Soziales

Verborgene Denkmäler

Redaktion am 04.09.2023

2023 09 04 pb alb ansichtskarte hausbach Foto: red
Eine Ansichtskarte, die den Poststempel aus dem Jahr 1904 trägt, zeigt das malerisch gelegene Hausbach. Gehütet wird diese Kostbarkeit im Stadtarchiv Vilshofen. Noch 120 Jahre danach gilt dem Fotografen ein großes Kompliment: Um die Filialkirche optimal in Szene zu setzen, gruppierte er davor insgesamt 17 Personen.

Sonntag, 10. September: Der „Tag des offenen Denkmals“ gewährt wieder Einblicke in Gebäude, die sonst nicht zugänglich sind.

Was machst denn mit dem oidn Glump? Bei sol­chen Fra­gen bin ich kurz davor, mei­nem Gegen­über ins Gesicht zu sprin­gen! Gefällt wur­de die­ses Urteil“ ein­mal über das Radio mei­nes Vaters, das er sich vom Mund abge­spart und 1954 gekauft hat­te, um die Rund­funk­über­tra­gun­gen der Fuß­ball­welt­meis­ter­schaft aus Bern zu hören. Das Gehäu­se aus Nuss­baum­holz mit gold­far­be­nen Dop­pel­strei­fen, der beige Stoff­be­zug, das magi­sche grü­ne Auge: Was für ein Schmuck­stück! Und erst die ange­neh­me Stim­me durch die Laut­spre­cher! Selbst wenn ich dafür ein nigel­na­gel­neu­es Auto bekom­men wür­de: So etwas gebe ich nicht her. Wie muss es da erst Leu­ten gehen, die in einem alten Haus woh­nen, sich dort wohl­füh­len und eben­so den­ken? Oder Gläu­bi­gen, denen eine Kir­che ans Herz gewach­sen ist?

Der bun­des­wei­te Tag des offe­nen Denk­mals“ gibt uns am Sonn­tag, 10. Sep­tem­ber, wie­der die Mög­lich­keit, Ver­bor­ge­nes und Ver­schlos­se­nes anzu­schau­en. Das Mot­to Talent Monu­ment“ rich­tet den Schein­wer­fer auf die Fra­gen nach den außer­ge­wöhn­li­chen Eigen­schaf­ten, die Denk­ma­le aus­ma­chen. Als Bei­spiel mag die römisch-katho­li­sche Fili­al­kir­che St. Mag­da­le­na in Haus­bach bei Vils­ho­fen gel­ten. Hier­bei han­delt es sich um eine spät­ro­ma­ni­sche, ein­ge­wölb­te Rund­kir­che, wel­che die ältes­te Rund­kir­che Nie­der­bay­erns ist.

Infos und Kontakt

Die Fili­al­kir­che St. Mag­da­le­na in Haus­bach ist am Sonn­tag, 10. Sep­tem­ber, in der Zeit von 10 bis 15 Uhr geöff­net. Besich­ti­gung mit Infor­ma­ti­on und Füh­rung. Adres­se: Haus­bach 2, 94474 Vils­ho­fen an der Donau. Kon­takt: Staat­li­ches Bau­amt Pas­sau, 0851 / 501 72200. E‑Mail: sebastian.​philipp@​stbapa.​bayern.​de

Das Staat­li­che Bau­amt Pas­sau hat die­sem sakra­len Juwel 2017 mit einer neu­en Dach­ein­de­ckung das Über­le­ben gesi­chert. Lei­ten­der Bau­di­rek­tor Nor­bert Sterl: Der voll­run­de Innen­raum, der seit der Ein­wöl­bung um 1470 von einer zen­tra­len Mit­tel­säu­le domi­niert wird, gibt bis heu­te Rät­sel auf. Ob ein heim­keh­ren­der Kreuz­fah­rer den Zen­tral­bau als Nach­bil­dung der Jeru­sa­le­mer Hei­lig-Grab-Kir­che hat errich­ten las­sen oder es sich um eine roma­ni­sche Rund­ka­pel­le zu Ehren Mari­ens han­delt, wird unge­klärt bleiben.“

2023 09 04 pb alb kirchenpfleger hausbach Foto: Werner Friedenberger
Kirchenpfleger Ludwig Silbernagl freut sich in Hausbach auf die Besucher am Tag des offenen Denkmals.

Lud­wig Sil­ber­nagl, als Kir­chen­pfle­ger von Vils­ho­fen gehört Haus­bach zu sei­nem Gäu: Es ist ein Glücks­fall für die Pfarr­ge­mein­de Vils­ho­fen, dass von der Haus­ba­cher Rund­kir­che, die unter Denk­mal­schutz steht, der baye­ri­sche Staat auf­grund der Säku­la­ri­sa­ti­on seit 1863 die Bau­last zu tra­gen hat. Eine der­ar­ti­ge gründ­li­che Instand­set­zung der Kir­che, wie sie in den ver­gan­ge­nen Jah­ren durch­ge­führt wur­de, wäre von der Pfarr­ge­mein­de Vils­ho­fen allei­ne nicht zu stem­men gewesen.“

Die Fili­al­kir­che hat sozu­sa­gen drei gro­ße Stra­ßen direkt vor der Haus­tür: Bun­des­stra­ße 8, Bahn­gleis und die Donau. Vor­bei­rau­schen­de Züge und Autos – dazwi­schen Stil­le. Die Stein­mau­er, die sie ein­frie­det, die schüt­zen­den Bäu­me und das vie­le Grün rund­her­um ver­lei­hen dem Platz trotz­dem eine fried­li­che Atmo­sphä­re. Der Vils­ho­fe­ner Kreis­hei­mat­pfle­ger Rudolf Drasch weiß um das Allein­stel­lungs­merk­mal“ die­ser fan­tas­ti­schen Rund­kir­che: Die­ses Juwel soll­te man sich anschau­en. Lei­der Got­tes ist die Kir­che sonst abge­schlos­sen.“ Heu­te ist die Kir­che der hei­li­gen Maria Mag­da­le­na geweiht; im Mit­tel­al­ter trug sie das Patro­zi­ni­um Unse­rer Lie­ben Frau“ . Der ehe­ma­li­ge Archiv­di­rek­tor des Bis­tums Pas­sau, Dr. Her­bert W. Wurs­ter, stellt den Rund­bau in einen grö­ße­ren Zusam­men­hang: Das Gna­den­bild Maria­hilf zeugt einer­seits für das frü­he Patro­zi­ni­um, ande­rer­seits steht es für die enor­me Wir­kung der Pas­sau­er Gnadenstätte.

Die hei­li­ge Maria Mag­da­le­na wird im Barock als Büße­rin ver­ehrt, als Vor­bild für die Sün­de­rin­nen und Sün­der, die mit Hil­fe der katho­li­schen Hei­li­gen­ver­eh­rung – trotz der Nach­bar­schaft zur evan­ge­li­schen Reichs­graf­schaft Orten­burg – auf Chris­tus vertrauen.“

Wer heu­te ein altes Gebäu­de bewahrt, ist ein Held des All­tags. Die­ser lebt nicht in, son­dern mit der Ver­gan­gen­heit. Sein his­to­ri­sches Fun­da­ment trägt ihn durch Gegen­wart und Zukunft.

Übri­gens: Mein Röh­ren­ra­dio aus dem Jahr 1954 geht noch immer – eine Anschaf­fung für die Ewig­keit. Das kann ich von neu­en“ Gerä­ten, die ich mir im Lau­fe der Jah­re gekauft habe, nicht sagen. Sie haben ihren Geist längst aufgegeben.

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