Am 20. und 21. April haben die Altöttinger Kapuziner das Bruder Konradfest gefeiert. Es stand heuer ganz im Zeichen des Doppeljubiläums: Bruder Konrad von Parzham starb vor 130 Jahren. Nur vierzig Jahre später wurde der Klosterpförtner aus Altötting heiliggesprochen. Die festliche Pontifikalmesse am Sonntag zelebrierte der emeritierte Bamberger Erzbischof Ludwig Schick.
„Ich verehre den heiligen Bruder Konrad seit meiner Kindheit. Heute sogar mehr als früher“, bekannte Schick, der schon oft in Altötting war und erst voriges Jahr eine Wallfahrt von Altötting nach Parzham und umgekehrt gemacht hatte, wie er erzählte. Gerade in der Zeit des Wiederaufbaus Deutschlands nach dem II. Weltkrieg, als es Vorbilder gebraucht habe, „die lehrten, dass man anpacken und arbeiten muss“, sei Bruder Konrad sehr verehrt worden, blickte der emeritierte Erzbischof in seiner Predigt zurück.
Vor allem aber stellte Schick den Heiligen als „Propheten für die Kirche und die Gesellschaft unserer Zeit“ vor. Denn Bruder Konrad könne „uns helfen, aus der Krise der Kirche und der Gesellschaft in Deutschland und auch weltweit herauszufinden“. Bruder Konrad sei nicht nur ein „großer Beter“ gewesen, sondern „ein liebenswürdiger Heiliger der Nächstenliebe – für sich anspruchslos, ja selbstlos“. Und eben dies seien „die Eigenschaften, die uns in Kirche und Gesellschaft heute besonders fehlen“.
Heute dominierten „Anspruchsdenken und Selbstverwirklichung“, besonders auch bei Amtsträgern, kritisierte Schick. Die Folgen seien „Habgier und Korruption, Karrieregerangel und Machtmissbrauch, Mobbing und Lügen, Arroganz und Distanz zu den einfachen Menschen“. Es gebe zu viele in Politik und Kirche, „für die mehr die Mikrofone und die Fernsehschirme wichtig sind als die Kapelle und das Allerheiligste“, zu viele, denen „die Institution wichtiger ist als der Geist Jesu“, zu viele, „die ihren Vorteil suchen anstatt Gemeinsinn und Gemeinwohl“, so der ehemalige Bamberger Erzbischof.
Natürlich solle sich jeder verwirklichen, erklärte Schick – aber eben nicht aus purem Selbstzweck, sondern entsprechend seiner von Gott geschenkten Begabungen, Talente und Charismen. Bruder Konrad sei ein „Gegenentwurf zu den Menschen der Ansprüche“. Er sei eine „reife christliche Persönlichkeit“ gewesen, „nicht so verbissen wie so viele heute“, außerdem „humorvoll und schlagfertig“ und dennoch „respektvoll und hilfsbereit“. Menschen wie er seien gerade heute notwendig für eine „geschwisterliche Kirche und eine solidarische Gesellschaft“, auch „für Ehe und Familie“. Erzbischof Schick betonte: „Der heilige Bruder Konrad von Parzham war sich bewusst, dass er Kind Gottes ist, Freund Christi und Schützling der Gottesmutter“. Gerade heute brauche es „anspruchslose und reife Menschen, die ihre Aufgaben für das Wohl ihrer Mitmenschen erfüllen“.
Am Ende seiner Predigt erinnerte Erzbischof Schick an den Weltgebetstag für geistliche Berufungen an diesem Tag und bat um das Gebet, ebenso um die Weitergabe des Glaubens.
Beim Vorabendgottesdienst am Samstagabend und bei der Vesper am Sonntagnachmittag predigte Stefan Federbusch, Provinzialvikar der Deutschen Franziskanerprovinz in München. Er betonte: „Bruder Konrads Blick auf die Welt und in die Welt waren die Menschen, die da vor ihm standen. Ihnen versuchte er gerecht zu werden und soweit wir wissen, tat er seinen Dienst an der ‚belebtesten Klosterpforte Bayerns‘ mit großer Zuverlässigkeit, mit viel Geduld und Zugewandheit zu den Menschen. Bei so viel Betrieb seien sicherlich auch viele „verhaltensoriginelle“ Menschen dabei gewesen, sagte Pater Stefan mit einem Schmunzeln. Auch deshalb sei es „eine hohe Kunst, ruhig zu bleiben und zu jedem freundlich zu sein“. „Bruder Konrad hatte offensichtlich diese Fähigkeit, in Gelassenheit und Gottvertrauen allen zu begegnen. Er verfügte über eine Art ‚Herzensschau‘, die ihn das Wesen der Menschen und ihre Bedürfnisse erkennen ließen und die ihm half, auch als eher stiller und zurückhaltender Mensch mit einer gewissen Schlagfertigkeit ein gutes und hilfreiches Wort für jede und jeden zu haben.“
Pater Stefan erläuterte auch den Grund für Bruder Konrads Fähigkeiten: „Bruder Konrad hat immer wieder auf das Kreuz geschaut. Hat diesem Mann am Kreuz seine persönlichen Anliegen, aber ebenso die Sorgen und Nöte der Menschen hingehalten. Deshalb konnte er für so viele zum Briefkasten, zum Kummerkasten werden.“ Der Prediger erklärte: „Das Kreuz verbindet Himmel und Erde. Mit seinem vertikalen Balken steht es für die Liebe zu Gott, die Bruder Konrad gelebt hat. Mit seinem horizontalen Balken verweist es auf die Liebe zu den Menschen, denen Konrad etwas von der Menschenfreundlichkeit Gottes verkündete.“
Bruder Konradfest im Jubiläumsjahr – Impressionen
Fotos: Roswitha Dorfner
Das Bruder Konradfest wird jedes Jahr rund um den Gedenktag des Heiligen am 21. April gefeiert. Zur Vorabendmesse am Samstag, die von der Altöttinger Hofmusik musikalisch gestaltet wurde, hatten die Kapuziner die Bruder Konrad-Hauptreliquie vom Bruder Konradkloster in die Basilika übertragen. Nach der Pontifikalmesse in der Basilika am Sonntag – musikalisch gestaltet von den Altöttinger Kapellsingknaben und der Mädchenkantorei unter Leitung von Herbert Hager und Kapellmeister Stefan Thinnes an der Orgel – fand eine Reliquienprozession über den Kapellplatz statt, die Kapuzinerpater Marinus Parzinger geistlich begleitete. Anschließend trafen sich die Besucher – u.a. waren die Zweite Altöttinger Bürgermeisterin Christine Burghart, einige Stadträte, Pfarrgemeinderäte und deren Vorsitzende Luise Hell sowie Fahnenabordnungen der Altöttinger Vereine gekommen – zu einem Zusammensein am Vorplatz der Basilika mit „Bruder-Konrad-Weckerl“ und Freigetränken. Nach der feierlichen Vesper am Nachmittag – zelebriert erneut von Franziskanerpater Stefan Federbusch und musikalisch gestaltet von der Schola Autingensis – erteilten Kapuziner den Einzelreliquiensegen.
Michael Glaß
Readkteur