Glaube und Gemeinschaft

„Erinnere dich stets an deine Würde als Christ“

Redaktion am 21.07.2025

Skapulierfest in Niedergottsau mit Gottesdienst. Info Icon Foto: Maximiliane Heigl-Saalfrank
Lange Tradition. Skapulierfest in Niedergottsau mit Gottesdienst.

Die Skapulierbruderschaft in Niedergottsau begeht zum 335. Mal ihr Hochfest

In den Tagen vor dem drit­ten Sonn­tag im Juli wird es in Nie­der­gott­sau deut­lich betrieb­sa­mer als sonst im Jahr: Die Vor­gär­ten wer­den in Ord­nung gebracht; die Ein­fahr­ten gekehrt; am Kirch­platz wird ein Markt­stand des Mis­si­ons­krei­ses auf­ge­baut; an den Fah­nen­mas­ten flat­tert der Fest­be­hang; die Gar­ten­zäu­ne ent­lang der Dorf­stra­ßen sind mit klei­nen Buschen mit gelb-wei­ßen Bän­dern geschmückt; für alle wird sicht­bar, dass ein gro­ßer kirch­li­cher Fest­tag bevor­steht. Und vie­le der­je­ni­gen, die schon lan­ge wegen des Stu­di­ums oder aus beruf­li­chen Grün­den den Nie­der­gern in Rich­tung der gro­ßen Städ­te in Nie­der- und Ober­bay­ern oder gar noch fer­ner ver­las­sen haben, kom­men zurück nach Hau­se“, an den Inn, nach Nie­der­gott­sau – für ein Wochen­en­de zur Fami­lie und für das wich­tigs­te Ereig­nis im Jah­res­lauf des 300-See­len­dorfs über­haupt: Für das in der Barock­zeit vor über 300 Jah­ren begrün­de­te Skapulierfest.

Die Ver­elen­dung des Land­strichs in Fol­ge des Drei­ßig­jäh­ri­gen Krie­ges, die per­ma­nen­te Bedro­hung durch Seu­chen und nicht zuletzt die Furcht vor den Osma­nen ließ gläu­bi­ge Men­schen nach Halt suchen und sich dem Schut­ze Mari­ens emp­feh­len. Ihrem Bei­spiel fol­gend woll­te man das Leben den Hei­li­gen Tugen­den ent­spre­chend füh­ren und sich gemäß des Ska­pu­lier­ge­bets an dei­ne Wür­de als Christ und an dei­ne Bereit­schaft, für ande­re da zu sein wie Maria“ erin­nern. Dazu gehör­te auch die Ent­schlos­sen­heit, den Wil­len Got­tes zu erfül­len und am Auf­bau einer Welt mit­zu­ar­bei­ten, die den Plan Got­tes unter­stützt, der Welt Gerech­tig­keit, Frie­den und Lie­be zu brin­gen“. Gro­ße Angst mach­te den Katho­li­ken die­ser Zeit im Nie­der­gern auch das Fege­feu­er. Der Besitz des Bru­der­schafts­briefs ver­sprach neben voll­kom­me­nem Ablass das Sams­tags­pri­vi­leg“: Spä­tes­tens am Sams­tag nach dem Todes­tag wür­de man aus dem Zustand der Rei­ni­gung befreit. Nicht uner­heb­lich für die Grün­dung der Nie­der­gottsauer Ska­pu­lier­bru­der­schaft mag auch der Bedeu­tungs­ver­lust der wesent­lich älte­ren Mari­en­wall­fahrt zuguns­ten Alt­öt­tings gewe­sen sein.

Vorderseite eines Skapuliers mit einer Mariendarstellung. Info Icon Foto: Maximiliane Heigl-Saalfrank
Vorderseite eines Skapuliers mit einer Mariendarstellung.

An die­sem Sonn­tag (20. Juli) fin­det das Hoch­fest der Bru­der­schaft zum 335. Male statt. Chris­ta Feyrer heißt die neue und ers­te Obfrau der tra­di­tio­nell wei­ter­hin als Bru­der­schaft bezeich­ne­ten Ver­ei­ni­gung hoher Mari­en­fröm­mig­keit. Zwi­schen 600 bis 700 Mit­glie­der habe die 1690 gegrün­de­te Ska­pu­lier­bru­der­schaft im Augen­blick, sagt der stell­ver­tre­ten­de Obmann Tho­mas Wag­ner, wäh­rend er die klei­nen Bru­der­schafts­brief­lein mit dem Bild­nis von Papst Pius XII. aus­füllt. Vier Ein­trit­te kann der Ska­pu­lier­bru­der heu­te bereits vor Beginn des Fest­got­tes­diens­tes in das Bru­der­schafts­buch ein­tra­gen, wäh­rend er ein Ska­pu­lier aus einem Zel­lo­phan­tüt­chen nimmt. Die meis­ten tre­ten nach der Mes­se ein, letz­tes Jahr waren es elf. Frü­her kamen die Mit­glie­der der Bru­der­schaft von über­all her, nicht nur aus dem Dorf und der Umge­bung. Es wur­den vier Mes­sen am Hoch­fest gehal­ten“, erin­nert sich Tho­mas Wag­ner. Er ist wie Chris­ta Feyrer seit sei­ner Erst­kom­mu­ni­on mit dabei. Bei mir sind das heu­er 50 Jah­re, ein hal­bes Jahr­hun­dert“, sagt die künf­ti­ge Vor­stän­din der Maria­ni­schen Erz­bru­der­schaft des hei­li­gen Scapuliers“.

Wie vie­le Sym­bo­le des katho­li­schen Glau­bens geriet das Ska­pu­lier, ein zwei­tei­li­ges klei­nes Stück Stoff, das an einem Band um den Hals getra­gen wird, im Lau­fe des 20. Jahr­hun­derts weit­ge­hend in Ver­ges­sen­heit. Sei­nen Namen hat es von der ursprüng­lich über die Schul­ter, latei­nisch: Sca­pu­la, gewor­fe­nen Arbeits­schür­ze der Mön­che. Sie wur­de Teil der Habi­te vie­ler Orden und Sym­bol für das Joch Christi.

Im Mit­tel­al­ter eifer­ten Katho­li­ken dem Lebens­stil der neu ent­stan­de­nen Bet­tel­or­den wie den Kar­me­li­ten nach, die klei­ne Ska­pu­lie­re aus Wol­le – durch Schnü­re ver­bun­den – über Brust und Rücken tru­gen. Die­ses klei­ne brau­ne Ska­pu­lier ist bis heu­te Zei­chen einer maria­nisch gepräg­ten kon­tem­pla­ti­ven Lai­en­spi­ri­tua­li­tät, in deren Mit­tel­punkt Unse­re Lie­ben Frau vom Ber­ge Kar­mel“ steht.

In der Sakris­tei der Mariä Him­mel­fahrts­kir­che geht es der­weil geschäf­tig zu, die Minis in Chor­rock und rotem Fest­ta­lar war­ten sou­ve­rän, aber doch merk­lich ange­spannt auf den Beginn der Fest­mes­se. Die Pries­ter legen gera­de ihre fest­li­chen Kaseln an. Letz­te Pro­gramm­punk­te im Ablauf wer­den noch ein­mal durch­ge­gan­gen, der Wech­sel an der Spit­ze der Ska­pu­lier­bru­der­schaft soll ja in der Mes­se ver­kün­det wer­den. Alle sind auf­ge­räumt und sicht­lich vol­ler Vor­freu­de auf den Fest­tag. Fest­pre­di­ger ist in die­sem Jahr Pfar­rer Jozef Jakub Kro­wi­ak. In den kom­men­den Wochen wer­den Mes­sen für die ver­stor­be­nen Mit­brü­der und- Schwes­tern gelesen.

Eine Fahne mit dem Gnadenbild. Info Icon Foto: Maximiliane Heigl-Saalfrank
Skapulierfest in Niedergottsau: eine Fahne mit dem Gnadenbild.

Kano­nen­schüs­se der Böl­ler­schüt­zen don­nern durch die Luft, der Kir­chen­zug nimmt Auf­stel­lung, die Fest­ka­pel­le spielt schnei­dig den Boze­ner Berg­stei­ger­marsch, zu dem es sich ein­fach gut im Takt mar­schie­ren lässt. Der Zug setzt sich in Bewe­gung, Män­ner und Frau­en in Fest­tracht und Fest­klei­dung, mit Ver­eins­fah­nen- und ‑ban­nern gehen auf der Mari­en­stra­ße in Rich­tung Kirch­platz. Die Gläu­bi­gen neh­men ihre Plät­ze in der Kir­che ein, von deren gro­ßer Ver­gan­gen­heit zahl­rei­che Votiv­ta­feln und die vie­len Mari­en­dar­stel­lun­gen aus den ver­schie­de­nen Epo­chen über­all im Kir­chen­schiff kün­den. An der Kir­chen­mau­er rechts vom Haupt­por­tal leh­nen schon die rot­sei­de­nen Pro­zes­si­ons­fah­nen der Bru­der­schaft mit dem Bild­nis der Nie­der­gottsauer Mond­si­chel­ma­don­na. In der Nische eines alten Gra­bes steht der Trag­him­mel, bereit nach der Mes­se das Aller­hei­ligs­te durch die Stra­ßen Nie­der­gotts­aus zu beschir­men. Das Hoch­fest kann beginnen.

Text und Fotos: Maxi­mi­lia­ne Heigl-Saalfrank

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