Kirche vor Ort

„Sitzen alle im selben Boot“

Redaktion am 01.12.2020

Info Icon Foto: Berhard Brunner
Der erste Vilshofener Benefiz Papierkrippe

VILSHOFEN. Die erste Vilshofener Papierkrippe macht Flucht zum Thema. Männer-Trio um Benno Hofbrückl setzt originelle Idee um. Der Erlös aus dem Verkauf geht an die Lebensretter der Seenotrettungsgesellschaft „SEA-EYE“ in Regensburg.

Mit der welt­größ­ten Brett­krip­pe beim Schwim­men­den Christ­kindl­markt sorgt die klei­ne Drei­flüs­se­stadt seit Jah­ren für Furo­re. Doch eine Papier­krip­pe mit den mar­kan­tes­ten Sehens­wür­dig­kei­ten Vils­ho­fens als Kulis­se gab es nicht, bis Ben­no Hof­brückl, Jugend­pfle­ger im Ruhe­stand und einst Geschäfts­füh­rer des Bezirks­ju­gend­rings Nie­der­bay­ern, aus sei­ner Sam­mel­lei­den­schaft her­aus eine Idee ent­wi­ckel­te und in die Tat umsetz­te. Nach dem Vor­bild tsche­chi­scher Exem­pla­re aus sei­nem Fun­dus ließ er von Künst­ler Wal­ter Wan­nin­ger aus Aun­kir­chen eine aus einem Ver­sand­kar­ton aus­klapp­ba­re Ver­si­on schaf­fen. Flucht, damals wie heu­te“ nennt Hof­brückl das zen­tra­le Thema.

In Wer­ner Gei­ger, bis zur Pen­sio­nie­rung Geschäfts­füh­rer der Land­kreis Pas­sau Kran­ken­haus gGmbH und seit eini­gen Jah­ren Vor­sit­zen­der des Ver­eins Brü­cken für den Frie­den“ in Vils­ho­fen, fand Hof­brückl spon­tan einen Ver­bün­de­ten für die gute Sache. Denn von Anfang an stand fest, dass die außer­ge­wöhn­li­che Krip­pen-Akti­on einen wohl­tä­ti­gen Hin­ter­grund haben soll­te. Der Erlös aus dem Ver­kauf kommt der gemein­nüt­zi­gen See­not­ret­tungs­ge­sell­schaft SEA-EYE in Regens­burg zugu­te, die bereits Tau­sen­de Men­schen im Mit­tel­meer geret­tet hat“, betont der Papier­krip­pen-Initia­tor, der auf den Zusam­men­hang zwi­schen der Flucht der Hei­li­gen Fami­lie einst und dem Schick­sal von Mil­lio­nen Geflüch­te­ter vor Ver­fol­gung, Fol­ter, Gewalt, Krieg, Natur­ka­ta­stro­phen und Hun­ger heu­te verweist.

Info Icon Bernhard Brunner
Viele originelle Details lassen sich in der ersten Vilshofener Papierkrippe entdecken. Walter Wanninger (2.v.l.) präsentiert ein fertig gebasteltes Exemplar. Benno Hofbrückl (r.) und Werner Geiger (2.v.r.) sind die Initiatoren des Projekts, von dem sich auch Bürgermeister Florian Gams begeistert zeigt.

Der Hin­ter­grund für die ers­te Vils­ho­fe­ner Papier­krip­pe lag sofort auf der Hand: Eine Viel­zahl Geflüch­te­ter und Migran­ten, die in der nie­der­baye­ri­schen Klein­stadt an der Donau eine Blei­be suchen, dazu der Strom von Deutsch­land bis ins Schwar­ze Meer, die Schiff­fahrt und das Donau­schiff mit der welt­größ­ten Brett­krip­pe als Sym­bol für die Hei­li­ge Fami­lie, aber auch für die vie­len Men­schen, die gegen­wär­tig Zuflucht suchen und in Vils­ho­fen im Café Wel­co­me“ an der Lau­ten­sack­stra­ße – einem gemein­sa­men Pro­jekt des Arbeits­krei­ses Vils­ho­fe­ner Asyl­be­wer­ber e.V. sowie der Frei­kir­che der Sie­ben­ten-Tags-Adven­tis­ten Vils­ho­fen – immer mitt­wochs zwi­schen 15 und 18 Uhr einen Anlauf­punkt fin­den, wo Kin­dern Spiel­mög­lich­kei­ten und schu­li­sche Nach­hil­fe gebo­ten wer­den, wäh­rend Jugend­li­che und Erwach­se­ne Hil­fe­stel­lung und Bera­tung aller Art erfahren.

Die Papier­krip­pe bringt ein The­ma, das die Stadt bewegt, in die Wohn­zim­mer“, umschreibt Vils­ho­fens Bür­ger­meis­ter Flo­ri­an Gams eine Inten­ti­on die­ser in sei­nen Augen außer­ge­wöhn­li­chen Akti­on. Er sieht dar­in auch ein Zei­chen für das aus­ge­präg­te ehren­amt­li­che Enga­ge­ment in Vils­ho­fen, auf das er als Stadt­ober­haupt spür­bar und zu Recht stolz ist. Hin­ter dem Krip­pen-Pro­jekt steht außer­dem kein Gerin­ge­rer als der Evan­ge­li­sche Lan­des­bi­schof Dr. Hein­rich Bedford-Strohm, den Wer­ner Gei­ger in einem Brief um eine per­sön­li­che Bot­schaft gebe­ten hat. Er hat sofort zuge­sagt“, freut sich der erfolg­rei­che Akqui­si­teur über einen pro­mi­nen­ten Unter­stüt­zer. Der Vor­sit­zen­de der Evan­ge­li­schen Kir­che in Deutsch­land unter­stützt bekannt­lich als akti­ver För­de­rer die Akti­on Sea-Eye“ mit erheb­li­chen finan­zi­el­len Mitteln.

Wal­ter Wan­nin­ger, ehe­ma­li­ger Kunst­er­zie­her am Gym­na­si­um Vils­ho­fen, skiz­ziert die reiz­vol­le Auf­ga­be bei der Umset­zung von Ben­no Hof­brück­ls Idee wie folgt: Wir woll­ten zwei Ebe­nen zusam­men­brin­gen: die Hei­li­ge Fami­lie auf der Flucht und die Geflüch­te­ten, die heu­te aus ähn­li­chen Grün­den aus ihrer Hei­mat geflo­hen sind.“ Nach Wan­nin­gers Wor­ten han­delt es sich um eine Krea­tiv-Krip­pe mit Aus­schnei­de­bö­gen, die von Jung und Alt gemein­sam bemalt wer­den kön­nen. Das ist ein Spaß für die gan­ze Fami­lie, gera­de in Coro­na-Zei­ten“, unter­streicht der Künst­ler und ver­weist auf den durch­aus erwünsch­ten Neben­ef­fekt, zum Nach­den­ken über die Inhal­te anzu­re­gen. So wer­de die Flücht­lings­the­ma­tik den Krip­pen­käu­fern auf spie­le­ri­sche Wei­se näher­ge­bracht, freut sich Wan­nin­ger, der auf den prak­ti­schen Umstand hin­weist, die in eine Norm-Schach­tel von DHL gepack­te Krip­pe zum Auf­he­ben fürs nächs­te Jahr ein­fach zusam­men­klap­pen oder aber auch ver­schi­cken zu können.

Dank der vie­len ori­gi­nel­len Details emp­fiehlt sich für den Betrach­ter der Krip­pe durch­aus ein genaue­res Hin­se­hen. So ist das Jesus­kind auf einem klapp­ri­gen Schiff namens Espe­ran­za“ (spa­nisch für Hoff­nung) gebo­ren. Die Hei­li­ge Fami­lie umrin­gen Men­schen aus vie­ler­lei Län­dern und unter­schied­lichs­ter Her­kunft. Die Hei­li­gen Drei Köni­ge fliegt ein Jet der Linie 3 Kings-Air“ oder ein Heiß­luft­bal­lon – ganz nach Belie­ben der Krip­pen­bast­ler – nach Vils­ho­fen ein, die der spit­ze Turm der Stadt­pfarr­kir­che St. Johan­nes der Täu­fer, der vom aus Grau­bün­den stam­men­den Bau­meis­ter Bar­tho­lo­mä Vis­car­di im 17. Jahr­hun­dert geschaf­fe­ne Stadt­turm, die Bene­dik­ti­ner­ab­tei Schwei­klberg und das bereits erwähn­te Café Wel­co­me“ sym­bo­li­sie­ren. Das Gesche­hen der Geburt Jesu ist immer in eine Stadt mit ihren Bewoh­nern ein­ge­bun­den“, erklärt der Ideengeber.

Wir sit­zen alle im sel­ben Boot“, for­mu­liert Ben­no Hof­brückl als die zen­tra­le Bot­schaft sei­ner Krip­pen-Akti­on – ver­bun­den mit dem Auf­ruf, in die Her­zen der Flüch­ten­den und Migran­ten zu schau­en anstatt auf deren Haut­far­be, Her­kunft oder Reli­gi­on. Die ers­te Vils­ho­fe­ner Papier­krip­pe gibt es für 12 Euro bei Schreib­wa­ren Kirm­se in Vils­ho­fen am Stadt­platz, im Fair-Welt­la­den Vils­ho­fen am Kirch­platz, bei Spiel­wa­ren Giers­ter in der Vils­vor­stadt oder direkt bei Ben­no Hof­brückl, Tel. 08541/979057 bezie­hungs­wei­se unter benno@​hofbrueckl.​de per E‑Mail.

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