
Spätestens wenn das Wallfahrtsleben in Altötting wieder an Schwung gewinnt, werden viele Gläubige, Pilger und Besucher wohl ein allgegenwärtiges Gesicht der Kirche vor Ort vermissen: Der langjährige Diakon Thomas Zauner (54) ist zum Jahresende ausgeschieden. Wir haben mit ihm über Beruf und Berufung, über Gutes und Schlechtes gesprochen.
Lieber Thomas Zauner, Sie sind seit 18 Jahren Diakon – zunächst zehn Jahre im Nebenberuf und seit September 2014 im Hauptberuf. Eine lange Zeit: Mehr Beruf oder Berufung?
Diakon Zauner: Ich denke für jede dauerhafte Tätigkeit, die man gerne macht, gilt, dass es eine Berufung ist. Und ich denke auch, dass zudem Gott Menschen für viele unterschiedliche Tätigkeiten beruft. Bei einer geistlichen Berufung ist es vielleicht noch etwas weiter, weil man viel radikaler von Gott in den Dienst genommen wird. Für mich kann ich sagen, dass wohl im Vorfeld viel unterbewusst gegangen ist, weil dann das Ja-sagen sehr schnell ging. Meine Frau hat hier als Werkzeug Gottes gewirkt, weil sie den Rahmen für alles Tun gegeben hat.
Diakon heißt übersetzt „Diener, Helfer, Bote“. Fangen wir mit dem ersten an: Wem haben Sie vor allem gedient?
Diakon Zauner: Auf der Hand liegt wohl der Dienst für die Gottesmutter. Aber eigentlich ist es der Dienst am Herrn in Gestalt seiner Brüder und Schwestern, der mir am wichtigsten ist.
Auch das Helfen lag Ihnen immer am Herzen, nicht nur im geistlichen Amt. Nebenberuflich beraten Sie Menschen und Unternehmen nach dem Motto „Wert und Sinn“. Was wollen Sie Ihren Kunden in erster Linie mitgeben?
Diakon Zauner: Hier geht es vor allem um Problemfelder, die über den seelsorglichen Bereich hinausgehen und sich im psychischen Bereich festmachen. Manche tun sich schwer, einen Begleiter bei solchen Erkrankungen zu finden, der auch die religiöse und geistliche Dimension des Heilungsprozesses mitdenkt.
Drittens waren Sie all die Jahre ein Bote, überbrachten Menschen die Frohe Botschaft des Evangeliums in Gottesdiensten, Gesprächen und unzähligen Einbegleitungen von Wallfahrtsgruppen über den Kapellplatz hin zu Unserer Lieben Frau. Haben Sie das Gefühl, dass die Menschen noch empfänglich sind für die christliche Botschaft?
Diakon Zauner: Es scheint so zu sein, dass in herausfordernd werdenden Zeiten die Botschaft Christi mehr Menschen trifft, da sie ja selbst sehr fordernd ist. Wie kann man „liebe deine Feinde“ gerade jetzt richtig denken. Das Problem ist, glaube ich, nicht die Botschaft, die gefragter ist denn je. Das Problem ist die Kommunikation zwischen Boten und Empfängern.

Man kann Sie mit Fug und Recht als Tausendsassa im kirchlichen Leben von Altötting bezeichnen: neben den „gewöhnlichen“ Aufgaben als Diakon waren Sie lange Jahre Geschäftsführer bzw. Vorstand des Kinderhilfswerks der Kapuziner SLW, sind bis heute im Vorstand der SLW Ugandahilfe e.V., Sie haben die Pilgerbetreuung am Gnadenort mit aufgebaut, Sie gehören zum Organisationsteam des Adoratio-Kongresses etc. etc. Eigentlich unvorstellbar, dass Sie nun gehen … Was waren die ausschlaggebenden Gründe? Wie können die Lücken, die Sie hinterlassen, geschlossen werden?
Diakon Zauner: Die Lücken zu schließen, werden andere sicher schaffen. Der Wechsel des Dienstortes hat zwei Gründe. Zum einen mehr auf die Gesundheit zu schauen und jetzt auch in der Sabbatzeit in Ruhe zurückzuschauen und neues in den Blick zu nehmen. Nach den fordernden Jahren in der Stiftung SLW ging es nahtlos in Pfarrei und Wallfahrt weiter. Zum anderen ist es einfach nach 16 Jahren Dienst in Altötting Zeit (zuvor zwei Jahre in Egglham, d. Red.), noch einmal an einem anderen Ort Dienst zu tun. In seinem Gedicht Stufen schreibt Hesse unter anderem: „Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise, und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen. Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise, mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.“
In all den Jahren als Diakon in Altötting: Was waren Ihre schönsten Erlebnisse, was hat Sie am meisten berührt – und was war weniger schön?
Diakon Zauner: Viele einzelne Begegnungen waren sehr berührend und tief. Ein „Highlight“ war sicher der Adoratio Kongress und die Begegnung mit ganz Vielen. Hier möchte ich vor allem David Craig von „Adoration for Vocation“ nennen. Alle Arten von Verwaltung des „geheimnisvollen Leibes Christi“, also der Kirche, sind weniger schön für mich. Aber es braucht auch die „Mechanik des Wunders“.
Sicher fällt auch eine Last mit dem verantwortungsvollen Amt in Altötting ab. Doch auch am neuen Einsatzort müssen Sie sich erst einarbeiten. Wissen Sie schon, wo es hingeht und welche Aufgaben Sie erwarten?
Diakon Zauner: Ich weiß nur, dass ich in der Nähe bleiben werde. Wo genau wird sich die nächsten Wochen zeigen.

Die Kirche liegt Ihnen am Herzen, die Kirche steht seit einigen Jahren stark im Feuer. Was könnte helfen, was müsste sich vielleicht ändern, damit Kirche bei uns eine gute Zukunft zum Wohl der Menschen hat?
Diakon Zauner: Ich würde mal sagen, die Kirche sollte auf das hören, was Papst Benedikt ihr beim Deutschlandbesuch gesagt hat. Die Kirche muss aufhören, gesellschaftlich relevant sein zu wollen und dafür den Preis der Verweltlichung zu zahlen.
Welche Pläne haben Sie für Ihre Auszeit, was macht der Privatmensch Thomas Zauner gerne in seiner Freizeit?
Diakon Zauner: Ich habe keine großen Pläne. Ich werde einmal die Woche einen Auszeittag nehmen. Ansonsten gibt es viel an Lesestoff nachzuholen. Ich werde gemeinsam mit meiner Frau das tun, was wir immer gern tun, mit den Hunden viel draußen zu sein.
Abschließend: Was möchten Sie unseren Leserinnen und Lesern, die dem Gnadenort so verbunden sind, mit auf den Weg geben für das neue Jahr, und überhaupt?
Diakon Zauner: Die Verbundenheit mit Maria führt, auch ohne viele Worte, immer zu Jesus Christus.

Wolfgang Terhörst
Redaktionsleiter