Generalvikar Josef Ederer äußert sich bei Diözesanratsvollversammlung zu umstrittenem Landwirtschafts-Papier der Bischofskonferenz.
Er hat mancherorts für große Aufregung gesorgt in den letzten Wochen: ein Text unter dem Titel „Ernährungssicherheit, Klimaschutz und Biodiversität: Ethische Perspektiven für die globale Landnutzung“. Herausgegeben hat ihn die Sachverständigengruppe „Weltwirtschaft und Sozialethik“ der Deutschen Bischofskonferenz. Einige Ausschnitte, Bruchstücke und Thesen aus der knapp 70-seitigen Analyse haben Kritik in Teilen der Landwirtschaft ausgelöst. Die Diskussionen überschatteten auch die jüngsten Erntedankfeiern in manchen Pfarreien. Der eine oder andere Landwirt drohte gar mit Kirchenaustritt.
Der Passauer Generalvikar Josef Ederer hat im Rahmen der jüngsten Vollversammlung des Passauer Diözesanrats in einer persönlichen Erklärung seine Sicht dazu präsentiert. Ganz kann er nach ausführlicher Lektüre des Papiers die Aufregung mancherorts nicht verstehen. „Es sind ein paar Punkte angesprochen worden, die man natürlich entsprechend aufnehmen und in den falschen Hals kriegen kann“, meint er. Aber: In der Studie gehe es um „Ernährungssicherheit, um Klimaschutz und Biodiversität, um ethische Perspektiven für die globale Landnutzung“. Urchristliche und katholische Anliegen also. Es sei auch kein „spezieller Text für die deutsche Landwirtschaft oder die bayerische“. Es gehe um ein „globales Verständnis von Wirtschaft, von Landwirtschaft, vom Umgang miteinander“. Die Autoren hätten die Grundfrage gestellt: „Was muss passieren, damit ein gutes Leben für alle auf der Erde möglich ist?“ Und dazu gehöre auch die Frage nach der globalen Landnutzung. „Wenn ich manchen Regenwald anschaue. Da wird was vernichtet, was uns irgendwann vielleicht die Luft abdreht“, beschreibt er in seinen Worten ein Anliegen des Textes.
Ederer wendet sich mit Zitaten aus dem Text an die Landwirte, die sich durch veröffentlichte Bruchstücke angegriffen fühlten. So stelle das Papier auf Seite 62 die hohe Anerkennung und das Verständnis für die Landwirtschaft heraus. Genau darum gehe es in dieser Studie. Verwiesen wird auf die „überdurchschnittlich hohe psychische Belastung für viele Landwirte, insbesondere in Familienbetrieben“, verursacht durch „zunehmende Unsicherheiten, bezogen auf Preise und Förderprogramme sowie Regulierung und Hofnachfolge“. Dazu kämen oft „unerfüllbare gesellschaftliche Erwartungen“ und damit einhergehende Spannungen und Vorwürfe.
Das Papier spreche auch die „hohe seelische Belastung“ der Landwirte an. Es brauche mehr Hilfsangebote, wird gefordert. „Das Gefühl gesellschaftlicher Isolation betrifft besonders Familienbetriebe mit ihrer hohen zeitlichen Arbeitsbelastung, in denen die Schuldenlast intern weitergegeben wird“, heißt es weiter. Ederer: „Die Studie stellt fest, dass auch der kulturelle und wirtschaftliche Beitrag der Bauern, der Bäuerinnen, oft zu wenig anerkannt wurde und wird.“ Längere Passagen widme die Analyse auch dem Beitrag der Frauen, der Bäuerinnen, zur Nahrungsmittelproduktion.
Die Fachleute würdigten die Landwirtschaft als „Berufsstand, dem wie keinem zweiten diese treuhänderische Aufgabe obliegt, die Natur zu pflegen, das Land zu bewirtschaften“. Daraus folgt: „Für das Bereitstellen von gemeinwohlorientierten Leistungen verdienen die Landwirte unsere gesellschaftliche Anerkennung und Unterstützung, konkret eine angemessene finanzielle Honorierung.“ Als Anerkennung dafür, dass sie „das gemeinsame Naturkapital schützen und bewahren“. Es gehe da nicht um Almosen, betont Josef Ederer. „Jeder möchte ja ehrlich und wertschätzend bezahlt werden, für den Dienst, den sie oder er für die Gesellschaft durchführen. Und da tut die Landwirtschaft sehr viel.“ Das solle honoriert werden.
„Vieles ist drin, was überlegenswert und umsetzungsnotwendig ist, wenn gutes Leben für alle möglich sein soll.”
Beim Thema Subventionen fordert das Papier laut Ederer, davon wegzukommen, flächendeckend für alles Subventionen auszustreuen. „sondern besonders dort zu stärken, wo ein gemeinwohlorientierter Dienst geschieht, der auch Anerkennung durch Bezahlung verdient“. Das sei ein ganz wichtiger Punkt. Er stamme selber aus der Landwirtschaft, ergänzt der Generalvikar in seiner Ansprache. „Mein Bruder, der möchte nicht irgendwie Geschenke, der möchte einen fairen Preis für die Dinge, die er erarbeitet, und für die Dinge, die er produziert.“ Das sei ein klares Anliegen, das auch in der Analyse formuliert sei. „Die Bauern sollen nicht Bittsteller sein, sondern gerecht bezahlte Partner.“
Die Fachleute sprechen noch weitere Bereiche für eine globale Landwirtschaft an. Das sei das Thema Humusaufbau für das Speichern von CO2, und viele andere Details.
Die Herausgeber habe das Echo überrascht, berichtete Generalvikar Josef Ederer. Der Grund für die Überraschung: „Es stehe im wesentlichen nichts Neues drin.“ Vieles davon sei schon in Texten veröffentlicht, welche die Kirche mit dem Bauernverband erarbeitet habe. Natürlich seien „ein paar Reizworte“ drinnen, „so viele und so große aber auch nicht“. Beim Thema Enteignung werde ein Beispiel genannt im Rahmen einer Renaturierung von Auen und Mooren. Hier könnte im „Einzelfall auch das Freiwilligkeitsprinzip der teilnehmenden Landbesitzer in Frage gestellt werden“, heißt es im Papier. Aber auch das sei keine neue Erkenntnis, fährt Ederer fort. Das kenne man bei jedem Autobahnbau. Da gehe es um die Abwägung des Gemeinwohls. „Nichts steht drin davon, dass alle enteignet würden“, stellt er klar. Weitere Themen seien nachhaltiges Bewirtschaften des Bodens, der Einsatz von Düngemitteln und alle möglichen Probleme, die damit zusammenhängen.
Aber auch hier: „Da geht es nicht speziell um unsere Landwirtschaft hier in Bayern, sondern um ein globales Thema.“ Nach Aussage des Papiers werde es weltweit wohl mehr Hybridlösungen geben müssen, welche die Vorteile konventioneller und ökologischer Landwirtschafts-Praktiken kombinierten.
Das Fazit des Generalvikars zur Studie: „Vieles ist drin, was überlegenswert und umsetzungsnotwendig ist, wenn gutes Leben für alle möglich sein soll.“ In unterschiedlichen Formaten wolle das Bistum in den nächsten Monaten mit Interessierten und Betroffenen über die Studie ins Gespräch kommen. Er bittet auch darum, das Papier kritisch zu lesen, aber überhaupt mal zu lesen.
Text: Martin Riedlaicher