Bistum

Ein Bauseelsorger hört auf

Redaktion am 20.10.2025

Der stellvertretender Diözesanbaumeister Thomas Rösch vor 27 Jahren in seinem Büro. Info Icon Foto: Privat/pbp
Der stellvertretender Diözesanbaumeister Thomas Rösch vor 27 Jahren in seinem Büro.

Stellvertretender Diözesanbaumeister Thomas Rösch hat im Bistum Passau Baugeschichte geschrieben. Ende des Jahres geht er in Ruhestand.

Ein son­ni­ger Frei­tag­nach­mit­tag im Früh­ling 1994: Der flei­ßi­ge Tho­mas Rösch mäht im Frei­zeit­look in sei­nem Gar­ten in Pas­sau-Hei­ning den Rasen. Auf ein­mal klin­gelt das Tele­fon: Rösch, ich möcht’ Sie gern ken­nen­ler­nen, kom­men S’ doch jetzt gleich zum Vor­stel­lungs­ge­spräch in mein Büro“, sag­te der legen­dä­re und früh ver­stor­be­ne Diö­ze­san­bau­meis­ter Josef Lech­ner. Kurz dar­auf betritt Tho­mas Rösch in kur­zen Hosen und leicht ver­schwitzt zum ers­ten Mal den Ort, an den er in den nächs­ten 31 Jah­ren fünf Mal die Woche so gern – dann natür­lich immer sau­ber mit Hemd und Sak­ko – gehen wird.

Ende die­ses Jah­res wird er zum letz­ten Mal um kurz vor halb neun Uhr mit sei­ner grau­en Akten­ta­sche durch den Tor­bo­gen des Dom­plat­zes 3 mar­schie­ren und im zwei­ten Ober­ge­schoss emsig sei­ne Arbeit, zuletzt als stell­ver­tre­ten­der Diö­ze­san­bau­meis­ter, Gebiets­re­fe­rent und Lei­ter der Stabs­stel­le Arbeits­schutz, ver­rich­ten. Der 65-Jäh­ri­ge geht in Ren­te. Eine Insti­tu­ti­on legt die letz­ten Stei­ne sei­ner beruf­li­chen Baustelle.

Wenn ich durchs Bis­tum fah­re, den­ke ich mir immer wie­der: Wow, an der Reno­vie­rung oder dem Neu­bau habe ich ja auch mit­ge­wirkt’“, erzählt Rösch. Es ist schön, zu sehen, dass etwas bleibt.“ Rund 700 Kir­chen zählt das Bis­tum, etwa die Hälf­te hat Rösch schon von innen gesehen.

Einen wie ihn wird es nicht mehr geben: Tho­mas Rösch bean­sprucht als Dienst­äl­tes­ter im Diö­ze­san­bau­amt nicht nur zahl­rei­che Super­la­ti­ve für sich, sei­ne Stel­le wird auch nicht nach­be­setzt. Der Grund: Ratio­na­li­sie­rungs­maß­nah­men. Mir tut es nur für die Kol­le­gen leid. Ich sehe das Arbeits­pen­sum, das schon jetzt sehr hoch ist, obwohl wir sechs Gebiets­re­fe­ren­ten sind.“

Thomas Rösch. Info Icon Foto: Privat/pbp

Der 65-Jäh­ri­ge hin­ter­lässt in dop­pel­ter Hin­sicht eine Lücke. Seit knapp 20 Jah­ren ist er neben sei­ner Bau­amts-Tätig­keit auch Lei­ter der Stabs­stel­le Arbeits­schutz. Rösch hat­te die Stel­le von sei­ner Vor­gän­ge­rin Rena­te Vog­gen­rei­ter als Ein-Mann-Pos­ten über­nom­men, inzwi­schen arbei­ten neben ihm zwei Voll- und zwei Teil­zeit­kräf­te in der Abtei­lung. Als Lei­ter der Stabs­stel­le muss­te er eine ein­ein­halb­jäh­ri­ge Aus­bil­dung absol­vie­ren. Rösch arbei­te­te damals wei­ter Voll­zeit, am Abend und an den Wochen­en­den wur­de gepaukt.

Der Pau­ken­schlag folg­te bald nach sei­nem Aus­bil­dungs­ab­schluss: Am 22. Dezem­ber 2007 stürz­te in Eggen­fel­den eine insta­bi­le Kan­zel zu Boden. Mit ihr zwei Per­so­nen, die dar­auf beim Christ­baum­schmü­cken stan­den und sich ver­letz­ten. Rösch ver­an­lass­te dar­auf­hin, alle Kan­zeln und Empo­ren im Bis­tum auf ihre Sta­tik zu über­prü­fen. Auch sorg­te er dafür, dass jede Pfar­rei einen eige­nen Arbeits­schutz­ord­ner anleg­te: Wer schreibt, der bleibt“, kom­men­tiert er.

Oft habe Rösch sich beim Arbeits­schutz wie ein Mis­sio­nar“ gefühlt. Er zitiert den Kir­chen­leh­rer Augus­ti­nus: Nur wer selbst brennt, kann in ande­ren Feu­er ent­fa­chen.“ Rösch mag sol­che klei­nen Sprü­che. In fast jeder Situa­ti­on hat er eine pas­sen­de Paro­le parat. Das zeigt sich auch in sei­nem Büro: Links neben der Tür hängt ein Zitat des Phi­lo­so­phen Arthur Schopenhauer.

Büros erzäh­len Geschich­ten – zumin­dest wenn man 31 Jah­re drin war. In Rös­chs Zim­mer riecht es leicht nach Rauch. Auch die recht­ecki­ge Aus­beu­lung in sei­ner Hemd­ta­sche ver­rät sein Las­ter. Ich war der Letz­te, der hier im Haus drin­nen geraucht hat“, so Rösch. Seit 2010 muss er für eine Ziga­ret­te an die fri­sche Luft gehen.

Sein Büro ist wahr­lich ein Papier­pa­last. Nur das Genie über­blickt das Cha­os – und ich fin­de immer alles.“ Wie­der einer von sei­nen Sprü­chen. Doch nicht nur Akten und Ord­ner sind in Rös­chs Büro zu fin­den, auch lie­gen dort ein wei­ßer Bau­stel­len­helm und schwe­re Sicher­heits­schu­he. Unge­fähr einen Tag in der Woche ver­brin­ge ich auf der Bau­stel­le und schaue, wie die Pro­jek­te so laufen.“

In über 30 Jah­ren am sel­ben Arbeits­platz ent­wi­ckelt man so sei­ne Eigen­hei­ten, das kann auch Tho­mas Rösch nicht leug­nen. Da wäre die Ther­mos­kan­ne Kaf­fee, die neben einer Tas­se auf einem alten Schmier­pa­pier rechts von sei­nem PC steht. Rösch bringt sie jeden Mor­gen von daheim mit (Zitat: Da weiß ich, was drin­nen ist.“). An der Wand hängt ein Pla­kat der Gemein­de Non­nen­horn am Boden­see (Zitat: Blau beru­higt.“). Außer­dem fin­det man an der Pinn­wand eine von Rösch gefer­tig­te Zeich­nung. Dar­auf ist eine knor­ri­ge Eiche zu sehen, gezeich­net mit dem Tusche­fül­ler. Die stammt noch aus dem zwei­ten Semes­ter mei­nes Archi­tek­tur­stu­di­ums“, erin­nert sich Rösch. Von 1980 bis 1984 stu­dier­te er Archi­tek­tur in Regensburg.

Sich sor­gen, dass es ihm künf­tig lang­wei­lig wird, braucht sich nie­mand: Der Tech­nik­pro­fi betreut die Home­page des Hei­nin­ger Spon­ti-Chors und der Leuk­ämie­hil­fe Pas­sau. Ers­te­ren hat sei­ne Frau Christl 1994 spon­tan, daher der Name, gegrün­det. Rösch singt dort als Tenor mit und spielt Gitar­re. Mit den sechs Sai­ten beschäf­tigt er sich seit fünf Jahrzehnten.

Rösch bleibt sei­nen Lei­den­schaf­ten treu, das ist nicht nur am Arbeits­platz oder bei der Musik so, son­dern auch beim Minis­trie­ren in St. Paul. Gan­ze 17 Jah­re ging sein Dienst am Altar. Kurz nach mei­ner Hoch­zeit 1985 habe ich dann auf­ge­hört“, erin­nert sich der stu­dier­te Archi­tekt. Sei­ne Frau Christl hät­te Rösch nie ohne das Minis­trie­ren ken­nen­ge­lernt: Ich war Ober­mi­nis­trant, sie Pfarr­se­kre­tä­rin in St. Paul“, lacht der Lek­tor und Kom­mu­ni­on­hel­fer. Sohn Mar­kus, 39, und Toch­ter Stef­fi, 37, natür­lich bei­de ehe­ma­li­ge Minis­tran­ten wie der Papa, mach­ten schließ­lich das Fami­li­en­glück per­fekt. Mit den vier Enkeln hat der stol­ze Opa viel Freude.

In Hei­ning kennt man ihn, dabei ist Rösch als gebür­ti­ger Münch­ner im Alter von einem Jahr mit sei­nen Eltern in die Pas­sau­er Alt­stadt gezo­gen und dort auch auf­ge­wach­sen. Mit Freun­den aus dem Hei­nin­ger Spon­ti-Chor sowie Dr. Ralf-Peter Filipp grün­de­te Rösch 2005 die Pas­sau­er Leuk­ämie­hil­fe. Sei­ne simp­le Begrün­dung: War­um nicht hel­fen, wenn man es kann?“ Auf den stell­ver­tre­ten­den Diö­ze­san­bau­meis­ter kann man bauen.

Gab es in all der Zeit ein­mal ein Lieb­lings­pro­jekt? Rösch seufzt. Es hat alles Spaß gemacht“, meint er. Jedes Pro­jekt hat­te sei­nen eige­nen Reiz, doch eines blieb immer gleich: Mir war es wich­tig, ein gutes Ver­hält­nis mit den Kir­chen­pfle­gern vor Ort zu haben. Ärger gab es nie.“ Auch im Büro im Dom­platz 3 war Rösch eine gute Stim­mung unter den Kol­le­gen immer wichtig.

Sekre­tä­rin Sig­rid Sex­lin­ger macht Rösch in Sachen Dienst­jah­ren fast Kon­kur­renz, sie fei­er­te heu­er ihr 30-Jäh­ri­ges“. Mei, er wird schon sehr abge­hen“, meint Sex­lin­ger. Es ist halt kei­ner so pflicht­be­wusst wie er.“ Auch Rös­chs Vor­ge­setz­ter Jochen Jar­zom­bek hat nur Lob für ihn übrig: Er ist eben ein rich­ti­ger Bau­see­l­sor­ger, einer, der im Bis­tum Bau­ge­schich­te geschrie­ben hat.“

Text: Anna Kelbel

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