Kirche vor Ort

Von Texas ins Alztal – um den Glauben zu leben

Redaktion am 08.01.2024

2024 01 08 pb alb feichten besuch aus texas Foto: Tine Limmer
Herzlicher Empfang in Feichten: Pfarrer Michael Witti nahm sich gerne um Susanne und Rudolf Marmann an, die aus Texas ins Alztal gekommen waren, um die „Messe für Ausgeschlafene“ einmal live zu erleben.

Rudolf und Susanne Marmann sind Amerikaner. Das Paar wohnt in Georgetown in Texas. Die beiden sind Reisende in Sachen Glauben. In der Coronazeit fanden sie eine neue Heimat: den Online-Gottesdienst aus der Pfarrei Feichten. Jetzt haben sie die kleine Gemeinde im Alztal besucht.

Gebo­ren wur­de der heu­te 83-jäh­ri­ge Rudolf Mar­mann in Witt­lich, einer klei­nen Stadt zwi­schen Saar­brü­cken und Köln. Mit 19 Jah­ren sah er für sich in Deutsch­land kein Vor­an­kom­men und wan­der­te über den gro­ßen Teich nach New York aus. Als Uhr­ma­cher mach­te er sich in New York einen Namen, repa­rier­te die klei­nen Uhren genau­so wie die gro­ßen Zeit­mes­ser am Broad­way. Als ein­ge­bür­ger­ter Ame­ri­ka­ner leis­te­te er auch sei­nen Wehr­dienst und kam als GI in die Kaser­ne Wild­fle­cken nach Deutsch­land zurück. 

Sei­ne Frau Susan­ne, inzwi­schen 76 Jah­re alt, stammt ursprüng­lich aus der Tsche­cho­slo­wa­kei und wohn­te in der Nähe der Kaser­ne. Gegen den Wider­stand der Eltern wur­den bei­de ein Paar und hei­ra­te­ten 1966. Rudolf Mar­mann stand damals vor der Wahl, zurück in die USA zu gehen oder bei der Armee zu ver­län­gern und damit den Viet­nam­ein­satz in Kauf zu neh­men. Er wähl­te die Rück­kehr. Susan­ne kam ein hal­bes Jahr spä­ter nach. Ein­ein­halb Jah­re hielt es das Paar im Big Apple“, dann zog es wei­ter auf die Vir­gin Islands. 

Wo ande­re ein Urlaubs­pa­ra­dies ver­mu­ten, herrscht bis heu­te star­ker Ras­sis­mus, berich­tet Rudolf Mar­mann. Zehn Jah­re, immer eine Waf­fe bei sich tra­gend, hat er dort in einer Uhren­ma­nu­fak­tur gear­bei­tet, sei­ne Frau Susan­ne hat­te ein Fri­seur­ge­schäft eröff­net. Doch dann war es wie­der Zeit wei­ter­zu­zie­hen. Das Ehe­paar ver­kauf­te alles, der Audi 100 wur­de nach Deutsch­land ver­schifft und dann ein Jahr lang Euro­pa bereist. Rudolf ver­such­te schließ­lich, in Koblenz Fuß zu fas­sen und stieg in ein Juwe­lier­ge­schäft ein. Doch wirk­lich glück­lich wur­de er dabei nicht. Des­halb kehr­te das Paar doch wie­der nach New York zurück. Nach einer Rund­rei­se, die durch die süd­li­chen Bun­des­staa­ten schließ­lich bis hin­auf nach Kana­da führ­te, lie­ßen sich Rudolf und Susan­ne in Aus­tin, im Bun­des­staat Texas, nie­der. 30 Jah­ren betrieb Susan­ne Mar­mann dort ein Fri­seur­ge­schäft, Rudolf eröff­ne­te ein Uhren­ge­schäft. In der gan­zen Zeit wur­de vor­wie­gend Deutsch gesprochen. 

Das gläu­bi­ge Ehe­paar hat immer nach einer guten Got­tes­dienst-Form gesucht, in der es sich wohl fühlt. Es hat vie­le Gemein­schaf­ten aus­pro­biert, doch wirk­lich warm“ sind sie mit kei­ner gewor­den. Und dann kam Coro­na mit allen Beschrän­kun­gen, die auch in Ame­ri­ka ihre Gül­tig­keit hat­ten. Ein Got­tes­dienst­be­such war vor­erst nicht mehr möglich.

Wir fin­den es schön, dass hier noch die alten Bräu­che gelebt wer­den. Ern­te­dank, Erst­kom­mu­ni­on, Fron­leich­nam, Licht­mess, Stern­sin­ger und vie­les mehr. Dazu die Musik, der Gesang, die Tracht – eben traditionell.”

Rudolf und Susanne Marmann aus Texas über die Online-Gottesdienste aus der Pfarrei Feichten an der Alz

Ihre Inter­net-Recher­che führ­te sie immer wie­der auch auf deut­sche Web­sites. Die Mar­manns fan­den die gro­ßen Dom­mes­sen aus Köln oder Müns­ter und auch evan­ge­li­sche Got­tes­diens­te, die in die Staa­ten über­tra­gen wur­den. Per Zufall stie­ßen sie auf das Online­an­ge­bot aus Feich­ten. Das ist leger, nicht zu pom­pös“, befan­den bei­de. Auch die Kir­che sag­te ihnen zu. Hier wer­den kei­ne alten katho­li­schen Mes­sen gefei­ert – und es sind Mes­sen mit beson­de­rer Aus­sa­ge“, so Rudolf Mar­mann. Dass man sei­ne Ein­drü­cke online und ein­fach mit einem Maus­klick sen­den kann, hat sie eben­falls beein­druckt. Dass man dann auch noch eine Ant­wort bekommt, noch viel mehr. Ich glau­be, dass wir das unter­stüt­zen soll­ten“, waren sie sich schnell einig. Wir fin­den es schön, dass hier noch die alten Bräu­che gelebt wer­den. Ern­te­dank, Erst­kom­mu­ni­on, Fron­leich­nam, Licht­mess, Stern­sin­ger und vie­les mehr. Dazu die Musik, der Gesang, die Tracht – eben tra­di­tio­nell. Das fin­den wir schön“. Sie schick­ten des­halb auch immer wie­der einen Spen­den­scheck nach Feich­ten, damit der Got­tes­dienst auch wei­ter ange­bo­ten wird. 

Um so schö­ner ist es, wie sie schließ­lich per­sön­lich in der Wall­fahrts­kir­che in der klei­nen Alz­ge­mein­de vor dem Wall­fahrts­al­tar zur Himm­li­schen Ärz­tin“ ste­hen – vol­ler Demut. Nach vie­len Ope­ra­tio­nen sind sie dank­bar, dass es ihnen wie­der gut geht und zufrie­den mit dem, was das Leben bringt. Doch die Sehn­sucht nach Deutsch­land zurück­zu­keh­ren, die ver­blei­ben­de Zeit mit den weni­gen ver­blie­be­nen Fami­li­en­mit­glie­dern zu ver­brin­gen, nimmt zu. So stark, dass sie noch ein­mal den Schritt über den gro­ßen Atlan­tik, zurück in die Hei­mat wagen wol­len. Eine geeig­ne­te Kran­ken­ver­si­che­rung haben sie schon gefun­den. Jetzt ist das Paar, das 57 Jah­re ver­hei­ra­tet ist, auf der Suche nach einer Blei­be. Freun­de in Pforz­heim, Düs­sel­dorf und Mün­chen wol­len hel­fen. Wir wol­len das Bes­te aus bei­den Län­dern. Es soll ein Mix aus ame­ri­ka­ni­scher Lebens­freu­de und deut­scher Gemüt­lich­keit wer­den“, so ihre Vorstellung. 

Ob dies gelin­gen kann, bleibt abzu­war­ten. Aber egal, was sie anpa­cken – den Got­tes­dienst aus Feich­ten wol­len sie wei­ter­ver­fol­gen, am Sonn­tag­mit­tag pünkt­lich den You­tube-Kanal des Pfarr­ver­ban­des ankli­cken und dann dar­auf ver­trau­en, dass sie das Rich­ti­ge machen – wie schon oft in ihrem Leben. 

Text und Foto: Tine Limmer

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