
Das neue Wappen von Papst Leo XIV. ist nun an der Päpstlichen Basilika in Altötting angebracht worden.
Der Mann mit der Baseballmütze scheint ein passionierter Angler aus Alaska zu sein, jedenfalls wenn man der Stickerei auf seiner Kappe Glauben schenkt. Und das darf man, denn Amerikaner lieben es, die Logos ihrer Hobbys oder gar ihrer Heimatregion auf T‑Shirts oder auf einer Kopfbedeckung zur Schau zu stellen – wie eben dieser Pilger aus Übersee am vergangenen Freitag auf dem Vorplatz der Sankt Anna-Basilika. Es ist brütend heiß, man sieht zu, dass man sich in den Schatten der Bäume verziehen kann. Und so stehen sie nebeneinander, rein zufällig oder, man ist ja in Altötting, durch göttliche Fügung: Der Mann aus der Ferne mit seiner beigen Kappe, Kirchenmaler Reinhard Wimmer mit einem buntschimmernden Etwas in Luftpolsterfolie und Kapuzinerbruder Vinzenz Müller, der Basilikamesner, heute im offenen blaugrauen Arbeitsmantel. Es ist halb drei Uhr nachmittags, die Freiwillige Feuerwehr Altötting in kleiner, aber prominenter Vorstandsbesetzung rückt an, mit ihrer Drehleiter „Florian Altötting 30/1“ und positioniert ihr Fahrzeug vor dem Portal der Basilika.
Reinhard Wimmer schlägt die dicke Schutzfolie seines Mitbringsels zurück, der Mann aus den USA blickt neugierig auf das darin verborgene Zinnoval, nickt anerkennend, lächelt flüsternd „The Pope“, zückt sein Handy, fotografiert das sich aus der durchsichtigen Verpackung herausschälende Wappenschild Papst Leo XIV., und schickt die Bilder des Papstwappens, das von heute an über dem Portal der Päpstlichen Wallfahrtsbasilika thront, nach Hause. Altötting und Anchorage in Alaska sind einen winzigen Moment lang eins – ganz so wie es im Wahlspruch des neuen Papstes heißt: „In Illo uno unum – In dem, der eins ist, sind wir eins“.

Nach Papst Franziskus ist Robert Francis Prevost erst der zweite Pontifex maximus, der in sein Wappen eine Banderole mit seinem Leitsatz aufnehmen ließ. Wie sein Amtsvorgänger aus Argentinien hält der ehemalige Bischof der peruanischen Diözese Chiclayo an inhaltlich gleichen Elementen fest, die bereits sein Bischofs- und Kardinalswappen geschmückt hatten. Er verwendet ebenfalls über dem Wappenschild die Mitra statt der Tiara und verweist wie Jorge Mario Bergoglio auch auf seine Ordenszugehörigkeit: Ein geschlossenes Buch, auf dem ein von einem Pfeil durchbohrtes Herz zu sehen ist, soll an die Worte seines Ordensgründers, des heiligen Augustinus, erinnern, der auf seinem Weg zum Glauben sagte: „Du hast mein Herz mit deinem Wort durchbohrt“. Auch Papst Benedikt XVI. hatte bereits seine Verehrung für den Kirchenlehrer Augustinus in sein Wappen einfließen lassen. Es zeigte eine Muschel, das augusteische Symbol dafür, Gott nie ganz erfassen zu können.
Die marianische Spiritualität des aktuellen Papstes spielt in der Blasonierung eine Rolle – ganz so wie bei Franziskus und Johannes Paul II.: Auf blauem Grund – blau gilt als die Farbe Mariens – ist eine weiß-silberne Lilie, das Symbol für Reinheit und Unschuld abgebildet. Ob die Lilie auch ein dezent versteckter Hinweis auf die französischen und kreolischen Wurzeln sein könnte, wurde bislang noch nicht diskutiert.
Stilistisch sicher ist, dass Papst Leo XIV. wieder zur nach unten spitz zulaufenden französischen Form des Wappenschildes zurückgekehrt ist – anders als seine Vorgänger.
Mittlerweile haben die Feuerwehrmänner die Taubenschutzgitter vor dem von Engeln flankierten Bronzerahmen über dem Basilika-Eingang gelöst. Kirchenmaler Reinhard Wimmer setzt vorsichtig das neue Papstwappen in den Rahmen. Der zweite Vorstand der Altöttinger Feuerwehr Christoph Huber schraubt das Oval fest. Papst Leo XIV. hat somit für alle ersichtlich Besitz von seiner Altöttinger Basilika genommen – sein persönliches „Logo“ prangt von jetzt an bis zum Eintritt der nächsten Sedisvakanz überall dort, wo päpstlicher Besitz oder Urheberschaft anzuzeigen ist, im Vatikan und außerhalb des Kirchenstaats sowie an weltweit fast 1900 Basilicae minores, vier davon im Bistum Passau. Ob gemalt, gedruckt, gestanzt, gestickt, gemeißelt, gegossen, geschnitzt oder sogar in Blumenbeeten gepflanzt – die päpstliche Wort-Bildmarke gehört von nun an zu den bedeutendsten der Welt.
Text: Maximiliane Heigl-Saalfrank