Bistum

„Der Weg wird weit sein“

Redaktion am 17.07.2023

2023 07 17 pb alb synodaler austausch1 Foto: Wolfgang Krinninger
Sich austauschen und aufeinander hören: Mit modernen Kommunikations- und Darstellungsformen wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in den „Synodalen Austausch“ eingebunden und gut mitgenommen auf den Weg in die Zukunft der Kirche von Passau.

Wie kann die Zukunft der Kirche von Passau aussehen? Das war eine zentrale Frage beim „Synodalen Austausch“, zu dem Bischof Stefan Oster, alle Mitglieder des Diözesanrats der Katholiken im Bistum Passau und des Bistumsrats (Beratergremium des Bischofs) sowie die Prodekane eingeladen waren. In einer konstruktiven Atmosphäre trafen sich in Passau rund 45 Frauen und Männer, in Pfarrkirchen 21. Greifbare Ergebnisse gab es noch nicht.

2023 07 17 pb alb synodaler austausch2 Foto: Wolfgang Krinninger
Sich austauschen und aufeinander hören: Mit modernen Kommunikations- und Darstellungsformen wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in den „Synodalen Austausch“ eingebunden und gut mitgenommen auf den Weg in die Zukunft der Kirche von Passau.

Das war eine gro­ße Run­de enga­gier­ter Men­schen.“ Es gab viel Raum für ehr­li­chen Aus­tausch.“ Ich bin beein­druckt von der Inten­si­tät und mit wie­viel Herz­blut hier dis­ku­tiert wur­de.“ – In einem Punkt waren sich wohl alle einig: Bei­de Ver­an­stal­tun­gen waren von der Arbeits­ge­mein­schaft Syn­oda­ler Weg her­vor­ra­gend vor­be­rei­tet und von den Gemein­de­be­ra­tern Flo­ri­an Weber und Mar­tin Eibels­gru­ber (Pas­sau) und Andre­as Nock (Pfarr­kir­chen) sehr gut mode­riert wor­den. Jeder und jede kam zu Wort, geist­li­che Ein­hei­ten und Impul­se reg­ten zum Inne­hal­ten und Nach­den­ken an, Rol­len­spie­le und ver­schie­de­ne Dis­kus­si­ons­for­ma­te sorg­ten für einen kurz­wei­li­gen Ver­lauf der jeweils vier­stün­di­gen Ver­an­stal­tun­gen. Und doch gin­gen vor allem in Pas­sau am Ende nicht weni­ge Teil­neh­mer frus­triert und trau­rig hin­aus in die Nacht. Sie äußer­ten in der Bilanz­run­de Zwei­fel an der Reform­fä­hig­keit der katho­li­schen Kir­che, die bei vie­len The­men heu­te rück­stän­di­ger sei als vor 40 Jah­ren nach dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil. Ande­re setz­ten dem das Prin­zip Hoff­nung, das Wir­ken des Hei­li­gen Geis­tes und ein gro­ßes Trotz­dem“ entgegen. 

Im Mit­tel­punkt stan­den auf Vor­schlag des Bischofs die bei­den The­men­kom­ple­xe Segens­fei­ern für Paa­re, die sich lie­ben“ und Ver­kün­di­gung des Evan­ge­li­ums durch beauf­trag­te Getauf­te und Gefirm­te in Wort und Sakra­ment“. Diö­ze­san­rats­vor­sit­zen­der Mar­kus Biber appel­lier­te gleich zu Beginn an den Bischof: Neh­men Sie das Gesag­te als Stim­mungs­bild aus der Diö­ze­se Pas­sau mit zur Welt­syn­ode nach Rom.“

Bir­git Gei­er aus dem geschäfts­füh­ren­den Vor­stand des Diö­ze­san­rats mach­te deut­lich, dass die Ein­heit der Kir­che von Pas­sau das Ziel sei. Dr. Johan­na Ski­ba (Diö­ze­san­rat) lud die Teil­neh­me­rin­nen und Teil­neh­mer in einem geist­li­chen Impuls ein, dem nach­zu­spü­ren, was es heißt, mit Jesus in einem Boot zu sein.

Thema 1: Segensfeiern für Paare, die sich lieben

Tho­mas Weg­gart­ner, Ansprech­part­ner für den deut­schen Syn­oda­len Weg in Pas­sau, fass­te die Ergeb­nis­se des Dia­log­fo­rums in Frank­furt zusam­men. Es gehe beim The­ma Segens­fei­ern für Paa­re, die sich lie­ben“, um homo­se­xu­el­le Paa­re, wie­der­ver­hei­ra­tet geschie­de­ne Paa­re oder auch reli­gi­ons­ver­schie­de­ne Paa­re, für die kei­ne sakra­men­ta­le Ehe mög­lich sei. Wel­che Mög­lich­kei­ten gibt es, die­sen Paa­ren in irgend­ei­ner Wei­se den Segen der Kir­che zu spen­den? Weg­gart­ner mach­te deut­lich, dass die Pra­xis viel­fäl­tig sei. Es gebe Seel­sor­ger, die sol­che Paa­re seg­nen und in eini­gen Bis­tü­mern auch bereits Hand­rei­chun­gen für lit­ur­gi­sche Segens­fei­ern. Wir müs­sen uns in Pas­sau klar wer­den, was bei uns gehen soll?“, erklär­te er das Ziel. Kon­kret könn­te das etwa eine eige­ne Hand­rei­chung sein. 

In einem Rol­len­spiel ver­deut­lich­ten bei der Ver­an­stal­tung in Pas­sau Hele­ne Uhr­mann-Pau­li, die Lei­te­rin des Refe­rats Ehe, Fami­lie und Kin­der, Diö­ze­san­rats-Geschäfts­füh­rer Micha­el Bruns und Johan­na Ski­ba das Spek­trum der Ansich­ten zu die­sem The­ma, ange­fan­gen von der Lehr­mei­nung bis zum völ­li­gen Unver­ständ­nis, dass die Kir­che zwar Häu­ser und Tie­re seg­ne, aber nicht Men­schen, die sich lie­ben. Bei­na­he ein­hel­lig waren die Äuße­run­gen der Teil­neh­me­rin­nen und Teil­neh­mer in der Schluss­run­de: Es sei über­fäl­lig“, dass die Kir­che hier end­lich ein Ange­bot mache, damit sich sol­che Paa­re nicht ver­sto­ßen füh­len. Die Leh­re der Kir­che sei das eine, doch wich­ti­ger sei, auf die Men­schen zu schau­en, die sich lie­ben und von der Sehn­sucht getrie­ben wer­den, zur Gemein­schaft dazu­zu­ge­hö­ren. Es sei die Lie­be, die ret­tet, nicht allein die Gebo­te, zitier­te eine Dis­kus­si­ons­teil­neh­me­rin Papst Fran­zis­kus. Anstoß am Begriff irre­gu­lä­re Bezie­hun­gen“ gab es von meh­re­ren Sei­ten. Es ist wich­tig, dass her­aus­kommt, dass es sol­che Bezie­hun­gen nicht gibt“, so ein Appell. Es sei bemer­kens­wert, wenn homo­se­xu­el­le Paa­re über­haupt noch einen kirch­li­chen Segen haben wol­len nach all den Ver­let­zun­gen, die ihnen von der Kir­che zuge­fügt wor­den sei­en. Man müs­se nun end­lich eine Form fin­den, wie sie in der Kir­che ihre Part­ner­schaft leben kön­nen. Ein ande­rer Gesprächs­teil­neh­mer riet dazu, ent­spann­ter und mit weni­ger Ängst­lich­keit an das The­ma her­an­zu­ge­hen. Die Hoff­nung, dass der Welt­syn­oda­le Weg hier Brü­cken baut, äußer­te ein ande­rer. Ein Geist­li­cher mahn­te, die Pries­ter in die­ser Fra­ge nicht in einer Grau­zo­ne und in Zer­ris­sen­heit zurück­zu­las­sen. Das The­ma sei für die Betrof­fe­nen wich­tig, ins­ge­samt aber ein Rand­the­ma, rela­ti­vier­te ein ande­rer Gesprächs­teil­neh­mer. In Pfarr­kir­chen waren die Betei­lig­ten stär­ker auf die Unter­schei­dung von Ehe­sa­kra­ment und Segens­fei­er ein­ge­gan­gen. Hier brau­che es eine kla­re Abgrenzung. 

Nach den vie­len Rede­bei­trä­gen zeig­te sich Bischof Ste­fan Oster beein­druckt von der Sor­ge um das Mit­ge­hen mit Men­schen. Das war nicht immer so, auch im volks­kirch­li­chen Kon­text.“ Er wol­le soweit mit­ge­hen, wie es ihm mög­lich sei. So habe er es bei­spiels­wei­se auch mit­ge­tra­gen, als Papst Fran­zis­kus mit sei­nem Schrei­ben Amo­ris lae­ti­tia eine Tür für den Kom­mu­nion­emp­fang von wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­nen geöff­net habe. Es sei aber kein ein­zi­ges Paar gekom­men, das die­sen Weg gehen woll­te. Oster mach­te auch deut­lich, wo für ihn die Gren­ze ver­läuft. Wir müs­sen von Jesus her ver­ste­hen, was Lie­be meint“, beton­te er. Dazu gehö­re es, tie­fer zu ver­ste­hen, was das Sakra­ment bedeu­te, was Segen sei. Vor­stel­len kön­ne er sich einen Vor­schlag, der von bel­gi­schen Bischö­fen gekom­men sei. Die Segens­fei­er für homo­se­xu­el­le Paa­re bestehe dabei aus einem Gebet, einem Vater unser, einer Für­bit­te und einem all­ge­mei­nen Segen. Aller­dings sol­le die­se Fei­er nicht im Kir­chen­raum statt­fin­den. Viel­leicht kön­nen wir uns auf so einen Weg eini­gen“, so sein Schluss­wort zu die­sem Thema. 

Thema 2: Verkündigung des Evangeliums durch beauftragte Getaufte und Gefirmte in Wort und Sakrament

Tho­mas Weg­gart­ner ließ kei­nen Zwei­fel: Hier geht es um eine Kern­auf­ga­be unse­rer Kir­che“. Gleich­zei­tig sei­en gera­de bei die­sem The­ma die lehr­amt­li­chen Vor­ga­ben sehr deut­lich, die Spiel­räu­me sehr begrenzt. Was eine gute Pre­digt ist, das ver­deut­lich­ten Bir­git Gei­er, Dr. Peter Seidl und Tho­mas Weg­gart­ner: Sie soll mit dem Leben zu tun haben, das Evan­ge­li­um ins heu­te über­set­zen und authen­tisch sein. Seel­sor­ge­amts­lei­ter und Dom­de­kan Dr. Hans Bau­ern­feind über­nahm die Auf­ga­be, zu erklä­ren, was im Kir­chen­recht dazu fest­ge­legt ist. Rom unter­schei­de deut­lich zwi­schen Pre­digt und Homi­lie. Pre­digt bedeu­te, etwas zu einer Lebens­si­tua­ti­on aus dem Glau­ben her­aus zu sagen. Sie kön­ne von Frau­en und Män­nern glei­cher­ma­ßen gehal­ten wer­den – etwa im Rah­men eines Wort­got­tes­diens­tes. Anders sei es bei der Homi­lie bei der Fei­er der Eucha­ris­tie. Denn der eigent­lich Han­deln­de bei einer sakra­len Fei­er sei Chris­tus selbst. Pries­ter und Dia­kon sei­en dazu geweiht, ihn zu ver­tre­ten. Die Homi­lie dür­fe nicht von der Fei­er der Eucha­ris­tie getrennt wer­den. Den­noch eröff­ne die Theo­lo­gie auch in die­sem Fall Mög­lich­kei­ten: So kön­ne der Pries­ter die Chris­tus­ge­gen­wär­tig­keit fort­set­zen, indem er sei­ne Ver­ant­wor­tung wahr­nimmt, dass an die­sem Ort auch jemand ande­res spricht. So sei es mög­lich, mit­ein­an­der in der Homi­lie in einen Dia­log zu treten. 

Bau­ern­feind muss­te sich hier viel Kri­tik anhö­ren. Es kön­ne doch nicht sein, dass der Hei­li­ge Geist in bestimm­te Per­so­nen ein­ge­sperrt und in ande­ren nicht zuge­las­sen sein soll. In grö­ßer wer­den­den pas­to­ra­len Räu­men müs­se man prag­ma­ti­scher mit die­sem The­ma umge­hen. Ruhe­stands­pfar­rer Alfons Eiber erin­ner­te dar­an, dass er zu sei­nem Wei­he­ju­bi­lä­um eine Gemein­de­re­fe­ren­tin ein­ge­la­den habe, die Fest­pre­digt zu hal­ten. Er sei froh und dank­bar, dass er das getan habe. Von meh­re­ren Sei­ten kam der Vor­wurf, dass man in die­sem Punkt vor 40 Jah­ren schon viel fort­schritt­li­cher gewe­sen sei. Es tut mir in der See­le weh, dass wir jetzt dar­über reden, wie wir dahin kom­men, was wir frü­her schon lan­ge hat­ten“, mach­te der ehe­ma­li­ge KLB-Sekre­tär Wal­ter Eber sei­nem Unmut Luft. Von einer Wort­got­tes­dienst­lei­te­rin wur­de der Wunsch an den Seel­sor­ge­amts­lei­ter her­an­ge­tra­gen, der Pre­digt mehr Raum bei der Aus­bil­dung von Wort­got­tes­dienst­lei­tern zu geben. Einig war man sich, dass mehr qua­li­täts­vol­le Pre­dig­ten erwünscht seien. 

Ich sehe die Not, ich sehe die Fra­gen, ich sehe die Her­aus­for­de­run­gen“, fass­te Bischof Oster sei­ne Ein­drü­cke zusam­men. Sei­ner Ansicht nach sei bei die­sem The­ma die Frau­en­fra­ge von zen­tra­ler Bedeu­tung. Sie dro­he, die Kir­che zu zer­rei­ßen. Er mach­te auch deut­lich, wo für ihn die Leit­plan­ken ste­hen: Für den Dia­ko­nat der Frau brau­che es eine Klä­rung aus Rom. Pries­ter­li­chen Dienst für Frau­en hal­te er für aus­ge­schlos­sen. Für ihn sei die zen­tra­le Fra­ge: Bekom­me ich von mei­ner Kir­che das Rüst­zeug, um ein bes­se­res Ver­hält­nis zum Herrn zu fin­den?“ Es gehe in der Kir­che dar­um, Heil und Erlö­sung wahrzunehmen. 

Die Bilanz nach vier Stunden

Am Ende des Abends hat­ten alle Teil­neh­me­rin­nen und Teil­neh­mer noch ein­mal die Mög­lich­keit, mit einem Wort oder einem Satz (Hash­tag) zusam­men­zu­fas­sen, was sie mit­neh­men, was sie bewegt hat. Hier wur­de deut­lich, dass vie­le die Ver­an­stal­tung mit vie­len Fra­ge­zei­chen, wie es wei­ter­ge­hen soll, ver­lie­ßen. Die Trot­zi­gen appel­lier­ten, nicht auf­zu­ge­ben, son­dern Kir­che wei­ter­hin gemein­sam zu gestal­ten: Geschwis­ter­lich­keit sei mög­lich in der Kir­che: Jesus, geht mit auf unse­rem Weg.“ Die Resi­gnier­ten sahen eine Kir­che, die sich mar­gi­na­li­siert und unver­än­der­bar in den Abgrund tru­de­le: Die eigent­li­che Kir­chen­spal­tung sei­en die Aus­trit­te. Und den­noch: Wer beob­ach­te­te, welch enor­mes Enga­ge­ment die Betei­lig­ten an einem hei­ßen Som­mer­abend für ihre Kir­che an den Tag leg­ten, der ging nicht ohne Hoff­nung. Der Weg wird weit sein, dar­um soll­ten wir uns jetzt dar­auf vor­be­rei­ten“, so eine Aus­sa­ge aus Pfarr­kir­chen. Bischof Ste­fan Oster kann nach die­sen bei­den Ver­an­stal­tun­gen auf jeden Fall vie­le Ein­drü­cke mit­neh­men nach Rom. 

Wolfgang krinninger

Wolfgang Krinninger

Chefredakteur

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