Vor und fünf Jahren ging ein berühmtes Foto um die Welt: die erste Aufnahme des Schattens eines Schwarzen Lochs. Im Thema der Woche der aktuellen Ausgabe spricht der Astrophysiker Heino Falcke über das Foto, das Universum – und über seinen Glauben. Auch im Editorial macht sich der Autor darüber Gedanken.
Unter Physikern gibt es einen Witz: Demnach liest Gott mit Vorliebe physikalische Fachzeitschriften, nur um die darin enthaltenen Theorien mal schnell Wirklichkeit werden zu lassen. Ja, könnte schon sein, dass der liebe Gott mit einem verschmitzten Lächeln auf uns herabblickt, während wir uns die Haare raufen, weil wir uns dieses total verrückte Universum partout nicht erklären können.
Das geht ja schließlich nicht nur uns Laien so, von denen sich nicht wenige nur sehr dunkel an den Physikunterricht in der Schule zurückerinnern. Sogar die Vollprofis auf diesem Fachgebiet wissen oft nicht mehr weiter: „Wir müssen uns damit abfinden, dass das Universum fundamental unvorhersehbar und chaotisch ist“, schreibt Heino Falcke in seinem Buch „Licht im Dunkeln – Schwarze Löcher, das Universum und wir“. In unserem „Thema der Woche“ finden Sie ein Interview mit dem Astrophysiker und gläubigen Christen, der vor rund fünf Jahren einer verblüfften Weltöffentlichkeit das erste Bild von einem „Schwarzen Loch“ präsentiert hat. Sie wissen schon: Schwarze Löcher, das sind diese Dinger im All, die alles Licht schlucken und an dessen Horizont der Raum zerreißt und die Zeit stillsteht. Alles klar?
Naja, also streng genommen stimmt das mit dem Foto eigentlich gar nicht. Denn das Loch ist ja wie gesagt schwarz – sehen können wir ja nur das Licht an dessen Horizont. Und dann ist Schluss. Hinter dem Horizont geht es für uns nicht weiter und wir können nur rätseln, was in diesen Schwarzen Löchern tatsächlich passiert. Und eigentlich könnte auch dieser Text an dieser Stelle enden – wenn das Thema nicht so furchtbar spannend wäre!
„Lassen wir uns vom All inspirieren, ohne dabei den Menschen zu übersehen.”
Mal Hand aufs Herz: Wer würde nicht mal gerne mit James T. Kirk und der ganzen Raumschiff Enterprise-Crew durch die Weiten des Alls fliegen? Und dann bei dieser Gelegenheit eines dieser Schwarzen Löcher erkunden, die Gott offenbar mal so nebenbei im Universum verteilt hat? Hineinfliegen, Hallo sagen, staunen, erforschen … Das wäre doch was! Da dies aber nicht möglich ist, machen wir halt Fotos: Von Schwarzen Löchern, von Blitzen (Seite 3), von Regenbögen (Seite 32). Auch auf diese Art lässt sich Beziehung und Kontakt aufbauen …
Denn vielleicht ist es genau das, worum es eigentlich geht: um Beziehung. Vielleicht ist sie der eigentliche Grund, weshalb wir so fasziniert sind vom Universum und den ganzen Rest. Weil wir mittendrin stecken, weil wir, die wir aus ins All geblasener Materie, quasi aus „Sternenstaub“, bestehen, von all den ungeklärten Fragen angezogen werden wie Licht und Materie von Schwarzen Löchern. Weil wir gar nicht anders können, als neugierig zu sein und Fragen zu stellen, wer oder was wir eigentlich sind und wo wir herkommen. Wer das Buch von Heino Falcke liest, der erfährt jedenfalls nicht nur viel über Astrophysik und darüber, wie dieses berühmte Foto entstanden ist, sondern der liest auch viele sehr nachdenkliche Sätze über Gott, Welt und Mensch wie etwa diesen: „Wenn Materie (wie wir Menschen) denkt und fühlt, warum soll dann nicht auch ein Schöpfergott, die erste Ursache, eine Persönlichkeit mit Geist, Sinn und Verstand haben können?“
Achso, eines noch: die theoretische Physik spekuliert derzeit übrigens auch über „Weiße Löcher“, die Gegenstücke zu „Schwarzen Löchern“: während aus letzteren alles in ihrer Nähe eingesaugt wird und nicht mehr herauskommen kann, kann in erstere nichts hinein und alles fliegt hinaus. Angeblich schweben diese „Weißen Löcher“ wie unsichtbare kleine Härchen durchs All – und sind daher schwer zu fotografieren. Sofern sie überhaupt existieren. Aber wer weiß: Falls Gott das gerade liest und der Physiker-Witz von oben tatsächlich stimmen sollte, dann gleiten die Weißen Löcher vielleicht bald sanft (und sichtbar?) über unseren Himmel …
Michael Glaß
Readkteur