Bistum

Wo die Caritas hin(ge)hört

Redaktion am 03.09.2021

S12 Caritas PB Caritas
Sie zeigen Flagge für eine diakonische Kirchenentwicklung: Teilnehmer/innen am Studientag „Diakonia in den Pastoralen Räumen“.

Keine Frage: Die Kirche ist in einer Krise. Andererseits: Sie ist auch in Bewegung: Kaum ein Bistum in Deutschland, das derzeit nicht in einem Reformprozess unterwegs wäre. Je nach Schwerpunkt steht dabei die strukturelle oder die geistliche Erneuerung im Focus. Die Diözese Passau hat beides auf die Agenda gesetzt. Und die Caritas ist mit im Boot.

Neue­van­ge­li­sie­rung“ heißt die eine gro­ße Über­schrift in Pas­sau, pas­to­ral-struk­tu­rel­le Erneue­rung“ die ande­re. Wie die zwei zusam­men­hän­gen, und was die Cari­tas damit bzw. dar­in zu tun hat, war The­ma des Stu­di­en­tags Dia­ko­nia in den Pas­to­ra­len Räu­men“, zu dem die diö­ze­sa­ne Abtei­lung Fort- und Wei­ter­bil­dung und die Gemein­de­ca­ri­tas (GC) ein­ge­la­den hat­ten. Ein Forum für Aus­tausch und Anre­gun­gen“, so stellt sich der Lei­ter der Abtei­lung Fort­bil­dung, Dr. Anton Cuf­fa­ri, die­ses neue Ver­net­zungs-For­mat vor. Es gehe ums Hin­schau­en“ auf die Situa­ti­on und die Ent­wick­lun­gen in den Pfar­rei­en, und vor allem ums Hin­hö­ren“: Auf die Nöte der Men­schen und die Hil­fen, die sie brau­chen, und auf die Erfah­run­gen mit neu­en dia­ko­ni­schen Pro­jek­ten und Initiativen.

Wer in der Pan­de­mie über­se­hen wurde.”

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Dass sich Neue­van­ge­li­sie­rung“ nicht nur auf Glau­bens­ver­kün­di­gung und Got­tes­dienst­fei­er bezie­hen soll, son­dern selbst­ver­ständ­lich“ auch auf täti­ge Nächs­ten­lie­be und Teil­ha­be, dar­auf wies Dia­kon Mario Unter­hu­ber in sei­nem Impuls­vor­trag hin. Er ist als Refe­rent für Gemein­de­ca­ri­tas in den Deka­na­ten Pfarr­kir­chen und Sim­bach seit Jah­ren unter ande­rem mit Cari­tas-Got­tes­diens­ten unter­wegs: Dar­in berich­ten Haupt- und Ehren­amt­li­che von Sor­gen und Schick­sa­len, denen sie in ihrem sozia­len Umfeld begeg­nen, aber auch von ihrer per­sön­li­chen Moti­va­ti­on, den Mit­men­schen zu hel­fen und sie zu beglei­ten. So kom­me im Got­tes­dienst (Lit­ur­gia) ein Glau­bens-Zeug­nis (Mar­ty­ria) zur Spra­che, das von Nächs­ten­lie­be (Cari­tas) und Gemein­schaft (Koi­no­nia) handle. 

Mit Aus­zü­gen aus dem Gleich­nis vom barm­her­zi­gen Sama­ri­ter lud GC-Fach­be­reichs­lei­ter Kon­rad Haber­ger zu Erfah­rungs­be­rich­ten aus der pas­to­ra­len Pra­xis ein. Wenn es bei Lukas etwa heißt: Er sah ihn und ging vor­über“ – wo pas­sie­re das auch im Hier und Heu­te? In der Pan­de­mie, merk­te dazu ein Pfar­rer an, sei­en beson­ders alte Men­schen in Gefahr gewe­sen, über­se­hen zu wer­den“. Im Nach­hin­ein sei (selbst-)kritisch zu bewer­ten, dass sich man­che Seelsorger/​innen all­zu ange­passt“ an die stren­gen Lock­down-Vor­schrif­ten gehal­ten hät­ten. Ande­rer­seits war auch von Bei­spie­len zu hören, wo Haupt- und Ehren­amt­li­che viel Herz­blut gezeigt hät­ten, um Kon­tak­te zu hal­ten und Ver­ein­sa­mung zu ver­hin­dern. Gera­de die orga­ni­sier­te Cari­tas“ habe sich vor Ort viel­fach in geleb­ter Dia­ko­nie“ bewährt. 

Von geleb­ter Dia­ko­nia erzählen.”

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In den grö­ßer wer­den­den Pas­to­ra­len Räu­men wer­de – wie schon in den bis­he­ri­gen Pfarr­ver­bän­den – die Fra­ge der Iden­ti­tät“ wie­der viru­lent, beton­ten Mit­ar­bei­ter der Gemein­de­ca­ri­tas. Erfah­rungs­ge­mäß gebe es bei Struk­tur­re­for­men auch Angst vor Ver­lust an Selb­stän­dig­keit und vor Anony­mi­sie­rung. Die Cari­tas-Tref­fen von Haupt- und Ehren­amt­li­chen, die seit gerau­mer Zeit regel­mä­ßig auf Deka­nats­ebe­ne ver­an­stal­tet wer­den, bil­de­ten hier einen Gegen­pol: Die Erfah­rung, mit gleich Gesinn­ten“ dia­ko­nisch unter­wegs zu sein, stär­ke sowohl den Gemein­schafts-Geist in einer Regi­on als auch die per­sön­li­che Moti­va­ti­on. Mit­un­ter wer­den die neu ent­ste­hen­den Pas­to­ra­len Räu­me auch als Chan­ce gese­hen: Wo sowohl Pries­ter und haupt­amt­li­che Seelsorger/​innen als auch Ehren­amt­li­che zah­len­mä­ßig weni­ger wer­den, sei es natür­lich gebo­ten, Kräf­te zu bün­deln“, sich über bis­he­ri­ge Pfar­rei­gren­zen hin­weg zu ver­net­zen und dia­ko­nisch-pas­to­ra­le Aktio­nen gemein­sam anzugehen. 

Zum Bei­spiel bei der Firm­vor­be­rei­tung: Nach­dem Bischof Ste­fan Oster das Pro­jekt Fir­mung ab 16“ auf den Weg gebracht hat­te, lie­fer­te auch die Gemein­de­ca­ri­tas etli­che Bau­stei­ne für neue sakra­men­ten­pas­to­ra­le Kon­zep­te, zuge­schnit­ten auf die neue Ziel­grup­pe und auf die regio­na­len Res­sour­cen. Beim Stu­di­en­tag stieß vor allem das Pilot­pro­jekt Jun­ge Bettler/​innen“ des Semes­ter­prak­ti­kan­ten Leon Ban­gerl auf Inter­es­se. Jun­ge Men­schen“, heißt es in sei­nem Pro­jekt­be­richt, sol­len Erfah­run­gen sam­meln als Cari­tas-Samm­ler/in­nen. Sie sol­len erfah­ren, wie es ist, von den Leu­ten emp­fan­gen oder auch abge­lehnt zu wer­den. Gleich­zei­tig wol­len wir das sozia­le Enga­ge­ment von Jugend­li­chen stär­ken und sie moti­vie­ren, Gutes zu tun. Auch bestehen­de Jugend­grup­pen und jun­ge Ver­ei­ne sol­len ein­be­zo­gen wer­den“. Für sein Pro­jekt fand der Stu­dent der Sozia­len Arbeit Koope­ra­ti­ons­part­ner in der Orts­ca­ri­tas sei­ner Hei­mat­pfar­rei, im Kirch­li­chen Jugend­bü­ro und einer akti­ven Pfad­fin­der­grup­pe, mit der er sich in der Woche vor dem Caritas­sonn­tag auf den Weg mach­te. Sein Fazit: Die Jugend­li­chen tra­fen ganz über­wie­gend auf herz­li­che Bür­ger, die bereit waren, für die Cari­tas zu spen­den.“

Eine wei­te­re Bei­spiel-Geschich­te für ver­netz­te Dia­ko­nie kam von der Gemein­de­ca­ri­tas im Stadt­de­ka­nat Pas­sau: Beim all­jähr­li­chen Pro­jekt Hei­lig Abend im Kon­ra­dinum“ hel­fen Haupt­amt­li­che der Cari­tas, der Bahn­hofs­mis­si­on und der Stadt­ver­wal­tung mit Ehren­amt­li­chen aus dem katho­li­schen und evan­ge­li­schen Deka­nat sowie der alt-katho­li­schen und der neu­apos­to­li­schen Kir­che zusam­men. Sie laden ein­sa­me und bedürf­ti­ge Men­schen aus dem Stadt­ge­biet ein, den Hei­li­gen Abend im Cari­tas­haus Kon­ra­dinum zu ver­brin­gen, gestal­ten eine Weih­nachts­an­dacht, orga­ni­sie­ren ein abend­li­ches Fest­me­nü und besche­ren ihre Gäs­te mit lie­be­voll gestal­te­ten Geschen­ken. (Coro­nabe­dingt wur­den aller­dings beim letz­ten Mal Essens- und Geschenk­pa­ke­te ambu­lant“ ver­teilt.)

Geh und hand­le genau­so“ – mit die­sem Appell aus dem Sama­ri­ter-Gleich­nis hat­te Agnes Ste­fen­el­li, GC-Refe­ren­tin für Vils­ho­fen und Pocking, ihren Ein­la­dungs-Impuls über­schrie­ben. Und wei­ter gefragt: Wie kön­nen wir genau­so han­deln? Wie ver­bin­den wir Wun­den? Wo sind gute Her­ber­gen?“ Die Teil­neh­men­den waren sich einig: Es gibt Wun­den – offen­sicht­li­che und ver­steck­te –, und es gibt Men­schen, die sie ver­bin­den. Es gibt hel­fen­de Hän­de und heil­sa­me Her­ber­gen. Es gibt erstaun­lich vie­le gute Geschich­ten von geleb­ter Dia­ko­nia in den Pas­to­ra­len Räu­men“. Genau die­se Geschich­ten gehö­ren wei­ter­erzählt, fass­te Fort­bil­dungs­re­fe­ren­tin Bar­ba­ra Mai­er zusam­men. Der Stu­di­en­tag sei ein Signal, das Mit­ein­an­der von Seel­sor­ge und Cari­tas wei­ter zu ver­tie­fen und zu kon­kre­ti­sie­ren, sprich: Gemein­sam hin­zu­schau­en und hin­zu­hö­ren, wo was Not tut“.

Text: Kon­rad Haberger

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