Kirche vor Ort

„Prophet für unsere Zeit“

Redaktion am 22.04.2024

2024 04 22 pb alb bruder konradfest21 Foto: Roswitha Dorfner
Bruder Konradfest 2024: Der emeritierte Bamberger Erzbischof Ludwig Schick war Festprediger. Im Bild steht er mit einer Bruder Konradkerze bei einer Statio vor dem Bruder Konradkloster; im Hintergrund die Bruder Konrad-Hauptreliquie.

Am 20. und 21. April haben die Altöttinger Kapuziner das Bruder Konradfest gefeiert. Es stand heuer ganz im Zeichen des Doppeljubiläums: Bruder Konrad von Parzham starb vor 130 Jahren. Nur vierzig Jahre später wurde der Klosterpförtner aus Altötting heiliggesprochen. Die festliche Pontifikalmesse am Sonntag zelebrierte der emeritierte Bamberger Erzbischof Ludwig Schick.

Ich ver­eh­re den hei­li­gen Bru­der Kon­rad seit mei­ner Kind­heit. Heu­te sogar mehr als frü­her“, bekann­te Schick, der schon oft in Alt­öt­ting war und erst vori­ges Jahr eine Wall­fahrt von Alt­öt­ting nach Par­zham und umge­kehrt gemacht hat­te, wie er erzähl­te. Gera­de in der Zeit des Wie­der­auf­baus Deutsch­lands nach dem II. Welt­krieg, als es Vor­bil­der gebraucht habe, die lehr­ten, dass man anpa­cken und arbei­ten muss“, sei Bru­der Kon­rad sehr ver­ehrt wor­den, blick­te der eme­ri­tier­te Erz­bi­schof in sei­ner Pre­digt zurück.

Vor allem aber stell­te Schick den Hei­li­gen als Pro­phe­ten für die Kir­che und die Gesell­schaft unse­rer Zeit“ vor. Denn Bru­der Kon­rad kön­ne uns hel­fen, aus der Kri­se der Kir­che und der Gesell­schaft in Deutsch­land und auch welt­weit her­aus­zu­fin­den“. Bru­der Kon­rad sei nicht nur ein gro­ßer Beter“ gewe­sen, son­dern ein lie­bens­wür­di­ger Hei­li­ger der Nächs­ten­lie­be – für sich anspruchs­los, ja selbst­los“. Und eben dies sei­en die Eigen­schaf­ten, die uns in Kir­che und Gesell­schaft heu­te beson­ders fehlen“.

Heu­te domi­nier­ten Anspruchs­den­ken und Selbst­ver­wirk­li­chung“, beson­ders auch bei Amts­trä­gern, kri­ti­sier­te Schick. Die Fol­gen sei­en Hab­gier und Kor­rup­ti­on, Kar­rie­re­ger­an­gel und Macht­miss­brauch, Mob­bing und Lügen, Arro­ganz und Distanz zu den ein­fa­chen Men­schen“. Es gebe zu vie­le in Poli­tik und Kir­che, für die mehr die Mikro­fo­ne und die Fern­seh­schir­me wich­tig sind als die Kapel­le und das Aller­hei­ligs­te“, zu vie­le, denen die Insti­tu­ti­on wich­ti­ger ist als der Geist Jesu“, zu vie­le, die ihren Vor­teil suchen anstatt Gemein­sinn und Gemein­wohl“, so der ehe­ma­li­ge Bam­ber­ger Erzbischof.

2024 04 22 pb alb bruder konradfest9 Foto: Roswitha Dorfner
Bruder Konradfest 2024: Der emeritierte Bamberger Erzbischof Ludwig Schick während seiner Predigt in der Basilika.

Natür­lich sol­le sich jeder ver­wirk­li­chen, erklär­te Schick – aber eben nicht aus purem Selbst­zweck, son­dern ent­spre­chend sei­ner von Gott geschenk­ten Bega­bun­gen, Talen­te und Cha­ris­men. Bru­der Kon­rad sei ein Gegen­ent­wurf zu den Men­schen der Ansprü­che“. Er sei eine rei­fe christ­li­che Per­sön­lich­keit“ gewe­sen, nicht so ver­bis­sen wie so vie­le heu­te“, außer­dem humor­voll und schlag­fer­tig“ und den­noch respekt­voll und hilfs­be­reit“. Men­schen wie er sei­en gera­de heu­te not­wen­dig für eine geschwis­ter­li­che Kir­che und eine soli­da­ri­sche Gesell­schaft“, auch für Ehe und Fami­lie“. Erz­bi­schof Schick beton­te: Der hei­li­ge Bru­der Kon­rad von Par­zham war sich bewusst, dass er Kind Got­tes ist, Freund Chris­ti und Schütz­ling der Got­tes­mut­ter“. Gera­de heu­te brau­che es anspruchs­lo­se und rei­fe Men­schen, die ihre Auf­ga­ben für das Wohl ihrer Mit­men­schen erfüllen“.

Am Ende sei­ner Pre­digt erin­ner­te Erz­bi­schof Schick an den Welt­ge­bets­tag für geist­li­che Beru­fun­gen an die­sem Tag und bat um das Gebet, eben­so um die Wei­ter­ga­be des Glaubens.

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Bruder Konradfest 2024: Franziskanerpater Stefan Federbusch, der in seinen Predigten dazu aufrief, sich am Vorbild des heiligen Klosterpförtners zu orientieren und dabei die Metapher des Rahmens gebrauchte: „Das ist unsere christliche Rahmenordnung. Aus unserem menschlichen Rahmen wurde das göttliche Kreuz, damit wir Menschen eine neue Rahmung bekommen, die geprägt ist von der erlösenden Kraft des Kreuzes“, stellte er fest.

Beim Vor­abend­got­tes­dienst am Sams­tag­abend und bei der Ves­per am Sonn­tag­nach­mit­tag pre­dig­te Ste­fan Feder­busch, Pro­vin­zi­al­vi­kar der Deut­schen Fran­zis­ka­ner­pro­vinz in Mün­chen. Er beton­te: Bru­der Kon­rads Blick auf die Welt und in die Welt waren die Men­schen, die da vor ihm stan­den. Ihnen ver­such­te er gerecht zu wer­den und soweit wir wis­sen, tat er sei­nen Dienst an der beleb­tes­ten Klos­ter­pfor­te Bay­erns‘ mit gro­ßer Zuver­läs­sig­keit, mit viel Geduld und Zuge­wand­heit zu den Men­schen. Bei so viel Betrieb sei­en sicher­lich auch vie­le ver­hal­ten­so­ri­gi­nel­le“ Men­schen dabei gewe­sen, sag­te Pater Ste­fan mit einem Schmun­zeln. Auch des­halb sei es eine hohe Kunst, ruhig zu blei­ben und zu jedem freund­lich zu sein“. Bru­der Kon­rad hat­te offen­sicht­lich die­se Fähig­keit, in Gelas­sen­heit und Gott­ver­trau­en allen zu begeg­nen. Er ver­füg­te über eine Art Her­zens­schau‘, die ihn das Wesen der Men­schen und ihre Bedürf­nis­se erken­nen lie­ßen und die ihm half, auch als eher stil­ler und zurück­hal­ten­der Mensch mit einer gewis­sen Schlag­fer­tig­keit ein gutes und hilf­rei­ches Wort für jede und jeden zu haben.“

Pater Ste­fan erläu­ter­te auch den Grund für Bru­der Kon­rads Fähig­kei­ten: Bru­der Kon­rad hat immer wie­der auf das Kreuz geschaut. Hat die­sem Mann am Kreuz sei­ne per­sön­li­chen Anlie­gen, aber eben­so die Sor­gen und Nöte der Men­schen hin­ge­hal­ten. Des­halb konn­te er für so vie­le zum Brief­kas­ten, zum Kum­mer­kas­ten wer­den.“ Der Pre­di­ger erklär­te: Das Kreuz ver­bin­det Him­mel und Erde. Mit sei­nem ver­ti­ka­len Bal­ken steht es für die Lie­be zu Gott, die Bru­der Kon­rad gelebt hat. Mit sei­nem hori­zon­ta­len Bal­ken ver­weist es auf die Lie­be zu den Men­schen, denen Kon­rad etwas von der Men­schen­freund­lich­keit Got­tes verkündete.“

Bruder Konradfest im Jubiläumsjahr – Impressionen

Fotos: Ros­wi­tha Dorfner

Das Bru­der Kon­rad­fest wird jedes Jahr rund um den Gedenk­tag des Hei­li­gen am 21. April gefei­ert. Zur Vor­abend­mes­se am Sams­tag, die von der Alt­öt­tin­ger Hof­mu­sik musi­ka­lisch gestal­tet wur­de, hat­ten die Kapu­zi­ner die Bru­der Kon­rad-Haupt­re­li­quie vom Bru­der Kon­rad­klos­ter in die Basi­li­ka über­tra­gen. Nach der Pon­ti­fi­kal­mes­se in der Basi­li­ka am Sonn­tag – musi­ka­lisch gestal­tet von den Alt­öt­tin­ger Kapell­sing­kna­ben und der Mäd­chen­kan­to­rei unter Lei­tung von Her­bert Hager und Kapell­meis­ter Ste­fan Thin­nes an der Orgel – fand eine Reli­qui­en­pro­zes­si­on über den Kapell­platz statt, die Kapu­zi­ner­pa­ter Mari­nus Par­zin­ger geist­lich beglei­te­te. Anschlie­ßend tra­fen sich die Besu­cher – u.a. waren die Zwei­te Alt­öt­tin­ger Bür­ger­meis­te­rin Chris­ti­ne Burg­hart, eini­ge Stadt­rä­te, Pfarr­ge­mein­de­rä­te und deren Vor­sit­zen­de Lui­se Hell sowie Fah­nen­ab­ord­nun­gen der Alt­öt­tin­ger Ver­ei­ne gekom­men – zu einem Zusam­men­sein am Vor­platz der Basi­li­ka mit Bru­der-Kon­rad-Weckerl“ und Frei­ge­trän­ken. Nach der fei­er­li­chen Ves­per am Nach­mit­tag – zele­briert erneut von Fran­zis­ka­ner­pa­ter Ste­fan Feder­busch und musi­ka­lisch gestal­tet von der Scho­la Autin­gen­sis – erteil­ten Kapu­zi­ner den Einzelreliquiensegen.

Michael Glass

Michael Glaß

Redakteur

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