Kirche vor Ort

Gnadenkapelle wird in Weiß erstrahlen

Redaktion am 20.07.2022

2022 07 20 pb alb farbanstrich gnadenkapelle porst Foto: Roswitha Dorfner
Diplomrestauratorin Angelika Porst vom Landesamt für Denkmalpflege zeigt zwei Ausdrucke der Gnadenkapelle – einmal in Ockergelb, einmal in Weiß. Bei einer Begehung wurde bekannt gegeben, dass die Kapelle in Weiß gestrichen werden soll. Auch die Ausdrucke zeigen: mit u.a. der großen gelben St. Magdalenakirche im Hintergrund hebt sich eine weiß gestrichene Kapelle besser ab und fällt auf.

Der Beschluss ist gefasst: nach Abschluss der Renovierung heuer im Oktober wird die Gnadenkapelle in Weiß erstrahlen. Das gaben Wallfahrtsrektor Prälat Klaus Metzl und der Kapellstiftungsrat am 20. Juli bekannt. Mit dieser Entscheidung haben es sich die Verantwortlichen nicht leicht gemacht, wie eine lebhafte Diskussion unter Experten bei einer Begehung zeigte.

Zwei wesent­li­che Grün­de nann­te Kapel­lad­mi­nis­tra­tor Prä­lat Metzl für die Ent­schei­dung. Ers­tens: Die Kapel­le soll eine Far­be bekom­men, die sie abhebt von ihrem direk­ten Umfeld – gro­ße Kir­chen und Gebäu­de, die oft in Ocker­gelb gestri­chen sind. Häu­fig kommt es vor, dass Pil­ger und Tou­ris­ten die Gna­den­ka­pel­le suchen und zuerst zur Stift­s­pfarr­kir­che oder zur gel­ben St. Mag­da­lena­kir­che lau­fen. Die Gna­den­ka­pel­le aber ist immer­hin das Zen­trum des Kapell­plat­zes und soll­te als sol­ches auch ent­spre­chend auffallen.

In Weiß hät­te die Kapel­le eben die­ses erwünsch­te Allein­stel­lungs­merk­mal. Da das aus­ge­such­te Kalk-Weiß“ eher dezent ist, sei es ange­nehm für das Auge, wie Prä­lat Metzl bemerk­te. Als zwei­ten Grund nann­te er ein­zel­ne bau­li­che Merk­ma­le: so funk­tio­nie­re ein gel­ber Ocker­ton etwa nicht mit dem Wap­pen auf der Nord­sei­te oder mit dem Reli­ef über dem Ein­gang an der West­sei­te der Kapel­le – die­ser sei ein­fach zu domi­nant, wodurch die­se beson­de­ren bau­li­chen Kenn­zei­chen in den Hin­ter­grund gerie­ten. Auch theo­lo­gisch sei die Ent­schei­dung gut begründ­bar, füg­te Prä­lat Metzl hin­zu: Weiß sei eine jung­fräu­li­che Far­be“, die das Maria­ni­sche beto­ne. Dar­über hin­aus ver­wies der Kapel­lad­mi­nis­tra­tor auf den his­to­ri­schen Aspekt: die Kapel­le war – u.a. wäh­rend des Klas­si­zis­mus – schon ein­mal in Weiß gestri­chen. Außer­dem zei­ge die his­to­ri­sche Abfol­ge, dass bei der Farb­ge­bung der Kapel­le immer wie­der mal ein Schnitt“ gemacht und Neu­es gewagt wor­den sei.

2022 07 20 pb alb farbanstrich gnadenkapelle metzl Foto: Roswitha Dorfner
Wallfahrtsrektor und Kapelladministrator Prälat Klaus Metzl erläutert anhand von Ausdrucken mit der Gnadenkapelle in weiß und ockergelb sowie anhand alter Votivbilder mit Darstellung der Kapelle in unterschiedlichen Farben die Entscheidung. Die Gnadenkapelle soll nach der Renovierung in Weiß erstrahlen.

Dass die Ent­schei­dung nicht leicht fiel, zeig­te Prä­lat Metzl selbst auf, als er erzähl­te, dass er ursprüng­lich für ein Ocker­gelb plä­diert hat­te – erst vie­le Rund­gän­ge u.a. mit Diplom­re­stau­ra­to­rin Ange­li­ka Porst vom Lan­des­amt für Denk­mal­pfle­ge hät­ten ihn schließ­lich umge­stimmt. Wie unse­re Zei­tung bereits im Juni (Aus­ga­be 24) berich­te­te, hat­te Porst einen aus­führ­li­chen his­to­ri­schen Befund erstellt und dia­gnos­ti­ziert, dass die Kapel­le im Lau­fe ihrer jahr­hun­der­te­lan­gen Geschich­te so gut wie jede Far­be schon ein­mal gehabt“ habe. Dar­aus ergab sich für die Ver­ant­wort­li­chen eine gro­ße gestal­te­ri­sche Frei­heit, die wir jetzt auch in Anspruch neh­men“, wie der Kapel­lad­mi­nis­tra­tor beton­te. Aber es gab eben auch vie­le Dis­kus­sio­nen über die Viel­zahl der Möglichkeiten.

2022 07 20 pb alb farbanstrich gnadenkapelle wappen Foto: Roswitha Dorfner
Farbmuster am Wappen auf der Nordseite der Gnadenkapelle zeigen, dass ein ockergelber Ton zu dominant ist und das Wappen selbst in den Hintergrund drängen würde. Ähnliches gilt ...
2022 07 20 pb alb farbanstrich gnadenkapelle diskussion Foto: Roswitha Dorfner
... für das Relief mit einer Darstellung der Muttergottes und Jesuskind vor einem goldenen Strahlenkranz über dem Eingang an der Westseite der Gnadenkapelle. Insgesamt sorgte die Vielzahl an möglichen Farben für die Fassade der Kapelle für eine lebhafte Diskussion unter den Experten.

Dies zeig­te auch die Bege­hung im Zuge der Ent­schei­dungs­fin­dung am 20. Juli mit zahl­rei­chen Exper­ten. Gekom­men waren Bau­lei­ter Wolf­gang Wen­ger, Dr. Micha­el Schmidt und Dr. Jan Men­ath vom Lan­des­amt für Denk­mal­pfle­ge, Kreis­hei­mat­pfle­ge­rin Rena­te Hein­rich, Alo­is Brun­ner vom Kunst­re­fe­rat der Diö­ze­se Pas­sau, Oli­ver Kral vom Bau­re­fe­rat der Diö­ze­se Pas­sau, Franz Sper­mann und Elmar Wib­mer vom Kapell­stif­tungs­rat – und die bereits genann­te Diplom­re­stau­ra­to­rin Ange­li­ka Porst, die im Lau­fe der letz­ten Mona­te Farb­tö­ne der Ver­gan­gen­heit frei­ge­legt, die­se mit Far­ben der Kapel­le auf uralten Votiv­bil­dern ver­gli­chen und schließ­lich den Befund erstellt hatte.

Porst war es auch, die die ver­sam­mel­te Mann­schaft um die Kapel­le führ­te und noch­mals aus­führ­lich erläu­ter­te, wie sie zu ihren Farb­vor­schlä­gen kam – dar­un­ter zwei ocker­gel­be Töne, einer etwas hel­ler, einer inten­si­ver, ein grau­er Ton aus dem Wap­pen ent­nom­men und schließ­lich auch ein wei­ßer Ton. Bei den Vor­schlä­gen hielt sich die Exper­tin frei­lich selbst stets zurück, ori­en­tier­te sich an den Wün­schen der Ent­schei­dungs­trä­ger und zeig­te Vor- und Nach­tei­le auf. Mit Weiß hät­te die Kapel­le end­lich das Allein­stel­lungs­merk­mal, das sie haben soll­te“, gou­tier­te aber auch sie am Ende die Entscheidung.

2022 07 20 pb alb farbanstrich gnadenkapelle gruppe Foto: Roswitha Dorfner
Begehung der Gnadenkapelle mit (v.l.) Diplomrestauratorin Angelika Porst, Verwaltungsleiterin Stefanie Stühler, Kapellstiftungsrat Franz Spermann, (davor) Restaurator Ulrich Weilhammer, Bauleiter Wolfgang Wenger, Alois Brunner vom Kunstreferat der Diözese Passau, Dr. Michael Schmidt vom Landesamt für Denkmalpflege, Kapellstiftungsrat Elmar Wibmer, (davor) Dr. Jan Menath vom Landesamt für Denkmalpflege, Kapelladministrator Prälat Klaus Metzl, Kreisheimatpflegerin Renate Heinrich und Oliver Kral vom Baureferat der Diözese Passau.

Nicht ganz so ein­ver­stan­den waren die bei­den Exper­ten vom Lan­des­amt für Denk­mal­pfle­ge. Weiß hat mir einen zu neu­zeit­li­chen Cha­rak­ter“, sag­te etwa Dr. Men­ath. Ocker­gelb sei der typi­sche baro­cke Ton, pflich­te­te ihm Dr. Schmidt bei. Letz­te­ren Farb­ton hat­te das Lan­des­amt ursprüng­lich auch emp­foh­len. Schließ­lich tru­gen aber auch sie die Ent­schei­dung mit: die­se lei­te sich vom Befund ab und sei damit völ­lig in Ordnung.

Dass aus Alt­öt­tin­ger Sicht nichts gegen den geplan­ten wei­ßen Anstrich spricht, mach­te Wib­mer vom Kapell­stif­tungs­rat deut­lich: Die Kapel­le muss auf­fal­len, damit die Leu­te rein­ge­hen und beten“, beton­te er. An der Far­be wird dies nun defi­ni­tiv nicht scheitern.

Michael Glass

Michael Glaß

Redakteur

Radio Interview mit Prälat Klaus Metzl zum Farbanstrich der Gnadenkapelle

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