Foto: Christian Haringer
Ein ganz besonderes Geschenk hatte sich die Pfarrjugend ausgedacht, als der Passauer Diözesanbischof Simon Konrad Landersdorfer 1945 an Mariä Himmelfahrt an den Gnadenort kam, um die Gottesmutter zu ehren.
Der 15. August, das Hochfest „Mariä Aufnahme in den Himmel“, stellt seit Jahrzehnten einen festen Termin im Altöttinger Wallfahrts- und Stadtleben dar. Dieser Tag gilt als der große Dank‑, Bitt- und Wallfahrtstag der Altöttinger Bevölkerung an die heimische Gnadenmutter, deren Heilige Kapelle an Mariä Himmelfahrt ihr Patrozinium feiert. Es ist guter alter Brauch, dass der Passauer Ortsbischof „seinen“ Gnadenort besucht, entweder am Feiertag selbst oder zur großen Altöttinger Lichterprozession am Vorabend. Zig Fahnenabordnungen der hiesigen Vereine und Verbände sowie unzählige Altöttinger und Pilger von auswärts reihen sich ein in die große Schar der nächtlichen Lichterträger, die in immer enger werdenden Kreisen die Gnadenkapelle umrunden. Reinhold Zellner hat bewusst sein letztes Bild der historischen Dioramen-Schau im Marienwerk dieser Verehrung der Gnadenmutter gewidmet, um die Besucher der Schau mit hineinzunehmen in die Gegenwart.
Foto: red
Einen besonderen Dankanlass hatte die Bevölkerung an Maria Himmelfahrt 1945, dem ersten Marienfesttag nach dem Zweiten Weltkrieg, den Altötting relativ glimpflich ohne nennenswerte materielle Schäden überstanden hatte. Bischof Simon Konrad Landersdorfer ließ es sich nicht nehmen, zu diesem Anlass erstmals nach Kriegsende persönlich nach Altötting zu kommen. Als besonderes Geschenk an den hohen Gast hatte sich die Altöttinger Pfarrjugend „in Liebe und Verehrung“ ein längeres Begrüßungsgedicht überlegt, das dann anschließend auch mit Genehmigung der Militärregierung als kleine Broschüre von der Druckerei Gebr. Geiselberger verlegt wurde.
Während die ersten Strophen den Bischof begrüßen und das jahrhundertlange Wirken Mariens in Altötting darstellen, schwenkt der Dichter dann über auf die allgemeinen Bedrängnisse der Kriegszeit. Die zweite Hälfte dagegen geht ganz konkret auf Altötting, die Gefahr der Ausbombung und die „Bürgermorde“ des 28. April 1945 ein und stellt somit ein interessantes, bisher relativ unbekanntes Zeitdokument der ersten Nachkriegswochen in Altötting dar. Daher seien die für die lokale Geschichte relevanten Verse weiter unten wiedergegeben (mit Ausnahme der längeren Passage zu den Bürgermorden, dazu mehr auf diesen Seiten).
Text: Christian Haringer, Öttinger Heimatbund
IN SCHWERER ZEIT
Gedicht der Altöttinger Pfarrjugend 1945
Bald heulen Tag und Nacht Sirenen,
Von Ferne hier die Bomben dröhnen;
Sie säen hundertfachen Tod.
Vom Himmel flammt das Feuer rot.
Und täglich näher rückt das Unheil her.
Schon ist die Nachbarstadt ein Trümmermeer.
Die Häuser zittern, und die Erde bebt.
Ein Notruf aus der Tiefe sich erhebt:
„Vor Fliegerschaden, Feindesmacht,
Maria, schütz uns Tag und Nacht;
In Kriegesschrecken, Tod und Brand
Halt‘ weit den Mantel ausgespannt!“
Von allen Seiten rückt das Siegerheer ins Land.
Vergebens fließt das Blut. Was soll der Widerstand?
Doch Wahnsinn und des Hasses Dünkel
Treibt die Zerstörung bis zum letzten Winkel.
Soll auch Altötting sinnlos untergeh‘n?
Vieltausend heiß um Rettung fleh‘n:
„Altötting, deinem Gnadenort,
Maria, sei ihm treuer Hort;
Behüt‘ in dieser schweren Zeit
Dein Heiligtum vor jedem Leid!“
Schon scheint des Volkes Bittgebet erhört:
Altötting wird zur off‘nen Stadt erklärt!
Zu tausenden sind die Verletzten hier gebettet,
Die Klosterlazarette haben uns gerettet.
In Dank und Freude sich die Hände falten:
„Gottlob, nun bleibt uns Haus und Heim erhalten,
Und unversehrt wird ragen in des Himmels Blau
Das Gnadenkirchlein Uns‘rer Lieben Frau!“
Wer Dir vertraut, hat nie umsonst gebetet.
Du hast Altötting uns errettet!
Es steht zu Deinem Preis und Ruhm
Ganz unversehrt Dein Heiligtum!
Und jede Kirche, jedes Haus
Ruft laut Dein Lob, o Mutter, aus!
Mit Deiner Gnade bei uns bleib‘,
Bewahre uns an Seel‘ und Leib;
Voll Huld auf uns herniederschau,
Maria, Uns‘re liebe Frau!


