art Mot­to für mei­ne Arbeit mit Lek­to­ren und Lek­to­rin­nen gewor­den. Laut lesen kann doch jeder, mag der eine oder die ande­re den­ken, und die Tex­te ken­nen wir auch. Das stimmt. Aber wenn ich einen Tag oder auch nur zwei Stun­den mit Lek­to­ren und Lek­to­rin­nen ver­brin­ge, kommt es doch immer wie­der zu Aha-Erleb­nis­sen, sowohl, was das Lesen anbe­langt, als auch im Blick auf die bibli­schen Tex­te, denn die haben es in sich.

Die­se Erfah­rung macht auch der Äthio­pi­er im 8. Kapi­tel der Apos­tel­ge­schich­te, der eine Wall­fahrt nach Jeru­sa­lem unter­nom­men hat und nun, auf dem Heim­weg, in der Bibel liest. Er kommt zu der Stel­le bei Jesa­ja 53, wo es heißt: Wie ein Schaf, das zur Schlach­tung geführt wird, und wie ein Lamm, das vor sei­nem Sche­rer ver­stummt, so tut er sei­nen Mund nicht auf. In sei­ner Ernied­ri­gung wur­de sein Urteil auf­ge­ho­ben. Wer kann sei­ne Nach­kom­men auf­zäh­len? Denn sein Leben wird von der Erde weg­ge­nom­men.“ Man kann es dem Äthio­pi­er, der kein Jude, aber vom Juden­tum und dem Gott Isra­els fas­zi­niert ist, nicht ver­den­ken, dass ihm der Text Fra­gen auf­wirft. Fra­gen gibt es nicht nur zu die­ser Stel­le. Vie­le bibli­sche Tex­te nöti­gen zum genaue­ren Hin­schau­en. Die Bibel will befragt wer­den, und sie stellt ihrer­seits Fra­gen an ihre Leser. Sie erhebt den Anspruch, dass sie uns etwas angeht, denn die Erfah­run­gen, die in ihr ver­sam­melt sind, sind Got­tes-Erfah­run­gen. Sie erzäh­len davon, wie Gott im Leben von Men­schen und in der Geschich­te des Got­tes­vol­kes gegen­wär­tig ist. Sie erhe­ben den Anspruch, dass sie, wenn es Gott gibt, für alle Men­schen gelten.

Zugleich kommt die­ses Buch aus einer ande­ren Zeit und aus ande­ren Kul­tu­ren zu uns. Vie­les ist uns ver­traut und erweckt den Anschein, kei­ner Fra­ge mehr zu bedür­fen. Vie­le Wor­te leuch­ten tat­säch­lich unmit­tel­bar ein. Ande­re hin­ge­gen tun das nicht, und ich muss­te nach Got­tes­diens­ten schon oft hören: Kannst du uns erklä­ren, wie wir die­se Lesung zu ver­ste­hen haben? Du hast das doch stu­diert. Das habe ich, aber die Bibel ist natür­lich nicht in ers­ter Linie für Bibel­wis­sen­schaft­le­rin­nen geschrie­ben. Ande­rer­seits ist es im Juden­tum selbst­ver­ständ­lich, dass man als erwach­se­ner Glau­ben­der die Schrift stu­diert. Man sucht sich einen Leh­rer oder eine Leh­re­rin und erkun­det mit ihnen die Bedeu­tung der Schrift.

Die­se Auf­ga­be ist in der Diö­ze­se Pas­sau dem Bibel­re­fe­rat zuge­fal­len. Als Bibel­re­fe­ren­tin habe ich die Auf­ga­be, mit ande­ren zusam­men die Bedeu­tung der Hei­li­gen Schrift zu erkun­den bzw. Impul­se zu geben, wie das gesche­hen kann. Dafür gibt es vie­le Mög­lich­kei­ten. In vie­len Pfar­rei­en gibt es Bibel­krei­se, in denen Men­schen über die Bibel ins Gespräch kom­men. Man kann die Bibel aber auch spie­le­risch erkun­den, wie etwa im Biblio­dra­ma oder im Biblio­log. Man kann sie betend lesen, in der soge­nann­ten Lec­tio divina, der geist­li­chen Schrift­le­sung. Man kann sie in einen Ruck­sack packen und mit ihr wan­dern gehen oder sich mit ihr auf Pil­ger­rei­se ins Hei­li­ge Land bege­ben, dort­hin, wo die Bibel zu Hau­se ist. 

Die meis­ten Men­schen aber kom­men mit der Bibel im Got­tes­dienst in Berüh­rung, und das war schon immer so. Dar­um kommt den Lek­to­ren und Lek­to­rin­nen eine so wich­ti­ge Auf­ga­be zu, die nicht ein­fach dar­in besteht, einen Text vor­zu­le­sen. Der Lek­to­ren­dienst ist ein lit­ur­gi­scher Dienst, für den man, ähn­lich wie für den Dienst von Kom­mu­ni­on­hel­fern, eine Ein­füh­rung und Beauf­tra­gung erhält. Oft erfolgt das vor Ort, in der eige­nen Pfar­rei, es besteht aber auch die Mög­lich­keit, an einem zen­tra­len Lek­to­ren­kurs teil­zu­neh­men. Sol­che Kur­se wer­den vom Bibel­re­fe­rat ein­mal im Jahr in Pas­sau ange­bo­ten und ste­hen allen offen, die vor Ort kei­ne Mög­lich­keit dazu haben. 

Weil ich aber fest­ge­stellt habe, dass die Reso­nanz umso grö­ßer ist, je näher ein Kurs am eige­nen Wohn­ort statt­fin­det (am liebs­ten im eige­nen Pfarr­ver­band), möch­te ich auch die­ses Ange­bot bekannt­ma­chen: Ich kom­me gern zu einem Lek­to­ren­kurs in Ihre Pfar­rei bzw. Ihren Pfarr­ver­band. Das kann ein Tag sein, ein hal­ber Tag, ein Abend. Es ist in zwei Stun­den viel mög­lich, man kann aber auch eine län­ge­re Zeit mit­ein­an­der ver­brin­gen, ohne dass es lang­wei­lig wird. Dabei ist es schön, auch mit­ein­an­der zu essen und ins Gespräch zu kom­men, Fra­gen zu stel­len: zu den bibli­schen Tex­ten, aber auch zur Lit­ur­gie und der Rol­le des Lek­tors bzw. der Lek­to­rin. Wer das wünscht, erhält eine Teil­nah­me­be­schei­ni­gung, die auch als Grund­la­ge für eine offi­zi­el­le Beauf­tra­gung gel­ten kann. Und wenn etwas mehr Zeit ein­ge­plant wird, ist auch ein Lese­trai­ning mög­lich mit Hin­wei­sen, wie man den Vor­trag noch ver­bes­sern kann.

Damit sei eine herz­li­che Ein­la­dung aus­ge­spro­chen: Wenn Sie als Pfar­rer, Haupt- oder Ehrenamtliche(r) vor Ort einen Kurs für Lektor/​innen orga­ni­sie­ren möch­ten, als Aus- oder Fort­bil­dung, oder im Rah­men eines Begeg­nungs­ta­ges für Lit­ur­gi­sche Diens­te, rufen Sie an oder schrei­ben Sie ans Bibel­re­fe­rat: 0851 3935150, E‑Mail: Andrea.​Pichlmeier@​bistum-​passau.​de. Ich freue mich dar­auf, mit Ihnen die Schrift zu erkunden.

Dr. Andrea Pichlmeier

Dr. Andrea Pichlmeier

Leiterin Referat Bibelpastoral und Studienleiterin von "Theologie im Fernkurs" in der Diözese Passau

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