Es war immer eine schöne Tradition, dass zur Christkindlmarkt-Eröffnung am ersten Adventswochenende etwa 700 Wallfahrer aus der Diözese Würzburg mit einem Sonderzug nach Altötting kamen. Die Würzburger waren aufgrund der großen Pilgerzahl bis zum Jahr 2019 die letzte Gruppe, die mit einem Sonderzug zum Gnadenort gebracht wurde. Alle anderen Pilgergruppen, gerade diejenigen, die in den adventlichen Tagen am Gnadenort weilen, sind bereits auf Busse umgestiegen. Zudem hat Corona das Pilgergeschehen sehr verändert: die Teilnehmerzahl auch an Buswallfahrten ist zurückgegangen, aber geradezu drastisch steht es um das Wallfahrtsgeschehen in der Diözese Würzburg. Das dortige Pilgerbüro, Veranstalter der Pilgerfahrten, hat sich zu Beginn der Corona-Pandemie aufgelöst, der langjährige Wallfahrtsorganisator Thomas Vierheilig ging in Ruhestand. So war das Ende dieser „Großveranstaltung“ eigentlich vorprogrammiert.
Jedoch nicht für Joachim Zobel, einem der Mitbegründer der Altötting-Wallfahrt. Er wollte sich nicht so einfach damit abfinden, dass eine langjährige Pilgertradition aufgelöst wird. Zudem ist er Kapellmeister der Musikkapelle Edelweiß aus Straßbessenbach, die bei den Pilgerfahrten stets die musikalische Gestaltung übernahm. Mit viel Herzblut, aber unter enormen Schwierigkeiten und finanziellem Aufwand, wie er erklärte, hatte er sich für eine Wallfahrt 2022 im kleineren Umfang und mit Bussen stark gemacht. Dies auch sehr gerne, da es heuer die 40. Wallfahrt aus Straßbessenbach war.
Umso mehr freute es Wallfahrtsrektor Prälat Klaus Metzl, dass er am 25. November vor der St. Anna-Basilika etwa 160 Wallfahrer aus der Diözese Würzburg mit einer stattlichen Musikkapelle aus Straßbessenbach am Gnadenort begrüßen konnte. Er begleitete die Pilger zur Stiftspfarrkirche ein und umrundete mit ihnen dabei einmal die Gnadenkapelle. Auch der emeritierte Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann reiste für die Wallfahrt extra nach Altötting. Bei den Pilgergottesdiensten am Samstag und Sonntag in der St. Anna-Basilika war er Hauptzelebrant.
Wallfahrt aus Würzburg: Impressionen
Eindrücke vom Einzug auf den Kapellplatz, vom Gottesdienst und von der Adventsfeier im Begegnungszentrum.
Fotos: Roswitha Dorfner
Organisator Joachim Zobel kam mit familiärer Verstärkung seiner Söhne Manuel und Lukas (gehören ebenso zur Musikkapelle Straßbessenbach). Seine Devise lautete von Anfang an: „Wenn mehr Musik, dann auch mehr Pilger“. Die drei Tage waren dann auch ein mitreißendes Glaubenszeugnis aus dem Frankenland. Die Würzburger bewiesen mit ihrer engagierten Musikkapelle – das jüngste Mitglied Johannes (12) wirkte eifrig als Trompeter mit –, mit andächtigen Gottesdiensten wie auch einer Adventsfeier im Begegnungszentrum, dass eine Wallfahrt auch dann gelingt, wenn die Voraussetzungen ungünstig sind.
Humorvoll war die Adventsfeier, zu der der hl. Nikolaus seinen Enkel „Nikolausi“ geschickt hatte, der sehr schlagfertig Musikern und Wallfahrern die Leviten las. Manuel Zobel führte wortgewandt durch die abendliche Veranstaltung. Von Altöttinger Seite kamen Wallfahrtsrektor Prälat Klaus Metzl, dessen Vorgänger Prälat Günther Mandl, Tourismusbüro-Direktorin Ulrike Kirnich und die Sekretärin der Wallfahrtskustodie, Luise Hell; außerdem Josef Herrmann als Geschäftsführer des Altöttinger Marienwerks. Die Musikkapelle Straßbessenbach ehrte ihren Altbischof Friedhelm nicht nur zu dessen 80. Geburtstag am 12. Mai, sondern auch zu dessen 30. Bischofsjubiläum mit musikalischem Ständchen. Mit einem Augenzwinkern sagte Joachim Zobel: Bischof Friedhelm habe jetzt mit seiner Beförderung zum Ehrendirigenten der Musikkapelle Straßbessenbach ein ernsthaftes Problem, wenn er bei Gottesdiensten zeitgleich zelebrieren und dirigieren müsse.
Altbischof Friedhelm fühlte sich in seiner fränkischen Pilgergemeinschaft rundherum wohl, lachte viel, war aber bei den Gottesdiensten in der St. Anna-Basilika mit Ernsthaftigkeit bei der Sache und gab den Teilnehmern an der Würzburger Wallfahrt auch mahnende Worte mit auf den Glaubensweg. „Wachet auf, ruft uns die Stimme …“, wurde vor der Adventskranzweihe und Entzünden der ersten Kerze am großen Adventskranz gesungen. Unser ganzes Leben müsse auf eine adventliche Zeit ausgerichtet sein – in Erwartung auf das Kommen Gottes, sagte der Bischof und fügte hinzu: „Nutzen wir den Advent als Zeichen der Hoffnung!“
Text und Fotos: Roswitha Dorfner