Bistum

„Diakon und Caritas – das passt“

Redaktion am 04.11.2024

2024 11 04 pb alb konrad niederlaender Foto: Caritas
Diakon Konrad Niederländer wird am 15. November offiziell bei der Caritas verabschiedet.

Diakon Konrad Niederländer hat den Passauer Diözesan-Caritasverband in den letzten Jahren mitgeprägt, von 2010 bis 2016 als Vorsitzender des Aufsichtsrates und seit 2016 als Bischöflich Beauftragter und Vorstand. Am 1. Januar 2025 tritt der 65-Jährige seinen Ruhestand an, am 15. November wird er offiziell verabschiedet. Im Interview zieht er Bilanz.

Herr Nie­der­län­der, mit all Ihren beruf­li­chen Erfah­run­gen, wel­chen Rat­schlag geben Sie Ihrem Nach­fol­ger Ste­fan Sei­de­rer mit auf den Weg?
Nie­der­län­der:
Ich wür­de ihm raten, dass er alles mit Bedacht angeht. Er ist ein Insi­der, er kennt den Ver­band sehr gut, aber hat doch vie­le neue Auf­ga­ben­ge­bie­te. Da rate ich ihm, sich Schritt für Schritt in die neue Auf­ga­be hin­ein­zu­fin­den. Er ist beglei­tet von vie­len tol­len Kol­le­gen und Füh­rungs­kräf­ten, da kann er, glau­be ich, mit aller Ruhe die Auf­ga­be angehen.

Wie sieht Ihre per­sön­li­che Bilanz aus, wenn Sie auf Ihre Zeit bei der Cari­tas zurück­schau­en?
Nie­der­län­der:
Aus heu­ti­ger Sicht wür­de ich sagen, dass ich noch sehr gute Jah­re erlebt habe, was die wirt­schaft­li­che Ent­wick­lung betrifft, aber auch in Bezug auf die Situa­ti­on der Kir­che. Ich habe die Kir­che sehr pra­xis­nah erlebt, als Cari­tas, und bli­cke mit gro­ßer Dank­bar­keit zurück. Wir hat­ten her­vor­ra­gen­de wirt­schaft­li­che Ergeb­nis­se, viel Sta­bi­li­tät in unse­ren Ein­rich­tun­gen und auch eine gro­ße per­so­nel­le Sta­bi­li­tät. Jetzt for­dert uns der Per­so­nal- und Fach­kräf­te­man­gel. Ich schaue mit Dank­bar­keit auf die­se Jah­re zurück und wün­sche mei­nem Nach­fol­ger eine glück­li­che Hand für die kom­men­den Herausforderungen.

Sie sagen es selbst, es kom­men wahr­schein­lich schwie­ri­ge Zei­ten auf die Cari­tas zu. Was sind denn die größ­ten Her­aus­for­de­run­gen?
Nie­der­län­der:
Zu den größ­ten Her­aus­for­de­run­gen zählt auf jeden Fall der Per­so­nal- und Fach­kräf­te­man­gel. Den spü­ren wir in allen Berei­chen – in der Pfle­ge, in den Kin­der­ta­ges­stät­ten, aber auch in der Ver­wal­tung. Das zwei­te ist die wirt­schaft­li­che Sor­ge. Wir sind sehr abhän­gig von staat­li­chen För­der­gel­dern. Zur­zeit kann man fast täg­lich lesen, dass der Bezirk Nie­der­bay­ern und die Kom­mu­nen klamm sind, die Kas­sen leer und Finan­zie­rungs­lü­cken bestehen. Ich habe gro­ße Sor­ge, dass es zukünf­tig schwie­ri­ger wird, all unse­re Diens­te auf­recht­zu­er­hal­ten und zu finan­zie­ren. Das drit­te ist viel­leicht, was mir auch sehr wich­tig war: das Pro­fil unse­rer Ein­rich­tun­gen. Stich­wort Grund­ord­nung, die sich ja, Gott sei Dank, ver­än­dert und geöff­net hat, sodass die Lebens­si­tua­ti­on der ein­zel­nen Mit­ar­bei­ter jetzt kei­ne gro­ße Rol­le mehr spielt. Aber das Pro­fil der Ein­rich­tung wird umso wich­ti­ger. Da bleibt die Sor­ge: Blei­ben wir wei­ter­hin Cari­tas als Teil der Kir­che? Sind wir wei­ter­hin sicht­bar? Ich glau­be, das ist auch eine gro­ße gesell­schaft­li­che Herausforderung.

Sie waren mit­ver­ant­wort­lich für ins­ge­samt 4000 Mit­ar­bei­ter. Wie sehen Sie die­se Ver­ant­wor­tung? War das eher eine Last oder eine Her­aus­for­de­rung und Chan­ce für Sie?
Nie­der­län­der:
Bei­des. So eine gro­ße Orga­ni­sa­ti­on mit über 160 Ein­rich­tun­gen ist eine rie­si­ge Her­aus­for­de­rung. Per­so­nal­an­ge­le­gen­hei­ten sind oft sehr belas­tend. Kaum ein Tag ver­geht ohne irgend­ein Per­so­nal­pro­blem – und das for­dert natür­lich her­aus. Ande­rer­seits haben wir sehr hoch­qua­li­fi­zier­te, gute Mit­ar­bei­ter und Füh­rungs­kräf­te, mit denen zusam­men es sehr gut hand­hab­bar war. Der Mensch steht im Mit­tel­punkt, auch unse­re Mit­ar­bei­ter bei unse­ren Diens­ten. Inso­fern war es eine schö­ne Auf­ga­be und für mich eine schö­ne Ver­ant­wor­tung, dafür zustän­dig zu sein.

Dia­kon bleibt man ein Leben lang. Das wer­de ich auch ger­ne wei­ter aus­üben, soweit es zeit­lich mög­lich ist und vor Ort auch gewünscht wird.”

Diakon Konrad Niederländer

Es war für Sie immer wich­tig, Teil der Kir­che zu sein. Was hat Sie ange­trie­ben, was moti­viert Sie, und wel­che Rol­le spielt dabei Ihr per­sön­li­cher Glau­be?
Nie­der­län­der:
Ja, mein Glau­be war viel­leicht auch die Grund­la­ge für die­se Ent­schei­dung und mei­nen Weg. Ich kom­me aus einer sehr katho­li­schen Fami­lie, war von klein auf in der Kir­che aktiv – als Minis­trant und spä­ter auch in ver­schie­de­nen Diens­ten. Die Wei­he zum Dia­kon war noch mal ein ein­schnei­den­des Ereig­nis. Ich war immer schon ger­ne in der Kir­che tätig und habe mich dabei auch immer erfüllt gefühlt. Es ist eine inne­re Glau­bens­über­zeu­gung – und inso­fern war es für mich sehr stim­mig: Dia­kon und Cari­tas, das hat gut gepasst.

Sie sind Dia­kon, was Hel­fer, Bote, Die­ner bedeu­tet. Wo sahen Sie Ihre per­sön­li­che Mis­si­on, Ihre per­sön­li­che Auf­ga­be?
Nie­der­län­der:
Ich war als Dia­kon im Zivil­be­ruf zunächst sehr stark in die Pfar­rei ver­or­tet. Mit der Auf­ga­be in der Cari­tas hat das noch mal eine ande­re Dimen­si­on bekom­men. Aber auch da war mir wich­tig, das Dia­ko­ni­sche mit ein­zu­brin­gen. Wir haben ja die Gemein­de­ca­ri­tas noch mal sehr gestärkt, auch die Ver­bin­dung der Cari­tas in den pas­to­ra­len Raum hin­ein. Wir hat­ten in die­sen Jah­ren die gro­ße Her­aus­for­de­rung, die Über­nah­me der Kin­der­gär­ten in die Orga­ni­sa­ti­on der Cari­tas zu stem­men. Das war mir sehr wich­tig, denn für mich ist die Kin­der­ta­ges­stät­te ein wert­vol­ler Kirch­ort, wo man wun­der­bar alle antrifft – Kin­der, jun­ge Eltern. Und ich mei­ne, dass die pas­to­ra­len Mit­ar­bei­ter drau­ßen viel mehr die Kitas im Blick haben sollten.

Sie wer­den auch als Dia­kon wei­ter­ar­bei­ten, auch wenn Sie bei der Cari­tas in den Ruhe­stand gehen?
Nie­der­län­der:
Ja, Dia­kon bleibt man ein Leben lang. Das wer­de ich auch ger­ne wei­ter aus­üben, soweit es zeit­lich mög­lich ist und vor Ort auch gewünscht wird. 

Sie sind auch im Rit­ter­or­den vom Hei­li­gen Grab zu Jeru­sa­lem sehr aktiv. Was sind dort Ihre Auf­ga­ben?
Nie­der­län­der:
Ja, da bin ich seit vie­len Jah­ren Mit­glied und auch fast acht Jah­re lei­ten­der Kom­tur. Das heißt, ich bin ver­ant­wort­lich für die­se Gemein­schaft in unse­rem Bis­tum. Da endet mei­ne Amts­zeit im Som­mer nächs­ten Jah­res, und eine Ver­län­ge­rung ist nicht mög­lich. Dass das eine sehr wert­vol­le Gemein­schaft ist – vor allem mit Blick ins Hei­li­ge Land –, das spü­ren wir gera­de jetzt. Mit den Gescheh­nis­sen im Liba­non sehen wir, wie wert­voll und wich­tig es ist, das Hei­li­ge Land und die Chris­ten dort zu unterstützen.

Noch mal zurück zur Cari­tas. Die Cari­tas-Samm­lun­gen wur­den durch Coro­na auf eine har­te Pro­be gestellt. Hat sich das wie­der nor­ma­li­siert, konn­te man das irgend­wie auf­fan­gen?
Nie­der­län­der:
Durch Coro­na sind die Samm­lun­gen ja gänz­lich ein­ge­bro­chen, und das hat sich auch nicht mehr erholt. Das liegt aber auch dar­an, dass vie­le Samm­le­rin­nen und Samm­ler aus Alters­grün­den nach und nach auf­hö­ren und wir uns schwer tun, jün­ge­re zu fin­den, die die­se Auf­ga­be über­neh­men. Wir sind vie­ler­orts über­ge­gan­gen zu Haus­brief­samm­lun­gen, das heißt, wir schrei­ben die Leu­te vor Ort an und bit­ten um Spen­den­über­wei­sun­gen. Es sind zwar deut­lich weni­ger Men­schen, die jetzt spen­den, aber die­je­ni­gen, die über­wei­sen, spen­den in der Regel höhe­re Beträ­ge, als sie es viel­leicht an der Haus­tür getan hät­ten. Somit ist das Spen­den­auf­kom­men immer noch rela­tiv gut, aber ins­ge­samt rückläufig.

Wenn Sie schon ein biss­chen vor­aus­bli­cken: Was bringt denn der Ruhe­stand für Sie?
Nie­der­län­der:
Erst ein­mal Ent­span­nung und Ruhe. Mei­ne Frau ist schon drei Jah­re in der Frei­stel­lungs­pha­se und im Ruhe­stand. Da freue ich mich auf gemein­sa­me Zei­ten, gemein­sa­me Unter­neh­mun­gen. Wir haben drei Kin­der und sechs Enkel­kin­der, und ich freue mich dar­auf, Zeit mit der Fami­lie zu ver­brin­gen, die in den letz­ten Jah­ren und Jahr­zehn­ten doch oft zurück­ste­cken musste.

Gibt es noch Träu­me, die Sie sich unbe­dingt erfül­len möch­ten?
Nie­der­län­der:
Gesund­heit ist mei­ne gro­ße Hoff­nung. Die war mir in der Ver­gan­gen­heit geschenkt, und ich bin dem Herr­gott unend­lich dank­bar, dass ich in über 40 Dienst­jah­ren kei­nen ein­zi­gen Krank­heits­tag hat­te. Inso­fern hof­fe ich sehr, dass mir das wei­ter­hin geschenkt bleibt. Ich will die Zeit genie­ßen: mehr Ruhe, mehr Ent­span­nung. Ich rei­se ger­ne, und mei­ne Kin­der sind immer wie­der im Aus­land gewe­sen. Das gibt immer wie­der Anrei­ze, mit­zu­rei­sen, und da hof­fe ich, dass uns noch viel Zeit geschenkt wird.

Wolfgang krinninger

Wolfgang Krinninger

Chefredakteur

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