Wir haben es in der Hand

Redaktion am 05.10.2022

2022 10 05 pb alb aufmacher ausgabe 41 2022

Klimakrise, Energiemangel, Inflation fordern uns alle heraus. Wie können wir Christen Mutmacher und Hoffnungsträger bleiben? – Dazu einige Gedanken im Editorial der aktuellen Ausgabe:

Die Zei­tun­gen mit den größ­ten Buch­sta­ben, die Sozia­len Medi­en mit den grells­ten Bot­schaf­ten und die TV-Sen­der mit den lau­tes­ten Mode­ra­to­ren haben den Ham­mer aus­ge­packt. Glaubt man ihnen, dann schaut es schlecht aus in den nächs­ten Mona­ten. Das Land bricht aus­ein­an­der. Die Ener­gie wird knapp, die Infla­ti­on galop­piert und wir fal­len über uns her, um ein mög­lichst dickes Stück vom Kuchen zu erwi­schen. Jemand hat das Wort Wut­win­ter“ auf­ge­bracht – und so vie­le tra­gen den häss­li­chen Begriff lust­voll weiter. 

Aber ist es wirk­lich so? Natür­lich sind die Pro­ble­me nicht zu leug­nen. Aber leben wir tat­säch­lich in einer Welt, in der jeder sich selbst der Nächs­te ist, in der getre­ten und gedrän­gelt wird und die Schwa­chen rück­sichts­los nie­der­ge­tram­pelt wer­den für den eige­nen Vorteil?

In der über­wie­gen­den Anzahl der Fäl­le leben wir auf einem altru­is­ti­schen (unei­gen­nüt­zi­gen, selbst­lo­sen) Planeten.”

Sozialpsychologe Tom Postmes in der Wochenzeitung „Die Zeit“

Die For­schung sagt ganz klar: Nein, der Mensch ist nicht so. In der über­wie­gen­den Anzahl der Fäl­le leben wir auf einem altru­is­ti­schen (unei­gen­nüt­zi­gen, selbst­lo­sen) Pla­ne­ten“, sagt etwa der Sozi­al­psy­cho­lo­ge Tom Post­mes in der Wochen­zei­tung Die Zeit“. Die Men­schen sei­en viel rück­sichts­vol­ler und hilfs­be­rei­ter als man den­ke. Und gera­de in Not­la­gen wür­den sie eher die guten Sei­ten akti­vie­ren. In 97 Pro­zent aller Flug­zeug-Not­lan­dun­gen ver­las­sen die Pas­sa­gie­re ruhig und geord­net die Kabi­ne“, sagt Post­mes. Von Panik kei­ne Spur. Auch bei den Ter­ror­an­schlä­gen in New York am 11. Sep­tem­ber 2001 kam es nicht zur Mas­sen­pa­nik. Noch am Tag der Anschlä­ge boten in der Stadt 40.000 Ärz­te frei­wil­lig ihren Ein­satz an. 

Das Pro­blem ist nur: In der Öffent­lich­keit kommt das viel zu wenig an. Auch die Medi­en schrau­ben ger­ne an der Erre­gungs­kur­ve, stür­zen sich mit Vor­lie­be auf die Nega­tiv­bei­spie­le, denn Hilfs­be­reit­schaft bringt kei­ne guten Quo­ten. Und so haben es radi­ka­le Kräf­te leicht, die Mär vom gespal­te­nen Land zu ver­brei­ten. Putins Inter­net-Pro­pa­gan­da­ma­schi­ne tut ein Übri­ges, um den Hass mit geziel­ter Des­in­for­ma­ti­on zu schü­ren. Und damit wird der Trug­schluss immer mehr zur sich selbst erfül­len­den Pro­phe­zei­ung. Das ist es, was alle, denen die Demo­kra­tie etwas wert ist, auf­rüt­teln sollte.

2022 10 05 pb alb haende hilfsbereit Foto: Anja / Pixabay
... wenn’s darauf ankommt, sollten wir da sein, die Hand reichen ...

Als Chris­ten haben wir einen Auf­trag – erst recht in Zei­ten wie die­sen. Klar, wir sind auch nur Men­schen mit Feh­lern, Unge­reimt­hei­ten und Schwä­chen, aber wenn’s dar­auf ankommt, soll­ten wir da sein, die Hand rei­chen, ver­söh­nen, Brü­cken bau­en, dem ande­ren auf­hel­fen, den Gemein­sinn stär­ken, Pro­ble­me mit Zuver­sicht dis­ku­tie­ren, das Herz und eine war­me Stu­be öff­nen. So haben wir es gelernt von unse­ren Eltern und Leh­rern, gehört in vie­len Pre­dig­ten, gele­sen in Tex­ten der Bibel und ande­ren gro­ßen Schrif­ten. Und ein paar Num­mern klei­ner: Es hilft schon viel, wenn wir die Wut nicht befeu­ern, ein Gerücht nicht wei­ter­tra­gen, Kon­flik­te ent­schär­fen, uns gut infor­mie­ren, beson­nen blei­ben und erst durch­schnau­fen und dann spre­chen. Wir haben einen rie­si­gen Werk­zeug­kas­ten, um in unse­rer nächs­ten Umge­hung für ein wenig Wär­me zu sor­gen, egal wie kalt der Win­ter wird. Nut­zen wir ihn.

Wolfgang krinninger

Wolfgang Krinninger

Chefredakteur

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