Eine Frage des Charakters

Redaktion am 24.02.2025

Foto: Adobe Stock

Der Ausdruck Macht kommt vom Wort „machen“ und ist als solcher erst einmal wertneutral. Nicht nur mit Blick auf politische Machthaber denken wir zunehmend an die „dunkle“ Seite der Macht und vergessen, dass es auch eine helle geben kann, kommentiert der Autor unseres Editorials der aktuellen Ausgabe 9-2025.

Willst du den Cha­rak­ter eines Men­schen erken­nen, so gib ihm Macht.“ Es gab eine Zeit, da waren Prä­si­den­ten der Ver­ei­nig­ten Staa­ten von Ame­ri­ka für klu­ge Sät­ze und vor allem für wei­ses Han­deln bekannt. In dem Fall ist es tat­säch­lich schon rich­tig lan­ge her: Abra­ham Lin­coln, Mit­be­grün­der der Repu­bli­ka­ni­schen Par­tei und von 1861 bis zu sei­ner Ermor­dung 1865 der 16. US-Prä­si­dent, wird der oben zitier­te Satz zuge­schrie­ben. Lin­coln wird neben Geor­ge Washing­ton und Frank­lin D. Roo­se­velt als einer der bes­ten Prä­si­den­ten, die das Land jemals hat­te, ver­ehrt. Als der Dich­ter Walt Whit­man von Lin­colns Tod erfuhr, wid­me­te er ihm das Gedicht O Cap­tain! My Cap­tain!“ Es han­delt von einem Kapi­tän, der sein Schiff durch gro­ße Gefah­ren sicher in den Hafen steu­ert, das Ziel aber selbst nicht lebend erreicht.

160 Jah­re spä­ter spielt der 47. US-Prä­si­dent, der auch schon der 45. war, eher Schif­fe ver­sen­ken als sie sicher zu len­ken. Die sin­ken­den Käh­ne tra­gen Begrif­fe wie Ver­trau­en, Bere­chen­bar­keit, Ver­nunft, Mit­ge­fühl, Ehre. Ver­mut­lich wird Donald Trump gera­de des­halb auch ein­mal Legen­den­sta­tus errei­chen: wegen der ver­brann­ten Erde, der zer­stör­ten Hoff­nun­gen, der kor­rum­pier­ten Gesell­schaft, die er hin­ter­las­sen wird. 

Es sind Typen wie Trump, Putin, Erdo­gan und Kim Jong-un, die dafür gesorgt haben, dass wir Macht in unse­ren Tagen fast aus­schließ­lich mit skru­pel­lo­sen Ego­ma­nen ver­bin­den. Peter Mod­ler, Unter­neh­mens­be­ra­ter und Autor, will das nicht län­ger so hin­neh­men. In sei­nem Buch Macht. Wie du sie anwen­dest, auch wenn du von ihr nichts wis­sen willst“, beschreibt er den Ableh­nungs­re­flex“ beim Stich­wort Macht­an­wen­dung als eine bedenk­li­che Ent­wick­lung mit weit­rei­chen­den Kon­se­quen­zen. Wir regen uns so oft über Macht­miss­brauch auf, dass wir ganz ver­ges­sen, wie oft Macht­an­wen­dung auch gelingt“, sagt er. Bei­spie­le für eine gelin­gen­de Aus­übung gebe es wie Sand am Meer: Die Leh­re­rin, die in ihrer Klas­se für Ruhe und Ord­nung sorgt; der Chir­urg, der den bewusst­lo­sen Pati­en­ten erfolg­reich ope­riert; der Abtei­lungs­lei­ter, der im Mee­ting einen über­grif­fi­gen Kol­le­gen in sei­ne Schran­ken weist, nennt er in einem Bericht der Katho­li­schen Nach­rich­ten­agen­tur. Unser aller All­tag“, sagt Mod­ler, ist domi­niert von über­wie­gend geräusch­lo­ser Macht­an­wen­dung, die wir nie infra­ge stel­len, weil sie für uns nütz­lich und gewinn­brin­gend ist.“ 

Wer ein­mal mit Kin­der­er­zie­hung zu tun hat­te, weiß, dass auch im pri­va­ten Bereich Macht­aus­übung manch­mal uner­läss­lich ist. 

In sei­nem Plä­doy­er wirbt Mod­ler für die schöp­fe­ri­sche, die hel­le Sei­te krea­ti­ver Macht­an­wen­dung: Jeder sei zeit sei­nes Lebens befä­higt, etwas zu erschaf­fen, das nie­mand ande­rer her­vor­brin­gen kön­ne. Damit das gut­geht und nicht in einem macht­vol­len Fias­ko endet, hat der Autor ein paar recht ein­fach klin­gen­de Rezep­te parat: Füh­rung gelingt nur in Ver­bin­dung mit Ver­ant­wor­tung; sich nur mit Jasa­gern zu umge­ben, führt ins Ver­der­ben; es hilft, eine Lei­tungs­funk­ti­on nur befris­tet anzu­neh­men. Damit sind wir am Ende wie­der beim Anfang ange­langt: Es ist halt doch alles eine Fra­ge des Charakters.

Wolfgang Krinninger

Chefredakteur

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