Geld gegen Leidenschaft

Redaktion am 15.11.2022

2022 11 14 pb alb fussball Foto: StockSnap / Pixabay
Ein Ball, eine Wiese. Mehr braucht es nicht, um Spaß am Fußballspielen zu haben. Auch das Schauen macht nach wie vor Freude, aber die Kommerzialisierung des Profi-Fußballs schreckt ab ...

Ein Ball, eine Wiese. Mehr braucht es nicht, um Spaß am Fußballspielen zu haben. Auch das Schauen macht nach wie vor Freude, aber die Kommerzialisierung des Profi-Fußballs und insbesondere das Gebaren der FIFA schrecken ab. – Gedanken zur kommenden Fußball-WM.

Der Platz war nur ein paar hun­dert Meter von zu Hau­se weg. Ein Feld aus har­ter Erde. Hier tra­fen sich die Bur­schen zwi­schen zehn und acht­zehn Jah­ren und mach­ten ihr Spiel, manch­mal waren es fünf, ein ande­res Mal zwan­zig. Wir spiel­ten auf ein Tor in Ori­gi­nal­grö­ße. Alles ande­re war wild und schief. Auf zwei Sei­ten begrenz­te ein steil abfal­len­der Hügel den Platz. Wer den Ball ins Aus kick­te, muss­te ihn holen. Das konn­te dau­ern. Schluss war, wenn man in der ein­bre­chen­den Nacht den Ball nicht mehr von den rum­lie­gen­den Stei­nen unter­schei­den konn­te. Dann gin­gen wir heim. Mit klop­fen­den Her­zen, zer­schun­de­nen Knien und glän­zen­den Augen. Es waren groß­ar­ti­ge Tage. 

Ver­mut­lich sind die Fuß­ball­plät­ze im Lau­fe der Jahr­zehn­te ein wenig gepfleg­ter gewor­den, die Tore nicht mehr selbst gezim­mert, und statt mit ver­gam­mel­ten T‑Shirts lau­fen die meis­ten Nach­wuchs­hoff­nun­gen von heu­te im Tri­kot ihres Lieb­lings­ver­eins auf. Doch die Grund­idee ist die glei­che geblie­ben: Sich aus­to­ben, Spaß haben, Tore schie­ßen, den Geg­ner alt aus­se­hen las­sen, mit stolz geschwell­ter Brust als Sie­ger vom Platz gehen. Das ist Fuß­ball. Das ist Lei­den­schaft. Das ist Begeis­te­rung. Egal ob auf dem Bolz­platz im Dorf oder in der Bun­des­li­ga-Are­na. Man­cher bedau­ert es, aber da kann in unse­rem Land kei­ne ande­re Sport­art mithalten. 

Und nun also wie­der ein­mal Welt­meis­ter­schaft. Die Krö­nung. Die Bes­ten der Bes­ten aus der gan­zen Welt, die Ido­le, denen Mil­lio­nen Jugend­li­che nach­ei­fern, tre­ten mit ihren Teams gegen­ein­an­der an. Auch hier hat wohl jeder – abhän­gig vom Alter – Bil­der im Kopf: Die Sen­sa­ti­on 1954 in Bern, Franz Becken­bau­er, wie er nach dem Tri­umph 1990 als Natio­nal­trai­ner allein und völ­lig in sich gekehrt über den Platz schleicht oder Mario Göt­zes Sieg­tref­fer im Fina­le gegen Argen­ti­ni­en 2014. Momen­te für die Geschichts­bü­cher, Emo­tio­nen, die sich ins Gedächt­nis ein­ge­brannt haben. 

Bestimmt wird es sol­che Augen­bli­cke auch bei der Wüs­ten-WM im Advent geben. Aber ob sie so vie­le Zuschau­er mit­ver­fol­gen wer­den, sei dahin­ge­stellt. Glaubt man den Umfra­gen, haben inzwi­schen selbst ein­ge­fleisch­te Fans ein­fach genug. Sie haben ein Gespür dafür, wenn etwas kom­plett aus dem Ruder läuft. Sie wol­len nicht mehr zuschau­en bei einer gekauf­ten WM in Are­nen, für die viel Blut geflos­sen ist und die nach­her kein Mensch mehr braucht. Der Welt­fuß­ball­ver­band FIFA hat die Grund­idee die­ses Sports sys­te­ma­tisch ver­ra­ten. Es geht nur mehr um Geld, um viel Geld, um immer noch mehr Geld. In die­sem Ver­band offen­ba­ren sich eini­ge der häss­lichs­ten Sei­ten des Men­schen und er ist nicht refor­mier­bar. Inter­na­tio­nal ist die­ses herr­li­che Spiel ver­lo­ren, so lan­ge die FIFA nicht zer­schla­gen und ersetzt wird.

Bis es soweit ist, bleibt den Fans der Club im Hei­mat­ort, die zwei­te, drit­te oder vier­te Liga oder ein­fach der Bolz­platz neben­an – ein Feld aus har­ter Erde, auf dem die Lei­den­schaft blüht. 

Wolfgang krinninger

Wolfgang Krinninger

Chefredakteur

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