Rudolf und Susanne Marmann sind Amerikaner. Das Paar wohnt in Georgetown in Texas. Die beiden sind Reisende in Sachen Glauben. In der Coronazeit fanden sie eine neue Heimat: den Online-Gottesdienst aus der Pfarrei Feichten. Jetzt haben sie die kleine Gemeinde im Alztal besucht.
Geboren wurde der heute 83-jährige Rudolf Marmann in Wittlich, einer kleinen Stadt zwischen Saarbrücken und Köln. Mit 19 Jahren sah er für sich in Deutschland kein Vorankommen und wanderte über den großen Teich nach New York aus. Als Uhrmacher machte er sich in New York einen Namen, reparierte die kleinen Uhren genauso wie die großen Zeitmesser am Broadway. Als eingebürgerter Amerikaner leistete er auch seinen Wehrdienst und kam als GI in die Kaserne Wildflecken nach Deutschland zurück.
Seine Frau Susanne, inzwischen 76 Jahre alt, stammt ursprünglich aus der Tschechoslowakei und wohnte in der Nähe der Kaserne. Gegen den Widerstand der Eltern wurden beide ein Paar und heirateten 1966. Rudolf Marmann stand damals vor der Wahl, zurück in die USA zu gehen oder bei der Armee zu verlängern und damit den Vietnameinsatz in Kauf zu nehmen. Er wählte die Rückkehr. Susanne kam ein halbes Jahr später nach. Eineinhalb Jahre hielt es das Paar im „Big Apple“, dann zog es weiter auf die Virgin Islands.
Wo andere ein Urlaubsparadies vermuten, herrscht bis heute starker Rassismus, berichtet Rudolf Marmann. Zehn Jahre, immer eine Waffe bei sich tragend, hat er dort in einer Uhrenmanufaktur gearbeitet, seine Frau Susanne hatte ein Friseurgeschäft eröffnet. Doch dann war es wieder Zeit weiterzuziehen. Das Ehepaar verkaufte alles, der Audi 100 wurde nach Deutschland verschifft und dann ein Jahr lang Europa bereist. Rudolf versuchte schließlich, in Koblenz Fuß zu fassen und stieg in ein Juweliergeschäft ein. Doch wirklich glücklich wurde er dabei nicht. Deshalb kehrte das Paar doch wieder nach New York zurück. Nach einer Rundreise, die durch die südlichen Bundesstaaten schließlich bis hinauf nach Kanada führte, ließen sich Rudolf und Susanne in Austin, im Bundesstaat Texas, nieder. 30 Jahren betrieb Susanne Marmann dort ein Friseurgeschäft, Rudolf eröffnete ein Uhrengeschäft. In der ganzen Zeit wurde vorwiegend Deutsch gesprochen.
Das gläubige Ehepaar hat immer nach einer guten Gottesdienst-Form gesucht, in der es sich wohl fühlt. Es hat viele Gemeinschaften ausprobiert, doch wirklich „warm“ sind sie mit keiner geworden. Und dann kam Corona mit allen Beschränkungen, die auch in Amerika ihre Gültigkeit hatten. Ein Gottesdienstbesuch war vorerst nicht mehr möglich.
„Wir finden es schön, dass hier noch die alten Bräuche gelebt werden. Erntedank, Erstkommunion, Fronleichnam, Lichtmess, Sternsinger und vieles mehr. Dazu die Musik, der Gesang, die Tracht – eben traditionell.”
Ihre Internet-Recherche führte sie immer wieder auch auf deutsche Websites. Die Marmanns fanden die großen Dommessen aus Köln oder Münster und auch evangelische Gottesdienste, die in die Staaten übertragen wurden. Per Zufall stießen sie auf das Onlineangebot aus Feichten. „Das ist leger, nicht zu pompös“, befanden beide. Auch die Kirche sagte ihnen zu. „Hier werden keine alten katholischen Messen gefeiert – und es sind Messen mit besonderer Aussage“, so Rudolf Marmann. Dass man seine Eindrücke online und einfach mit einem Mausklick senden kann, hat sie ebenfalls beeindruckt. Dass man dann auch noch eine Antwort bekommt, noch viel mehr. „Ich glaube, dass wir das unterstützen sollten“, waren sie sich schnell einig. „Wir finden es schön, dass hier noch die alten Bräuche gelebt werden. Erntedank, Erstkommunion, Fronleichnam, Lichtmess, Sternsinger und vieles mehr. Dazu die Musik, der Gesang, die Tracht – eben traditionell. Das finden wir schön“. Sie schickten deshalb auch immer wieder einen Spendenscheck nach Feichten, damit der Gottesdienst auch weiter angeboten wird.
Um so schöner ist es, wie sie schließlich persönlich in der Wallfahrtskirche in der kleinen Alzgemeinde vor dem Wallfahrtsaltar „zur Himmlischen Ärztin“ stehen – voller Demut. Nach vielen Operationen sind sie dankbar, dass es ihnen wieder gut geht und zufrieden mit dem, was das Leben bringt. Doch die Sehnsucht nach Deutschland zurückzukehren, die verbleibende Zeit mit den wenigen verbliebenen Familienmitgliedern zu verbringen, nimmt zu. So stark, dass sie noch einmal den Schritt über den großen Atlantik, zurück in die Heimat wagen wollen. Eine geeignete Krankenversicherung haben sie schon gefunden. Jetzt ist das Paar, das 57 Jahre verheiratet ist, auf der Suche nach einer Bleibe. Freunde in Pforzheim, Düsseldorf und München wollen helfen. „Wir wollen das Beste aus beiden Ländern. Es soll ein Mix aus amerikanischer Lebensfreude und deutscher Gemütlichkeit werden“, so ihre Vorstellung.
Ob dies gelingen kann, bleibt abzuwarten. Aber egal, was sie anpacken – den Gottesdienst aus Feichten wollen sie weiterverfolgen, am Sonntagmittag pünktlich den Youtube-Kanal des Pfarrverbandes anklicken und dann darauf vertrauen, dass sie das Richtige machen – wie schon oft in ihrem Leben.
Text und Foto: Tine Limmer