Das glauben wir

„Was uns heilt, sind Glaube, Hoffnung, Liebe“

Redaktion am 28.07.2025

Blick auf den Paradiesgarten im Europakloster Gut Aich. Info Icon Foto: Christine Hochreiter
Blick auf den Paradiesgarten im Europakloster Gut Aich.

Zugehörigkeit als Lebenselixier: Die Botschaften der Kirchenlehrerin Hildegard von Bingen stehen im Mittelpunkt eines Seminars im Europakloster Gut Aich in St. Gilgen. Unsere Autorin hat ihre Erfahrungen zusammengefasst.

Es ist nur eine klei­ne Ges­te, doch sie berührt: Nach der Ves­per wäscht ein Mönch den neu­en Semi­nar-Gäs­ten die Hän­de. Die­ses Bene­dik­ti­ner-Ritu­al passt per­fekt zum Leit­mo­tiv des Euro­pa­klos­ters Gut Aich in St. Gil­gen: In Bezie­hung kom­men“. Das Klos­ter am Wolf­gang­see ist ein außer­ge­wöhn­li­ches Klos­ter. Es ist gera­de ein­mal 33 Jah­re alt. Gegrün­det wur­de es 1993 von Pater Johan­nes Pausch mit zwei Mitstreitern.

Paradiesgartenwasser mit Blüten aus dem Paradiesgarten, die das Wasser aromatisieren. Info Icon Foto: Christine Hochreiter
Paradiesgartenwasser mit Blüten aus dem Paradiesgarten, die das Wasser aromatisieren.

Der gebür­ti­ge Ober­pfäl­zer hat­te im nie­der­baye­ri­schen Met­ten die Klos­ter­schu­le und das Inter­nat besucht, war dort in den Orden ein­ge­tre­ten und hat­te meh­re­re Jah­re als Leh­rer und Erzie­her am Gym­na­si­um gewirkt. Nach­dem er vie­le päd­ago­gi­sche und seel­sor­ge­ri­sche Erfah­run­gen gesam­melt hat­te, wur­de ihm immer kla­rer, dass etwas Neu­es ent­ste­hen muss“ – ein Klos­ter, das zeit­ge­mä­ße Ant­wor­ten auf Fra­gen und Nöte suchen und im bes­ten Fall gemein­sam mit den Men­schen fin­den kann. Sein Ziel war es, einen spi­ri­tu­el­len Mehr­wert für die Gesell­schaft im Gro­ßen und den Ein­zel­nen im Klei­nen zu schaffen.

Den rich­ti­gen Platz für sein Pro­jekt – die ers­te Neu­grün­dung im deutsch­spra­chi­gen Raum nach etli­chen Jahr­hun­der­ten – fand der Pries­ter, Theo­lo­ge, Psy­cho­the­ra­peut, Autor und Heil­pflan­zen­ex­per­te in einem auf­ge­las­se­nen Kin­der­heim der Fran­zis­ka­ne­rin­nen von Au am Inn. Aus klei­nen Anfän­gen und trotz vie­ler Hür­den ent­wi­ckel­te sich am Wolf­gang­see ein Klos­ter, das in viel­fa­cher Hin­sicht Vor­rei­ter ist. Es ver­steht sich als Inte­gra­ti­ons­mo­dell, um ein gutes Leben“ zu ler­nen und die Gesund­heit an Leib und See­le zu för­dern. Dar­über hin­aus will es als Euro­pa-Frie­dens­zen­trum über­grei­fen­de Wer­te ver­mit­teln. Die Ein­rich­tun­gen des Klos­ters ste­hen allen offen, gleich wel­cher Reli­gi­on, Welt­an­schau­ung und Herkunft.

Auf dem weit­läu­fi­gen Are­al wur­de ein der natur- und heil­kun­di­gen hei­li­gen Hil­de­gard von Bin­gen gewid­me­tes Hil­de­gard­zen­trum“ ein­ge­rich­tet. Die­se war 2012 von Papst Bene­dikt XVI. neben The­re­sa von Avila, Katha­ri­na von Sie­na und The­re­sa von Lisieux zur Kir­chen­leh­re­rin erho­ben wor­den. Sie steht auch im Mit­tel­punkt unse­res Semi­nars, das Pater Pausch lei­ten wird.

Unsere Autorin Christine Hochreiter mit Klostergründer und Seminarleiter Pater Johannes Pausch. Info Icon Foto: red
Unsere Autorin Christine Hochreiter mit Klostergründer und Seminarleiter Pater Johannes Pausch.

Nach der Ves­per tref­fen wir uns im Gäs­te­re­fek­to­ri­um zum Abend­essen. Das Ken­nen­ler­nen erleich­tert das Stam­perl Klos­ter­li­kör, das uns Bru­der Mar­tin kre­denzt. Wir haben die Wahl aus einer gro­ßen Palet­te und der Bene­dik­ti­ner erklärt, was jeweils gut für oder gegen was ist. Tan­nen­wip­fel für den Hals, Rosen­li­kör für die Lie­be und Man­da­ri­ne für gar nix“… Beim Früh­stück am nächs­ten Mor­gen sol­len wir schwei­gen. Als Nacht­eu­le und Mor­gen­muf­fel ist mir das nur recht. Mit der Din­kel­spei­se Haber­mus kann ich mich aber gar nicht anfreunden.

Bei sei­nen Vor­mit­tag­s­im­pul­sen geht es Pater Johan­nes weni­ger um die Ver­mitt­lung von Hil­de­gard-Rezep­ten, die man viel­fach nach­le­sen kann. Er wünscht sich viel­mehr, dass wir die­se intel­li­gen­te sen­si­ble Frau, eine ver­wun­de­te Hei­le­rin“, mit dem eige­nen Wesen ver­ste­hen und so selbst Zugang zu Hei­lung fin­den kön­nen. Hil­de­gards Den­ken sei ein Kunst­werk, eine spi­ri­tu­el­le Heil­kun­de. Heil­pflan­zen, Mine­ra­li­en und Ernäh­rung wirk­ten dabei immer nur unter­stüt­zend. Viel­mehr gel­te es, Dis­har­mo­nien zu erken­nen und (wie­der) in Balan­ce mit sich selbst, ande­ren, Gott, dem Leben zu kom­men. Auch hier lau­tet das Zau­ber­wort Bezie­hung“. Lebt ein Mensch in Iso­la­ti­on oder ist er in Bezie­hung? Es gel­te, die eige­ne Lebens­sehn­sucht, die inne­re Lebens­kraft, das Urver­trau­en zu ent­de­cken, sich zu fra­gen: Wo fin­de ich ech­te Erfüllung?

Im Para­dies­gar­ten, in dem Unmen­gen von Kräu­tern sprie­ßen, ler­nen wir wie­der zu hören (Vogel­ge­zwit­scher, den Wind), zu tas­ten und zu füh­len (mit geschlos­se­nen Augen ein Blatt), zu rie­chen (Was ist das?) und zu schme­cken („Aaaah Zitro­nen­me­lis­se!). In der Küche backen wir mit Pauschs Assis­ten­tin Kris­ti­na Pro­le­ta Gewürz­kek­se, trin­ken Was­ser, das wir mit bun­ten Blü­ten­blät­tern aro­ma­ti­siert und ver­schö­nert haben (was für ein Anblick!) und set­zen eine Tink­tur, einen Wein­aus­zug, an. Dafür hat sich jeder intui­tiv eine Pflan­ze (oder zwei) aus­ge­sucht, die ihn aktu­ell am meis­ten anspricht. Rin­gel­blu­men, Rosen, Kapu­zi­ner­kres­se – ich fin­de vie­le wun­der­bunt, doch irgend­wie zieht es mich zu unschein­ba­ren lila Blü­ten, die eif­rig von Bie­nen umschwirrt wer­den: dem Bor­retsch, auch bekannt als Gur­ken­kraut. Kris­ti­na erklärt uns die Bedeu­tung und Wir­kung unse­rer“ Pflan­zen und es ist erstaun­lich, wie stim­mig unse­re Wahl ist.

Blick in die die Kirche im Europakloster Gut Aich. Info Icon Foto: Christine Hochreiter
Blick in die die Kirche im Europakloster Gut Aich.

Den­noch sind es nicht die Kräu­ter allein, die uns hei­len. Pater Pausch betont immer wie­der: Was uns heilt, sind Glau­be, Hoff­nung und Lie­be.“ Zuge­hö­rig­keit sei ein Lebens­eli­xier. Beson­ders nach der stil­len Anbe­tung, bei der die Kir­che nur von Ker­zen beleuch­tet wird, spü­ren vie­le von uns die ver­bin­den­de Kraft der gemein­sa­men Stil­le und des Gebets ganz inten­siv. Das Got­tes­haus ver­las­sen wir, ohne zu spre­chen. Und haben plötz­lich den Impuls, uns in den Arm zu nehmen.

Im Übri­gen sei das Klos­ter­le­ben nicht über­holt, sagt Pater Johan­nes. Es gebe eine gro­ße Sehn­sucht nach einem Wir“, nach einem Mit­ein­an­der – je mehr die Welt aus den Fugen gerät. Neun Bene­dik­ti­ner leben aktu­ell hier. Die Alters­struk­tur nennt Pausch ein gutes Mit­tel­al­ter“. Gera­de ist wie­der ein neu­er Mönch aus einem ande­ren Klos­ter nach St. Gil­gen gekom­men. Ein Kan­di­dat prüft den Ein­tritt. Neben Pater Johan­nes gibt es noch einen wei­te­ren berühm­ten Bewoh­ner: den öster­rei­chisch-ame­ri­ka­ni­schen Bene­dik­ti­ner­mönch, Ere­mi­ten und spi­ri­tu­el­len Leh­rer David Steindl-Rast, der soeben sei­nen 99. Geburts­tag gefei­ert und zahl­rei­che viel­be­ach­te­te Bücher geschrie­ben hat.

Text und Fotos: Chris­ti­ne Hochreiter

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