
Weit über tausend Jugendgottesdienste hat der Initiativkreis Junge Wallfahrt Altötting (IK) in seiner 37-jährigen Geschichte veranstaltet – nun, am 4. September, nahm er mit einem Dank-Gottesdienst in der St. Konrad-Kirche Abschied. Aber: es ist noch nicht ganz vorbei.
Denn auch wenn sich der IK offiziell aufgelöst hat, einige der vielen von ihm initiierten Veranstaltungen (siehe dazu auch Bericht in der Ausgabe Nr. 32/33, S. 16) sollen bestehen bleiben: dies betrifft die seit 2003 stattfindende große Biker-Wallfahrt auf dem Kapellplatz, zu der auch heuer am 25. September wieder über 1000 Teilnehmer erwartet werden; außerdem die jährliche Wallfahrt von Altötting nach Parzham; drittens und vor allem die sehr beliebten Jugendgottesdienste, die zumindest in unregelmäßigen Abständen weiterhin stattfinden sollen. So zumindest kündigten dies sowohl die beiden Kapuzinerpatres Br. Andreas Kaiser und Br. Georg Greimel sowie auch einzelne Mitglieder des IK an. Nur eben nicht mehr mit dem IK, sondern mit den Kapuzinern als offiziellen Veranstaltern; und eben nicht mehr jeden Sonntag bzw. einmal im Monat im Winter, sondern nur vereinzelt. Br. Georg formulierte es in seiner Predigt so: Der IK habe die Kirche „interessanter, offener und ansprechender“ gemacht und daher „machen wir hier keinen Punkt, sondern einen Gedankenstrich“. Hauptzelebrant Br. Andreas empfahl, bei Jugendgottesdiensten auf entsprechende Ankündigungen im Internet und in Zeitungen zu achten.

Dass vor allem bei der letzten Ankündigung viele aufatmen werden, bestätigte dieser Dank-Gottesdienst in der St. Konradkirche, der, wie sonst auch die Jugendgottesdienste im Kongregationssaal, überaus gut besucht war. Nicht alle Teilnehmer bekamen einen Sitzplatz.

Und wie sonst auch beeindruckte der Gottesdienst mit einer sehr schwungvollen und bewegenden musikalischen Gestaltung durch die Gruppe „Weizenkorn“ aus Wasserburg. Das „Neue Geistliche Lied“, groß geworden vor allem in den 1980er-Jahren als auch der IK entstanden war, war das große Aushängeschild der Jugendgottesdienste. Sehr viele christliche Musikgruppen aus der Region waren im Laufe der 37 Jahre aufgetreten und hatten sowohl junge als auch jung-gebliebene Gläubige aus der Region und auch Wallfahrer angelockt.
Impressionen
Fotos: Roswitha Dorfner
Und wie sonst auch forderte dieser Dank-Gottesdienst zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der katholischen Kirche heraus. Vier IK-Mitglieder blickten auf die Beweggründe für ihr Engagement zurück und sprachen dabei auch Punkte an, die schon lange kritisiert werden und die auch gerade jetzt im Zusammenhang mit dem Reformprozess in der Kirche (Synodaler Weg) aktuell sind. Stichwort Offenheit: Tommy Werner etwa zeichnete das Bild einer Kirche, die die Mauern immer höher baue und die Wege immer enger mache – gerade hier brauche es kritische Initiativen wie den IK, die Öffnungen in dieser Mauer pflege. Günter Wewerka drückte dies so aus: „Ich wünsche mir, dass wir weiter an einer Kirche bauen, die auf die Menschen eingeht und die die Gesellschaft ernst nimmt und die bescheiden und gütig zu sich selbst ist (…) mehr vom Geist getragen als von der Folklore.“ Rosi Angermann sprach von einem „religiösen und sozialen Zuhause“, in dem in erster Linie der Mensch als Mensch und nicht etwa dessen Familienstand zähle und in dem das Evangelium zeitgemäß und verständlich übersetzt werde. Stichwort „Wiederverheiratet Geschiedene“: hier betonten vor allem Wewerka und Angermann, wie wichtig es sei, ohne Vorurteile angenommen zu werden. Br. Georg sagte dazu: „Wiederverheiratet Geschiedene haben hier eine Heimat gefunden und das ist auch für uns Kapuziner wichtig.“ Ganz bewusst hätten sie darauf verzichtet, Menschen aus der Eucharistie auszuschließen. Br. Georg zitierte Papst Franziskus, der davon sprach, dass „die Eucharistie nicht eine Belohnung für die Vollkommenen, sondern ein großzügiges Heilmittel und eine Nahrung für die Schwachen“ sei (vgl. Lehrschreiben „Amoris Laetitia“). Br. Georg resümierte: „Die Kirche ist bunt und vielfältig – man darf sie nicht zu eng sehen.“

Bunt und vielfältig soll die Kirche in den Jugendgottesdiensten auch weiterhin bleiben, zumindest in unregelmäßigen Abständen. Bereits eingangs hatte Br. Andreas über ein Missverständnis aufgeklärt, das durch Leserbriefe in der lokalen Zeitung entstanden sei: diese hätten den Eindruck erweckt, der IK sei „von der Amtskirche abgewürgt worden“ – „dem war nicht so“, betonte Br. Andreas. Es sei vielmehr so, dass dem IK nach den vielen Jahren „die Luft ausgegangen“ sei – „und dann hat uns Corona den Rest gegeben“. Für eine regelmäßige Organisation und Vorbereitung von Jugendgottesdiensten fehlen genügend engagierte Kräfte. Für einzelne Gottesdienste stehen jedoch ehemalige IK-Mitglieder gerne bereit, wie vor allem Georg Angerbauer in seinem Rückblick betonte. Der Resonanz am Kirchenbesuch nach zu urteilen, wird dieses Angebot auch in Zukunft gerne angenommen werden.

Michael Glaß
Redakteur