Götterfunken

Redaktion am 18.07.2023

2023 07 17 pb alb freude Foto: Lisa Runnels / Pixabay
Ist es denn nicht die schönste Freude, wenn sie plötzlich da ist, ohne dass wir wüssten, wo sie denn hergekommen ist?

Keiner weiß so genau, wo sie herkommt – die Freude. Im Editorial der aktuellen Ausgabe Nr. 30 spürt unser Autor diesem frohen Gemütszustand nach.

Freu­de, schö­ner Göt­ter­fun­ken, Toch­ter aus Eli­si­um“, dich­te­te im Som­mer 1785 der Lyri­ker, Phi­lo­soph, His­to­ri­ker und Arzt Fried­rich Schil­ler (17591805) in sei­ner Ode an die Freu­de“. Und wer sich jemals gefragt hat, wo die­se Freu­de eigent­lich her­kommt – da steht es schwarz auf weiß: von Ely­si­on, der Insel der Seligen.

Viel­leicht hat­te auch der Erfin­der des Inter­na­tio­na­len Tags der Freu­de am 24. Juli die­se Zei­len im Kopf. Schwer zu sagen. Denn außer, dass die­ser Tag irgend­wann in den frü­hen 1980ern ins Leben geru­fen wur­de, ist wenig über sei­nen Ursprung bekannt. Mut­maß­lich war der Erfin­der an jenem Tag ein­fach gera­de ziem­lich gut drauf. Viel­leicht weil er noch an den einen Tag zurück­lie­gen­den Vanil­le­eis­tag“ (23. Juli) dach­te, oder weil er sich schon auf den bevor­ste­hen­den Käse- und Wein­tag“ (25. Juli) freu­te – man weiß es halt nicht so genau. Es könn­te sein, dass ihn der Göt­ter­fun­ke“ ganz spon­tan und uner­war­tet traf. Und ist es denn nicht die schöns­te Freu­de, wenn sie plötz­lich da ist, ohne dass wir wüss­ten, wo sie denn her­ge­kom­men ist?

Das wie­der­um macht es ja so schwie­rig, Freu­de anzu­lo­cken und ein­zu­fan­gen. Folgt man Schil­lers Gedicht, dann ist sie am ehes­ten drau­ßen zu fin­den: Freu­de trin­ken alle Wesen an den Brüs­ten der Natur“, schreibt er. Da könn­te was dran sein. Ob im Wald, an Seen oder in den Ber­gen – es liegt bestimmt nicht nur an der fri­schen Luft, dass wir uns in der frei­en Natur beson­ders wohl­füh­len. Wer sich dann auch noch bewegt, der macht es rich­tig, wie Sie in die­ser Aus­ga­be in unse­rer Rubrik Bewusst leben“ (S. 24) nach­le­sen können.

2023 07 17 pb alb wandern suedtirol2 Foto: Michael Glaß
Die Bewegung in der freien Natur hält für das Gehirn mehr Reize bereit als die Runden auf der Laufbahn im Stadion, sagen Sportpsychologen in unserem Beitrag der aktuellen Ausgabe unter der Rubrik „Bewusst leben“. Auf dem Bild: Wanderer auf dem Adolf-Munkel-Weg entlang der Geislerspitzen in Südtirol.

Nun ist so ein Natur­er­leb­nis zwei­fel­los erhol­sam, doch bie­tet es längst kei­ne Garan­tie, Freu­de zu erwi­schen und dann auch noch behal­ten zu dür­fen. So ein Moment der Freu­de ist ja immer nur von kur­zer Dau­er. Fast könn­te man mei­nen, der lie­be Vater“ überm Ster­nen­zelt“ will uns necken: Da schenkt er uns einen Fun­ken Freu­de, nur um ihn uns gleich wie­der wegzunehmen.

Kann das wirk­lich sein? Nicht, wenn die Bibel hält, was sie ver­spricht. Eine kur­ze Recher­che zum Stich­wort Freu­de“ ergab gleich mal 212 Tref­fer. Das gesam­te Evan­ge­li­um ist als eine Fro­he Bot­schaft“ gemeint. Dies habe ich euch gesagt, damit mei­ne Freu­de in euch ist und damit eure Freu­de voll­kom­men wird“, heißt es bei Johan­nes (Joh 15,11). Und dar­auf folgt: Das ist mein Gebot, dass ihr ein­an­der liebt, so wie ich euch geliebt habe.“

Doch wenn ein Moment der Freu­de schon so schwer zu erha­schen ist, wie schwer wird es dann erst sein, gar die voll­kom­me­ne Freu­de zu errei­chen? Und wie schwie­rig ist es doch, das Ver­spre­chen auf ewi­ge himm­li­sche Freu­de wei­ter­zu­tra­gen? Vor allem dann, wenn sich die­se Freu­de par­tout nicht fest­hal­ten lässt? Zum Glau­ben gehört der Zwei­fel wohl genau­so dazu wie zur Lie­be der Streit über den wei­te­ren gemein­sa­men Weg – auch davon kön­nen Sie in die­ser Aus­ga­be lesen (sie­he S. 4 – 5). Doch manch­mal fin­den sich eben auch krea­ti­ve Wege, wie sich Freu­de in einen Got­tes­dienst brin­gen lässt (sie­he S. 8).

Alle Men­schen wer­den Brü­der, wo dein sanf­ter Flü­gel weilt“, schreibt Schil­ler über die Freu­de. Über­all Brü­der­lich­keit, Lie­be und Frie­de welt­weit? Das klingt frei­lich etwas dick auf­ge­tra­gen. Sogar Schil­ler selbst hat Jah­re spä­ter an sei­ner über­schwäng­li­chen Freu­de gezwei­felt, in der er sei­ne Ode offen­bar ver­fasst hat­te. Sie sei aus einem feh­ler­haf­ten Geschmack der (Entstehungs-)Zeit“ her­aus ent­stan­den, schrieb Schil­ler 1800 an sei­nen Freund Chris­ti­an Gott­fried Körner.

Doch allen Zwei­feln zum Trotz ist es die Sehn­sucht nach Freu­de, die uns die­ses Gedicht auch heu­te noch ger­ne lesen lässt. Ein Gedicht, das Freu­de ver­brei­tet und dazu anregt, die­sen Göt­ter­fun­ken an ande­re Men­schen weiterzugeben.

In die­sem Sin­ne wünscht Ihnen vie­le freu­di­ge Sommertage

Michael Glass

Michael Glaß

Redakteur

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