Bistum

Auf Godehards Spuren

Redaktion am 23.08.2022

2022 08 23 pb alb godehard bischoefe pilgertour Foto: Susanne Schmidt / pbp
Auf Godehards Spuren: Der Heilige Godehard verbindet die beiden Bistümer Passau und Hildesheim. Beim Katholikentag steckten die beiden Bischöfe Stefan Oster und Heiner Wilmer die Stationen der Pilgertour von Nord nach Süd ab.

Er ist unter anderem Namensgeber für einen der wichtigsten Pässe der Alpen: der heilige Godehard oder Gotthard, wie er bei uns im Süden gerufen wird. In Hildesheim feiert man heuer den 1000. Jahrestag seiner Bischofsweihe, doch geboren wurde er in Niederbayern. Wer war dieser berühmte Heilige? Wir haben uns auf Spurensuche begeben und bei Archivdirektorin Prof. Dr. Hannelore Putz nachgefragt.

Frau Putz, die Eck­da­ten kann man bequem bei Wiki­pe­dia nach­le­sen: Gode­hard, gebo­ren 960 in Rei­chers­dorf bei Nie­der­al­t­eich in Nie­der­bay­ern, gestor­ben am 5. Mai 1038 in Hil­des­heim. Dazwi­schen liegt ein sehr span­nen­des Leben. Wer war die­ser Gode­hard, der auch heu­te noch ein Namens­ge­ber für Päs­se, Tun­nel, Schu­len und vie­les mehr ist?
Prof. Dr. Han­ne­lo­re Putz: Gode­hard oder Gott­hard, wie ihn die Leu­te bei uns seit dem 19. Jahr­hun­dert nen­nen, war tat­säch­lich der ers­te Alt­bay­er, der hei­lig­ge­spro­chen wor­den ist. Das war im Jahr 1131. Dar­an sieht man schon, dass er ein ganz beson­de­rer Typ gewe­sen sein muss. Und tat­säch­lich zeich­ne­te die­sen Gode­hard sehr vie­les aus: Er leb­te tief aus sei­nem Glau­ben, war sehr intel­li­gent und gebil­det, sehr tat­kräf­tig und enorm wil­lens­stark. Gleich­zei­tig scheint er auch den Men­schen beson­ders zuge­wandt gewe­sen zu sein. Offen­sicht­lich hat­te er ihr Wohl stets im Blick gehabt. Unab­läs­sig hat er sich in Gebet und Aske­se geübt, kom­pro­miss­los und mit uner­schüt­ter­li­chem Gott­ver­trau­en sich von Chris­tus in den Dienst neh­men las­sen. Das berich­tet uns Wolf­he­re, der Bio­graph Gode­hards, der vol­ler Sym­pa­thie und Ver­eh­rung über den Abt und spä­te­ren Bischof schreibt.

2022 08 23 pb alb godehard statue Foto: Bistum Hildesheim
Das Bild zeigt ein Detail des Godehardschreins im Dom zu Hildesheim.

Was weiß man denn über sei­ne Kind­heit?
Prof. Dr. Han­ne­lo­re Putz: Gode­hard ist 960 in Rei­chers­dorf in der Nähe von Nie­der­al­t­eich gebo­ren wor­den. Sein Vater war so etwas wie ein Wirt­schafts­lei­ter im Klos­ter Nie­der­al­taich. In der dor­ti­gen Schu­le wur­de Gode­hard von Odal­gi­sus unter­rich­tet. Er lern­te die ele­men­ta­ren Kul­tur­tech­ni­ken des Lesens, Schrei­bens und Sin­gens. Bald schon aber führ­te der Leh­rer den so intel­li­gen­ten Schü­ler Stück für Stück wei­ter ein in die Welt des damals bekann­ten Wis­sens. Nach eini­gen Jah­ren erkann­te der dama­li­ge Erz­bi­schof Fried­rich von Salz­burg, wie begabt die­ser Jugend­li­che in Altaich war. Er nahm ihn unter sei­ne Fit­ti­che – Gode­hard lern­te Salz­burg, Ita­li­en und vie­le wei­te­re Orte des Wis­sens ken­nen. Nach Jah­ren der Aus­bil­dung kehr­te der inzwi­schen jun­ge Mann nach Altaich zurück – in den Küns­ten und Wis­sen­schaf­ten erfah­ren und gelehrt. 

Dazu muss­te er aber schon in sehr jun­gen Jah­ren gro­ße Ent­schei­dun­gen tref­fen, etwa die Eltern zu ver­las­sen und in die Ein­sie­de­lei zu gehen…
Prof. Dr. Han­ne­lo­re Putz: Beson­ders haben Gode­hard die Erzäh­lun­gen über Hei­li­ge und Ein­sied­ler inter­es­siert. Vol­ler Begeis­te­rung hat er bei­spiels­wei­se die Lebens­be­schrei­bung des Hei­li­gen Mar­tin gele­sen. Von ihm hat er sich als Kna­be auch inspi­rie­ren las­sen, Ein­sied­ler wer­den zu wol­len. Mit einem Schul­ka­me­ra­den mach­te er sich ohne Abspra­che mit Leh­rern und Eltern auf den Weg. Sie bete­ten tage­lang Psal­men und ernähr­ten sich von Baum­blät­tern, Wur­zeln und Kräu­tern. Die besorg­ten Eltern wie­der­um such­ten die bei­den Jung-Ere­mi­ten“, fan­den sie nach eini­gen Tagen im Wald und brach­ten sie wie­der zurück nach Hau­se. Die bei­den Buben sind dann auch wie­der in die Schu­le gegan­gen. Die Ein­sie­de­lei blieb bei ihnen für den Moment nur eine Epi­so­de – aber spür­bar wird dar­an bereits, wie sehr Gode­hard von innen her­aus den Glau­ben leb­te und wie sehr er in sich ein fes­tes Fun­da­ment des Glau­bens und der Chris­tus­be­zie­hung aufbaute. 

War­um ist er in Nie­der­al­taich ein­ge­tre­ten? Zufall?
Prof. Dr. Han­ne­lo­re Putz: Nie­der­al­taich war für Gode­hard von Kind­heit an der ver­trau­te Ort. Dort hat­te er Beten und Arbei­ten gelernt, dort wur­de er zutiefst in die Spi­ri­tua­li­tät des Hei­li­gen Bene­dikt hin­ein­ver­wo­ben. Sei­ne Prä­gun­gen hat­te er unter dem Schutz des Hei­li­gen Mau­ri­ti­us erhal­ten – dem Patron der Klos­ter­kir­che. Ihn ver­ehr­te Gode­hard ein Leben lang – auch nach­dem er das Klos­ter ver­las­sen hat­te und Bischof in Hil­des­heim gewor­den war. Die­se tie­fe Ver­bun­den­heit wird bei­spiels­wei­se sicht­bar dar­an, dass er dem Hei­li­gen Mau­ri­ti­us in Hil­des­heim eine Kapel­le weihte.

2022 08 23 pb alb godehard cover glauben geht Foto: red
Buchcover: Stefan Oster SDB – Heiner Wilmer SCJ (Hg.): Glauben geht!

Buch-Tipp: Ste­fan Oster SDB – Hei­ner Wil­mer SCJ (Hg.): Glau­ben geht! – Der Hei­li­ge Gode­hard – Von Nie­der­al­taich nach Hil­des­heim. Mit Bei­trä­gen von Maria­nus Bie­ber OSB, Mat­thi­as Bode, Ste­fan Bra­nahl, Wolf­gang Krin­nin­ger, Ste­fan Oster SDB, Han­ne­lo­re Putz, Tho­mas Scharf-Wre­de, Hei­ner Wil­mer SCJ. Das Buch ist ab 12. Sep­tem­ber für 9,99 Euro u.a. im Dom­la­den Pas­sau erhält­lich.

Gode­hard war fast 25 Jah­re lang Abt in Nie­der­al­taich. Sind sei­ne Spu­ren heu­te noch gegen­wär­tig in Nie­der­bay­ern?
Prof. Dr. Han­ne­lo­re Putz: Ja, von Gode­hard gibt es immer­hin noch sei­nen Abt­stab, sei­ne Kasel, einen Pon­ti­fi­kal­schuh und ein Zin­gu­lum. Die Stü­cke sind inzwi­schen mehr als 1000 Jah­re alt und zei­gen sehr schön, dass Gode­hard nie in Nie­der­al­taich ver­ges­sen wur­de, son­dern als Hei­li­ger immer ver­ehrt wor­den ist. In der Basi­li­ka gibt es eine Gode­hard-Kapel­le, in dem Haus in Rei­chers­dorf, wo er gebo­ren ist, wird die Memo­ria gepflegt – und zwar min­des­tens seit dem 16. Jahr­hun­dert. Das ist ganz beson­ders bemer­kens­wert. Denn eine so lan­ge kon­ti­nu­ier­li­che Ver­eh­rungs­tra­di­ti­on an dem Geburts­ort eines Hei­li­gen ist durch­aus selten.

Wir reden vom Mit­tel­al­ter – Gode­hard leb­te in einer Zeit, in der Klös­ter die Zen­tren von Wis­sen und Kul­tur waren. Es gab aber auch Umwäl­zun­gen: Vie­le Klös­ter zeich­ne­ten sich auch durch eine – heu­te wür­de man wohl sagen – mensch­li­che Lebens­wei­se aus, waren also weit ent­fernt von dem, was dem Ordens­grün­der Bene­dikt von Nur­sia so wich­tig war. Wel­che Rol­le spiel­te da Gode­hard?
Prof. Dr. Han­ne­lo­re Putz: Als Gode­hard in Nie­der­al­taich zur Schu­le ging, hat­te sich das Klos­ter von der eigent­lich bene­dik­t­i­ni­schen Lebens­form ent­fernt. Es war zu einem Kano­ni­ker­stift gewor­den. Die Kle­ri­ker haben sich damit eine deut­lich leich­te­re Lebens­form zur Norm gemacht. Dem Salz­bur­ger Erz­bi­schof und dem baye­ri­schen Her­zog Hein­rich dem Zän­ker hat das nicht sehr gefal­len. Kurz­ent­schlos­sen haben sie das Stift refor­miert, die Gemein­schaft zur bene­dik­t­i­ni­schen Lebens­ord­nung zurück­ge­führt und einen Reform­abt ein­ge­setzt. Sol­che Pro­zes­se rufen aber häu­fig Unstim­mig­kei­ten und Streit her­vor. Die nun­meh­ri­gen Mön­che muss­ten sich von lieb­ge­won­ne­nen Tra­di­tio­nen und Lebens­ord­nun­gen tren­nen – die bene­dik­t­i­ni­sche Reform­ord­nung bean­spruch­te den gesam­ten Men­schen und sei­ne gan­ze Kraft. Sie muss­ten nun auf eige­nen Besitz, eige­nen Wil­len sowie Ehe und Sexua­li­tät ver­zich­ten. Der Tages­ab­lauf folg­te einem strik­ten Plan. Gebet, Arbeit und Aske­se bestimm­ten das Leben jedes Einzelnen.

2022 08 23 pb alb godehard kapelle aufmacher 35 2022 Foto: Armin Berger / pbp
Auf Godehards Spuren: Im kleinen Ort Reichersdorf begann die Weltkarriere des Heiligen Godehard. Vor 1000 Jahren wurde er zum Bischof geweiht.

Was kön­nen wir von die­sem Hei­li­gen in der heu­ti­gen Zeit ler­nen?
Prof. Dr. Han­ne­lo­re Putz: Der Hei­li­ge Gode­hard hat aus der spi­ri­tu­el­len Innen­sei­te“ sei­nes Lebens her­aus gehan­delt. Das Gebet hat sei­nen Tag durch­wirkt, sei­ne Ent­schei­dun­gen hat er aus dem Gespräch mit dem Herrn her­aus getrof­fen. Dabei wird spür­bar, dass er Her­aus­for­de­run­gen ange­nom­men und sie vor Gott gelegt hat, mit der Bit­te, dafür Lösun­gen zu fin­den. Gleich­zei­tig aber hat er wil­lens­stark das, was ihm im Gebet rich­tig erschie­nen ist, kon­se­quent durch­zu­set­zen ver­sucht. Mit uner­schüt­ter­li­chem Gott­ver­trau­en ist er so in die gro­ßen und sehr schwie­ri­gen Reform­pro­zes­se in Nie­der­al­taich, Tegern­see, Hers­feld, Krems­müns­ter und auch spä­ter in Hil­des­heim gegan­gen. Die inten­si­ve Ori­en­tie­rung nach innen hat es ihm ermög­licht, kraft­voll nach außen zu agie­ren. Ich glau­be, dass die­ses Anver­trau­en des eige­nen Lebens und Wir­kens an Gott etwas ist, was wir heu­te beson­ders von ihm ler­nen kön­nen. Wir kön­nen nicht alles sel­ber machen und müs­sen das auch nicht. Viel­mehr ist es für uns gut, auch mal etwas Gott zu über­las­sen und im Hören auf ihn unse­re Wege und Lösun­gen zu fin­den und zu gestalten.

Dr. Hannelore Putz

Prof. Dr. Hannelore Putz

Archivdirektorin

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