Wallfahrt

„Hier spüre ich Gottes Liebe“

Redaktion am 09.09.2024

2024 09 09 pb alb tussetkapelle Foto: Dieter Stuka
Ein besonderer Ort in einer wunderschönen Umgebung: die Tussetkapelle.

Jahrelang vergessen und verfallen, jetzt wieder ein beliebter Wallfahrtsort: die Tussetkapelle im Böhmerwald. Am Rande der diesjährigen Wallfahrt erklärte der ehemalige tschechische Minister Daniel Hermann, warum ihm dieser Ort so viel bedeutet.

Jahr­zehn­te­lang war sie ein viel besuch­ter Wall­fahrts­ort der Böh­mer­wald­be­woh­ner: die Jung­frau-Maria-Kapel­le, die Ende des 18. Jahr­hun­derts unweit einer Heil­quel­le auf dem Berg Tus­set (Stožec) erbaut wor­den war. Wäh­rend der kom­mu­nis­ti­schen Zeit wur­de der Sakral­bau sei­nem Schick­sal über­las­sen. Der einst belieb­te Wall­fahrts­ort geriet all­mäh­lich in Ver­ges­sen­heit, von der Mari­en­ka­pel­le blieb in den 70er-Jah­ren nur mehr eine Ruine.

Kurz vor der Wen­de von 1989 wur­de der Sakral­bau wie­der instand gesetzt und vom dama­li­gen Kar­di­na­lem Milos­lav Vlk geweiht. Seit­dem ist die Tus­set­ka­pel­le erneut zum belieb­ten Ziel für Pil­ger und Tou­ris­ten geworden.

Legen­den- und sagen­um­wo­ben ist auch der stei­le und dicht bewal­de­te Tus­set­berg, der das Wal­le­rer Becken abschließt. Ein­ge­klemmt von der Kal­ten und der War­men Mol­dau schiebt sich das Berg­mas­siv bis an die wei­te Wie­sen- und Wei­de­land­schaft vor. Süd­lich des Haupt­gip­fels (1065 Meter) steht die Tus­set­ka­pel­le. Kein Berg und kei­ne Wall­fahrts­stät­te in wei­tem Rund der Hei­mat­ber­ge ist so eng mit der Ver­gan­gen­heit Wal­lerns verbunden.

Schließ­lich wur­den auf dem Gol­de­nen Steig jahr­hun­der­te­lang Waren von Pas­sau nach Pracha­titz gebracht. Wal­lern bot den müden Säu­mern Schutz und Her­ber­ge auf dem Weg durch den unend­lich erschei­nen­den Wald. Laut einer münd­li­chen Über­lie­fe­rung stand im 17. Jahr­hun­dert unweit der Säu­mer­brü­cke eine klei­ne Holz­ka­pel­le mit einem Mari­en­bild. Als die Schwe­den ein­fie­len, zog mit ihnen Elend, Not, Krank­heit und Tod mit. Zu die­ser Zeit soll ein Vogel­fän­ger, ein bra­ver Mann namens Wen­zel, genö­tigt wor­den sein, den Schwe­den den rich­ti­gen Weg durch die unwirt­li­chen Wäl­der zu zei­gen. Er fürch­te­te um das Mari­en­bild und ver­steck­te es in einem wil­den Stein­klüft“ am Tus­set­berg, so dass das Bild den Krieg heil überstand.

Eine wei­te­re Legen­de: Ein luthe­ri­scher Sol­dat kam ein­mal des Wegs und schlug mit sei­nem Säbel auf das Mari­en­bild ein, um es zu zer­stö­ren. Als er den ers­ten Streich getan hat­te, ging vom Bild ein sol­cher Licht­schein aus, dass er sogleich geblen­det zu Boden stürz­te. Er fiel auf die Knie und glaub­te von nun an an die Muttergottes.

2024 09 09 pb alb tussetkapelle zelebranten Foto: Dieter Stuka
Zelebranten bei der diesjährigen Wallfahrt zur Tussetkapelle waren (v.l.) Pfarrer Jan Mikesch aus Nikolsburg, Pfarrvikar Yohan Injumala aus dem Pfarrverband Haidmühle, Pfarrer Karel Falár aus Wallern und Diakon Dieter Stuka aus Niederalteich.

Vor die­sem Hin­ter­grund ist es wenig ver­wun­der­lich, dass die Kapel­le am Tus­set eine viel­be­such­te Mari­en­wall­fahrts­stät­te wur­de. Trotz strö­men­den Regens kamen auch heu­er etwa 65 Pil­ger, um auf dem Tus­set­berg Got­tes­dienst am Fest Mariä Him­mel­fahrt zu fei­ern. Zele­bran­ten waren Pfar­rer Karel Falár aus Wal­lern, Pfarr­vi­kar Yohan Inju­ma­la aus dem Pfarr­ver­band Haid­müh­le, Pfar­rer Jan Mikesch aus Nikols­burg und Dia­kon Die­ter Stu­ka aus Nie­der­al­t­eich. Wall­fah­rer aus meh­re­ren Natio­nen und ehe­ma­li­ge Böh­mer­wäld­ler bete­ten und san­gen deut­sche und tsche­chi­sche Kir­chen­lie­der. Es wur­den auch wie­der Spen­den zur Erhal­tung der Tus­set­ka­pel­le an Bür­ger­meis­te­rin Hel­ga Fini­ko­va überreicht.

2024 09 09 pb alb tussetkapelle daniel hermann Foto: Dieter Stuka
Wallfahrt zur Tussetkapelle im Böhmerwald 2024: Mit dabei war auch der ehemalige Kulturminister Daniel Hermann.

Die­ter Stu­ka nutz­te die Gele­gen­heit auch zum Gespräch mit dem ehe­ma­li­gen tsche­chi­schen Kul­tur­mi­nis­ter Mag. Dani­el Her­mann, der 1989 zum Pries­ter geweiht wor­den und u.a. Sekre­tär von Bischof Milos­lav Vlk war. Im Jahr 2007 bat er um Lai­sie­rung. Im zivi­len Bereich arbei­te­te er für das Innen­mi­nis­te­ri­um und das Kul­tur­mi­nis­te­ri­um. Er blieb bis zum 13. Dezem­ber 2017 Kul­tur­mi­nis­ter der Tsche­chi­schen Repu­blik. Im Gespräch wur­de deut­lich, wie wich­tig Dani­el Her­mann die­ser Ort im Böh­mer­wald ist. Ich kann mich noch erin­nern, als die Kapel­le eine Rui­ne war“, mach­te er deut­lich. Die gro­ße Erneue­rung vor 30 Jah­ren sei für ihn eine ech­te Auf­er­ste­hung inmit­ten eines Natur­tem­pels im Böh­mer­wald“. Dies sei auch ein Zei­chen, dass Gott treu ist und sein Wort hält. Das ist etwas, was ich im Her­zen habe, hier spü­re ich, von Gott geliebt zu wer­den. Aus die­ser Kraft kön­nen wir wei­ter­le­ben und in der Welt wir­ken. Das ist ein ech­ter Wall­fahrts­ort für mich.“

Text: red

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