Heilig oder was?

Redaktion am 27.10.2025

Info Icon Foto: Adobe Stock

Der Festtag Allerheiligen steht vor der Tür – und außerdem der erste, noch von Papst Franziskus eingeführte „Gedenktag für Alltagsheilige“ am 9. November. Im Editorial der Ausgabe 44-2025 widmet sich unser Autor dem Thema Heiligkeit und stellt ein Projekt an der Uni Passau vor.

Also, bei den aller­meis­ten habe ich da ja so mei­ne Zwei­fel. Ob das bei denen noch was wird mit der Hei­lig­keit? Wie Sie ver­mut­lich schon wis­sen, und wie Sie bei uns pas­send zum Fest­tag Aller­hei­li­gen noch ein­mal in der aktu­el­len Aus­ga­be nach­le­sen kön­nen, sind wir alle zur Hei­lig­keit beru­fen. Alle sind wir dazu auf­ge­ru­fen, so zu leben, dass wir der­einst den Platz im Him­mel auch wirk­lich ver­dient haben.

Aber wie gesagt, habe ich da so mei­ne Zwei­fel. Nicht an der Exis­tenz des Para­die­ses, son­dern ob sich das himm­li­sche Jeru­sa­lem über­haupt ren­tiert. Unge­fähr 66,6 Pro­zent der Ver­kehrs­teil­neh­mer auf deut­schen Stra­ßen, haupt­säch­lich der männ­li­chen, wür­de ich den Zutritt schon mal ganz grund­sätz­lich ver­wei­gern. Die Quo­te der für den Him­mel unge­eig­ne­ten Per­so­nen erhöht sich aus mei­ner Sicht noch ein­mal dras­tisch, wenn ich an Sofa­hel­den den­ke, die sich in Inter­net­fo­ren stän­dig dar­über beschwe­ren, dass man heut­zu­ta­ge nichts mehr sagen dür­fe – nur um dann das angeb­lich Ver­bo­te­ne extra laut hin­aus­zu­po­sau­nen; unge­straft natürlich.

Mög­li­cher­wei­se bin ich da aber zu streng. Mög­li­cher­wei­se ent­pup­pen sich vie­le der oben Genann­ten bei nähe­rem Ken­nen­ler­nen als ange­neh­me Zeit­ge­nos­sen, die ihrem Ärger an fal­scher Stel­le (Stra­ße) oder in fal­scher Wei­se (Kom­men­ta­re) Luft machen. Mög­li­cher­wei­se begeg­ne ich regel­mä­ßig sogar All­tags­hei­li­gen“, ohne es zu wis­sen. Hei­li­ge von neben­an“, die sich in ihrem All­tag etwa ganz selbst­ver­ständ­lich für ande­re ein­set­zen, die Hil­fe brauchen.

Laut Papst Fran­zis­kus ist die Kir­che schon immer reich gewe­sen an soge­nann­ten Nebenan“-Heiligen. Ver­gan­ge­nes Jahr zu Aller­hei­li­gen erin­ner­te er an die­se und führ­te kurz danach einen Gedenk­tag für All­tags­hei­li­ge“ ein, der heu­er am 9. Novem­ber, dem Fest der Ein­wei­hung der Late­ran­ba­si­li­ka (324), zum ers­ten Mal began­gen wird und an lokal bedeut­sa­me christ­li­che Vor­bil­der erin­nern soll.

Seit 25 Jah­ren sucht Prof. Dr. Hans Mendl nach sol­chen loka­len Vor­bil­dern und erfasst die­se in der Online-Daten­bank Local heroes“ (Loka­le Hel­den). Im Rah­men die­ses Pro­jekts des Lehr­stuhls für Reli­gi­ons­päd­ago­gik und Didak­tik des Reli­gi­ons­un­ter­richts an der Uni Pas­sau sucht er mit sei­nen Stu­die­ren­den gezielt nach Bio­gra­fien, die bei­spiel­ge­bend sind und zum Mit­ma­chen moti­vie­ren sol­len. In sei­nem Buch Hel­den woh­nen neben­an. Ler­nen an frem­den Bio­gra­fien“ erklärt Mendl: Hel­den des All­tags sprin­gen dort ein, wo Hil­fe nötig ist, wenn der Sozi­al­staat an sei­ne Gren­zen kommt: in der Nach­bar­schafts­hil­fe, bei der Betreu­ung von Kran­ken und Ster­ben­den, als Frie­dens­stif­ter, Lebens­ret­ter, Kri­sen­seel­sor­ger, bei der Tele­fon­seel­sor­ge, bei der Tafel, bei der Flücht­lings­hil­fe, bei der Bahn­hofs­mis­si­on, bei Hilfs­pro­jek­ten im In- und Ausland.“

Der Gedenk­tag für All­tags­hei­li­ge“ liegt nicht zufäl­lig in Nähe der Fest­ta­ge Aller­hei­li­gen und Aller­see­len, an denen wir der Hei­li­gen und der Ver­stor­be­nen geden­ken. Nie­mand kommt per­fekt zur Welt, geschwei­ge denn hei­lig – aber Schritt für Schritt mag ein jeder von uns dem wah­ren Ziel näher­kom­men kön­nen. Es liegt in der Natur des Men­schen, vol­ler Wider­sprü­che zu sein – und es liegt in der Natur des barm­her­zi­gen Got­tes, uns Men­schen in all unse­rer Wider­sprüch­lich­keit in den Him­mel hin­ein­lie­ben zu kön­nen. Das gilt angeb­lich sogar für Auto­fah­rer und Sofahelden …

Michael
Glaß

Redakteur

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