Der zunehmende Nationalismus in vielen europäischen Staaten treibt auch die katholischen Verbände im Bistum Passau um. Ab Mitte April bis zur Wahl Anfang Juni wollen jede Woche Frauen und Männer aus den Verbänden sichtbar machen, warum ihnen Europa wichtig ist. Veronika Emmer erklärt, was es mit der Aktion auf sich hat.
Die Europawahl steht vor der Tür und populistische Parteien sind auf dem Vormarsch – keine guten Vorzeichen vor dem Wahltag. Die katholischen Verbände aus der Diözese haben deshalb die Initiative ergriffen. Sie planen im Vorfeld der Europawahl eine Kampagne auf den Social-Media-Kanälen. Ab Mitte April sollen jede Woche zwei Personen aus den Verbänden unter dem Motto „Verein(t) in Europa“ mit einem Videostatement zu Wort kommen: „Europa ist mir wichtig, weil …“ Ziel ist es, die Menschen für das Thema Europa zu sensibilisieren und sich nicht abzufinden mit der Gleichgültigkeit gegenüber den Institutionen der Europäischen Union.
Redakteur Wolfgang Bayer hat die Geschäftsführerin der Katholischen Erwachsenenbildung im Bistum Passau, Veronika Emmer, zum Engagement der kirchlichen Verbände bei der Europawahl befragt.
Frau Emmer, warum engagieren sich die kirchlichen Verbände für die Europawahl?
Emmer: Kirchliche Verbände sind wie andere Verbände und Vereine von Grund auf demokratisch orientiert und setzen sich für gesellschaftliche Fragen ein. Und Wahlen sind nun mal wichtige Ereignisse, bei denen die Menschen ihrer Stimme Ausdruck verleihen können. Die Verbände engagieren sich seit vielen Jahren auch vor anderen Wahlen. Wir haben jetzt die anstehende Europawahl zum Anlass genommen, einfach auch vor dem Hintergrund, weil viele Leute sagen, dass Europa sehr weit weg von ihnen ist. Wir wollen mit unserem Engagement als katholische Verbände im Bistum Passau zeigen, dass Europa viel mehr mit dem alltäglichen Leben zu tun hat, als man vielleicht meint. Für einzelne Menschen, die sich engagieren, ist Europa sehr wichtig und gar nicht so weit weg. Wir hoffen, damit auch die Leute dazu zu bewegen, zur Wahl zu gehen.
Wie wichtig sind denn demokratische Strukturen in einer Gesellschaft und auch in der Kirche – wo sehen Sie hier Optimierungspotenzial?
Emmer: Wie gesagt, sind auch die Verbände demokratisch strukturiert, Entscheidungen werden dort demokratisch getroffen. Das ist für uns schon auch so ein Beispiel, wie Gesellschaft und auch Kirche funktionieren kann. Wir sehen uns da auch als Motor, dass auch kirchlich ein bisschen mehr versucht wird, die Menschen miteinzubeziehen und von hierarchischen Strukturen etwas wegzugehen und die Menschen noch mehr zu beteiligen. Und natürlich ist für uns Demokratie grundsätzlich einfach die Staatsform, die wir als die einzig wahre sehen, auch wenn sie manchmal anstrengend ist. Wir versuchen, in den Verbänden auch demokratisches Verhalten einzuüben und so auch ein bisschen beizutragen, damit die Leute auch gewohnt sind, über politische, gesellschaftliche und kirchliche Themen zu diskutieren, auch wenn vielleicht die Positionen weit auseinanderliegen. Wir versuchen, über ein Gespräch und eine sachliche, wertschätzende Auseinandersetzung zu möglichen Lösungen zu kommen. Deswegen wollen wir zur Demokratiebildung beitragen.
Miteinander im Dialog zu bleiben und die Meinung anderer zu respektieren und auszuhalten ist für eine Demokratie essenziell. Jetzt hat sich die Deutsche Bischofskonferenz in einer Erklärung klar gegen die populistischen Parteien in Deutschland wie z. B. die AfD positioniert. Wie stehen denn die kirchlichen Verbände dazu?
Emmer: Die kirchlichen Verbände, so wie ich das wahrnehme, stehen alle hinter diesem Beschluss der Bischofskonferenz. Die Verbände in der Diözese Passau engagieren sich schon seit längerer Zeit und gerade auch in jüngster Zeit bei den Demonstrationen gegen Rechtsextremismus. Sie positionieren sich auch in einzelnen Stellungnahmen gegen nationalistische Tendenzen und menschenfeindliche Positionen. Insofern stehen wir da dahinter und beziehen auch klar Stellung für Freiheit, für Menschenwürde, für das Recht aller Menschen und versuchen uns da auch in die Gespräche und in die Diskussionen einzubringen.
Text: pbp