Bistum

Da sein, wenn es in Familien brennt

Redaktion am 22.07.2021

IMG 20210721 WA0004 Foto: Uschi Friedenberger
Der kleine Julian hat viel Spaß beim Toben auf dem Spielplatz mit der Familienpflegerin, die mit Herzblut bei Familien in Notlagen hilft.

Die Damen vom Familienpflegewerk sind bei Notlagen zur Stelle – Wie unterstützt die Kirche diese wichtige Einrichtung? Und wie kommen Familien im Notfall an die Hilfe?

Manch­mal geht es ganz schnell, dass eine Fami­lie in eine gro­ße Not­la­ge gerät. Im Fall der Fami­lie Hof­bau­er (Namen von der Redak­ti­on geän­dert) war es so, dass Papa Mar­kus die nie­der­schmet­tern­de Dia­gno­se einer schwe­ren Krank­heit erhielt. Wer soll­te sich nun in der Zeit, in der die Mama halb­tags arbei­tet, um die drei Kin­der (1, 4 und 7 Jah­re) küm­mern? Der Papa kam qua­si lie­gend aus dem Kran­ken­haus, hat immer noch vie­le Behand­lun­gen, ist aber Gott sei Dank auf dem Weg der Bes­se­rung. Den klei­nen ein­ein­halb­jäh­ri­gen Juli­an darf er aber immer noch nicht heben. Ab Herbst hofft der selbst­stän­dig arbei­ten­de Fami­li­en­va­ter, die Kin­der wie­der selbst ver­sor­gen zu kön­nen, wenn sei­ne Frau arbeitet.

Wenn eine Fami­lie eine solch schwie­ri­ge Pha­se durch­läuft, braucht sie Hil­fe. Bei Fami­lie Hof­bau­er ist Fami­li­en­pfle­ge­rin Alex­an­dra Pfaf­fin­ger (45) der Ret­tungs­an­ker in die­ser Not­la­ge. Mon­tag­mor­gen um 8 Uhr: Die Fami­li­en­pfle­ge­rin kommt gut gelaunt in das gemüt­li­che Heim der Fami­lie. Sofort beginnt sie mit Auf­räum­ar­bei­ten. Denn die Spül­ma­schi­ne ist gera­de fer­tig. Küche und Ess­tisch ste­hen noch voll mit Früh­stücks­ge­schirr. Der Klei­ne weint, weil die Mama jetzt zur Arbeit geht und muss abge­lenkt werden.

Das ist sehr wich­tig, dass die Kin­der gern bei mir blei­ben, damit die Mama den Kopf frei hat für die Arbeit. Wo sind eure Kap­pen und die Sonnencreme?”

Alexandra Pfaffinger

Weil Alex­an­dra Pfaf­fin­ger nun schon drei Mona­te in die­ser Fami­lie ist, hat sich der Jüngs­te in der Fami­lie inzwi­schen an sie gewöhnt, ist auf­fal­lend anhäng­lich. Lie­be­voll hält sie den klei­nen Blond­schopf im Arm. Das ist sehr wich­tig, dass die Kin­der gern bei mir blei­ben, damit die Mama den Kopf frei hat für die Arbeit“, stellt Alex­an­dra Pfaf­fin­ger fest. Wo sind eure Kap­pen und die Son­nen­creme?“ fragt die Fami­li­en­pfle­ge­rin in die Run­de. Denn gleich geht es an die­sem schö­nen Som­mer­tag auf den nahe­ge­le­ge­nen Spiel­platz, zum Aus­po­wern. Der vier­jäh­ri­ge Flo­ri­an geht zur Zeit nicht in den Kin­der­gar­ten, um wäh­rend der Gene­sungs­zeit des Vaters kei­ne Krank­heits­er­re­ger mit heim zu brin­gen. Auf dem Weg zum Spiel­platz sucht der Vier­jäh­ri­ge am Weges­rand vier­blätt­ri­ge Klee­blät­ter, balan­ciert Mau­ern ent­lang und natür­lich hat er Alex­an­dra Pfaf­fin­ger viel zu erzäh­len. Eine Stun­de und vie­le lus­ti­ge Schau­kel- und Klet­ter­ein­hei­ten spä­ter geht‘s zurück nach Hause.

Die vier Einsatzstationen im Bistum Passau sind:

Landkreis Passau

Judith Zimmermann, Tel. 08573/9687715

Landkreis Freyung-Grafenau

Irmgard Weinrauch, Tel. 08555/4075673

Landkreis Rottal-Inn

Ingrid Noneder, Tel. 0176/70058907

Landkreis Altötting

Franziska Rauschecker, Tel. 08671/884887

Dort kann Alex­an­dra Pfaf­fin­ger ihre Auf­ga­ben wie Waschen, Sau­gen, Wischen noch fer­tig machen und das Mit­tag­essen kochen. Inzwi­schen ist auch der Papa von einer Behand­lung heim gekom­men und betont die Bedeu­tung der Fami­li­en­pfle­ge­rin: Ohne die­se Hil­fe wär‘s zur Zeit unmög­lich. Ich darf ja noch nicht mal den Klei­nen hoch­he­ben. Nach die­ser unglaub­lich nie­der­schmet­tern­den Dia­gno­se und vie­len Behand­lun­gen mit Che­mo­the­ra­pie, die sich nie­mand wünscht, läuft es jetzt aber schon sehr gut. Ich habe einen Plan und wer­de im Herbst dann hof­fent­lich wie­der alle ver­sor­gen können.“

Ohne die­se Hil­fe wär‘s zur Zeit unmög­lich. Ich darf ja noch nicht mal den Klei­nen hoch­he­ben. Nach die­ser unglaub­lich nie­der­schmet­tern­den Dia­gno­se und vie­len Behand­lun­gen mit Che­mo­the­ra­pie, die sich nie­mand wünscht, läuft es jetzt aber schon sehr gut. Ich habe einen Plan und wer­de im Herbst dann hof­fent­lich wie­der alle ver­sor­gen können.”

Nach dem Vor­mit­tag in die­ser Fami­lie geht es für Alex­an­dra Pfaf­fin­ger im oran­gen Fami­li­en­pfle­ge­werk-T-Shirt wei­ter zum nächs­ten Ein­satz, eine syri­sche Fami­lie. Zur Zeit küm­mert sich die Fami­li­en­pfle­ge­rin zudem um eine älte­re Dame, die sich die Hüf­te gebro­chen hat und eben­falls Hil­fe im Haus­halt braucht. An ande­ren Tagen ist sie bei einer Fami­lie mit fünf Kin­dern, wo der Papa psy­chisch krank ist und die Mama und die Kin­der schwer trau­ma­ti­siert für 13 Wochen in eine Kli­nik kamen. Jetzt sind sie wie­der zu Hau­se und benö­ti­gen ein­fach noch Unter­stüt­zung im All­tag“, erklärt Alex­an­dra Pfaf­fin­ger. Die Kin­der brau­chen eine Per­son, die ihnen Halt und Zuver­läs­sig­keit gibt. Die Mut­ter bekommt Unter­stüt­zung im Haus­halt und jemand zum Reden, der ihr Hoff­nung schenkt und den Glau­ben, dass es irgend­wann auch wie­der bes­ser wird. Dort hole ich meis­tens zwei­mal pro Woche die Kin­der vom Kin­der­gar­ten und blei­be bis etwa 19 Uhr, bis die Klei­nen bett­fer­tig sind.“

Die Arbeit der Fami­li­en­pfle­ge­rin­nen ist also ein wei­tes Feld. Sie erle­ben in den Fami­li­en schwe­re Krank­hei­ten, Kon­flik­te, Sucht­pro­ble­me, Über­for­de­rung, Ver­wahr­lo­sung. Die Ein­sät­ze sind sehr unter­schied­lich, die Auf­ga­ben vielfältig. 

Doch wer oder was ver­birgt sich hin­ter die­ser wich­ti­gen Ein­rich­tung, die Fami­li­en in Not­la­gen aus der Pat­sche hilft? Das Fami­li­en­pfle­ge­werk im Katho­li­schen Deut­schen Frau­en­bund ist der größ­te Anbie­ter von Fami­li­en­pfle­ge in Bay­ern mit 22 Sta­tio­nen. Seit 1950 enga­gie­ren wir uns für Fami­li­en in beson­de­ren Belas­tungs­si­tua­tio­nen. Unse­re Mit­ar­bei­te­rin­nen für päd­ago­gi­sche, haus­wirt­schaft­li­che und pfle­ge­ri­sche Auf­ga­ben sind qua­li­fi­zier­te Fach­kräf­te, die regel­mä­ßig an Fort­bil­dun­gen und Super­vi­sio­nen teil­neh­men“, erklärt Judith Zim­mer­mann, die Ein­satz­lei­tung der Sta­ti­on für Stadt und Land­kreis Pas­sau. Fami­li­en­pfle­ge und Haus­halts­hil­fe sind gesetz­lich gere­gel­te Leis­tun­gen, die von Kran­ken­kas­sen, Jugend­äm­tern, Sozi­al­äm­tern sowie Ren­ten­ver­si­che­run­gen getra­gen wer­den. Lei­der sind die Sät­ze der Kran­ken­kas­sen nicht kos­ten­de­ckend und das Fami­li­en­pfle­ge­werk ist somit auf Spen­den und Zuschüs­se angewiesen.“

Die­ses mobi­le Ein­satz­kom­man­do für in Not gera­te­ne Fami­li­en braucht also selbst immer wie­der Hil­fe, um not­wen­di­ge Ein­sät­ze durch­füh­ren zu kön­nen. Denn rund um die Ein­sät­ze stellt sich oft die Fra­ge: Wer über­nimmt die Kos­ten? Wer stopft die finan­zi­el­len Löcher, wenn die Kos­ten für den Ein­satz nicht oder nur zum Teil über­nom­men werden?

So war es zum Bei­spiel im Jahr 2020 eine rie­si­ge Erleich­te­rung, als durch den Bischof-Eder-Fonds zusätz­li­che 1000 Ein­satz­stun­den finan­ziert wur­den. Eine sol­che Zuwen­dung gebe erst­mal Pla­nungs­si­cher­heit, betont Alex­an­dra Pfaf­fin­ger. Und gera­de in Coro­na-Zei­ten sei­en Fami­li­en oft an ihre Gren­zen gesto­ßen. Auf­fal­lend sei, dass Fami­li­en sich zuneh­mend trau­en, selbst aktiv um Hil­fe zu bit­ten, wenn sie mer­ken, dass sie es vor­über­ge­hend aus eige­ner Kraft nicht mehr schaf­fen, den All­tag zu meis­tern. Dann sei das Team vom Fami­li­en­pfle­ge­werk froh, wenn man die­se Hil­fe schnell geben kön­ne. Doch das sei bei der mas­si­ven Unter­fi­nan­zie­rung von Fami­li­en­pfle­ge im Sozi­al­sys­tem oft gar nicht so einfach.

Es ist mir ein wich­ti­ges Anlie­gen, in ver­steck­ter Not, Bedürf­tig­keit und Über­for­de­rung den Fami­li­en hel­fen zu kön­nen, denn in unse­rer Gesell­schaft wird das oft tabui­siert. Gut, dass Frau­en im Fami­li­en­pfle­ge­werk die­se Not sehen und etwas dage­gen unternehmen!”

Bischof Oster

Wer bekommt Hilfe und wie?

Hilfe über den Bischof-Eder-Fonds

Über den Bischof-Eder-Fonds“, der vom Diö­ze­san-Cari­tas­ver­band ver­wal­tet wird, konn­ten Fami­li­en zusätz­lich unter­stützt wer­den; gera­de wenn die Fami­li­en über ande­re Wege nicht geför­dert wer­den konn­ten und sie durch das Ras­ter gefal­len wären. Für die­se Fami­li­en ist es wirk­lich ein Licht­blick im Dun­keln. Wel­che Fami­li­en im Ein­zel­fall Unter­stüt­zung erhal­ten, ent­schei­den die Ein­satz­lei­tun­gen des Fami­li­en­pfle­ge­wer­kes. Wich­tig ist, dass hier sehr schnell und unkom­pli­ziert Hil­fe erfolgt.
So konn­ten allein 2020 ins­ge­samt 32 beson­ders belas­te­te Fami­li­en in Not­la­gen und außer­ge­wöhn­li­chen Situa­tio­nen unter­stützt wer­den. Das waren Fami­li­en, die durch Mehr­lings-Gebur­ten sehr belas­tet waren, Fami­li­en mit Sucht­er­kran­kun­gen oder psy­chi­schen Belas­tun­gen. Auch bei schwe­ren Erkran­kun­gen oder in Pfle­ge-Not­si­tua­tio­nen hal­fen die Ein­satz­sta­tio­nen aus. Die Coro­na-Pan­de­mie mit den Lock­downs in Kitas, Schu­len und Ein­rich­tun­gen für Men­schen mit Behin­de­rung belas­te­te vie­le Fami­li­en noch zusätz­lich. Für 2021 wird die Hil­fe über den Bischof-Eder-Fonds“ fort­ge­setzt. Erneut sind 40.000 Euro zur Ver­fü­gung gestellt wor­den, um wei­te­re 1000 Ein­satz­stun­den zu finanzieren.

Die Kir­che von Pas­sau will hier an der Sei­te der Fami­li­en sein. Auch in die­sem Jahr finan­ziert der Bischof-Eder-Fonds wie­der 1000 zusätz­li­che Ein­satz­stun­den für das Fami­li­en­pfle­ge­werk. Die­ser Fonds wur­de im Jahr 2000 von Bischof Franz Xaver Eder gegrün­det, um in Not gera­te­nen Müt­tern, Kin­dern und Fami­li­en schnell und unbü­ro­kra­tisch hel­fen zu kön­nen. Bis zu sei­nem Tod am 20. Juni 2013 beglei­te­te Bischof Eder die Geschi­cke des Fonds mit hohem Ein­satz per­sön­lich. Seit sei­nem Able­ben wird die­se Arbeit unter der Obhut des Diö­ze­san-Cari­tas­ver­ban­des fort­ge­setzt. Durch die enge Zusam­men­ar­beit mit Pfar­rei­en und Ver­bän­den im Bis­tum kann Fami­li­en schnell und unbü­ro­kra­tisch gehol­fen werden.

Bischof Dr. Ste­fan Oster liegt die­se Hil­fe für Fami­li­en sehr am Her­zen. Des­halb stock­te er den Bischof-Eder-Fonds im Jahr 2020 der­art auf, dass dem Fami­li­en­pfle­ge­werk 1000 zusätz­li­che Ein­satz­stun­den finan­ziert wer­den konn­ten. Und auch in die­sem Jahr 2021 wird der­sel­be Betrag (40.000 Euro) bezie­hungs­wei­se wie­der 1000 Ein­satz­stun­den vom Bis­tum zur Ver­fü­gung gestellt, um die Fol­gen der Pan­de­mie in den Fami­li­en abfe­dern zu kön­nen. Bischof Oster betont: Es ist mir ein wich­ti­ges Anlie­gen, in ver­steck­ter Not, Bedürf­tig­keit und Über­for­de­rung den Fami­li­en hel­fen zu kön­nen, denn in unse­rer Gesell­schaft wird das oft tabui­siert. Gut, dass Frau­en im Fami­li­en­pfle­ge­werk die­se Not sehen und etwas dage­gen unternehmen!“

Uschi Friedenberger

Ursula Friedenberger

Redakteurin

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