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Schmalzhafen-Geschichten

Redaktion am 10.10.2023

Bräuche am Kirchweihsonntag Foto: kna

Bei den kulinarischen Traditionen zur Allerweltskirchweih am 18. Oktober scheiden sich in Franken die Geister.

Dass sich an weib­li­chen Knien ein kon­fes­sio­nel­ler Fami­li­en­streit von grund­le­gen­der kuli­na­ri­scher Güte ent­zün­den kann, mag der wohl­ge­neig­ten Leser­schaft im Land zwi­schen Rott, Inn und Donau doch eher wie ein Witz vor­kom­men. Dass es bei Fami­li­en mit ober­frän­ki­schen Wur­zeln wie der mei­nen aber durch­aus in der Kirch­weih­zeit zu sehr hand­fes­ten, ja rus­ti­ka­len Taxie­run­gen kör­per­li­cher Vor­zü­ge durch Alt­vor­de­re kom­men kann, ist für den Men­schen­schlag zwi­schen Fran­ken­wald und Fich­tel­ge­bir­ge das nor­mals­te von der Welt, der Ker­wa­welt möch­te man fast sagen. Um es abzu­kür­zen: Ich habe evan­ge­li­sche Knie, groß, fest, derb und somit ide­al fürs Küchel­zie­hen. Sag­ten mei­ne Groß­tan­ten, die bei­de doch eher mit den recht katho­li­schen Gelenk­an­tei­len ihrer Ruper­ti­gau­er Vor­fah­ren geseg­net waren, und an Kirch­weih dem­zu­fol­ge nur Zwet­schen­ba­ve­sen kre­denz­ten, die süd­baye­ri­sche Vari­an­te der Armen Rit­ter”, gefüllt mit Powidl, ser­viert mit viel Zimt und Zucker und einer dicken Vanil­le­sauce. Und einem star­ken Kaf­fee, und einem noch stär­ke­ren Safran­li­kör zwecks der Fettverbrennung.

Auch die Fra­ge des rich­ti­gen Schmal­zes hat an den Tagen, wenn der rot-wei­ße Zachä­us aus dem Kirch­turm hängt, um den Land­frie­den zu erhal­ten, gera­de­zu etwas Dog­ma­ti­sches. Es tre­ten an: die geschmack­lich geschmei­di­ge But­ter­schmalz­frak­ti­on gegen die Ver­fech­te­rin­nen des zünf­ti­gen Schwei­ne­schmal­zes, das angeb­lich ein­zig und allein den Aus­zo­ge­nen und Schu­xen ihr typi­sches Kirch­wei­h­aro­ma ver­leiht. Und dank des Schwei­ne­schmal­zes bleibt das Hefe­ge­bäck auch in der gewünsch­ten Form, sagen sie, etwa wie die läng­li­chen Schu­xen, die an Schuh­soh­len erinnern.

Maxi­mi­lia­ne Saalfrank

Wer nicht zwei Stun­den unun­ter­bro­chen essen kann, taugt nix”

Am Kirchweihsonntag wurde kräftig aufgetischt.

Gro­ße Bäue­rin­nen zele­brier­ten mit ihren Köchin­nen gera­de­zu ein Hoch­amt der kalo­rien­rei­chen Ver­füh­run­gen, das bereits am Mitt­woch vor dem eigent­li­chen Kirch­weih­sonn­tag mit dem Backen von Tor­ten­bö­den begann. Don­ners­tags folg­ten dann Schnee­bal­len, am Frei­tag stan­den dann die Aus­zo­ge­nen auf dem Back­plan – bevor man einen sams­täg­li­chen Obst­tag ein­leg­te, mit Apfel­schnit­ten, Apfel­kü­cherl, Zimt­schnit­ten und dick mit Puder­zu­cker bestreu­ten Hase­n­öhrl. Am Kirch­weih­sonn­tag ser­vier­te man dann zu dem Schmalz­ge­ba­cke­nen der Vor­ta­ge noch üppi­ge But­ter­creme­tor­ten getreu dem Mot­to Wer nicht zwei Stun­den unun­ter­bro­chen essen kann, taugt nix”.

Tan­te Mirzl übri­gens hat­te noch als jun­ges Mäd­chen Kirch­weih­bäl­le auf dem Land besu­chen müs­sen, auf Geheiß ihrer Hol­le­dau­er Groß­mutter, die sich von der Tan­ze­rei einen bes­se­ren Ertrag auf den Hop­fen­fel­dern im nächs­ten Jahr erhoff­te. Der Zusam­men­hang zwi­schen Tanz und Feld­frucht­si­che­rung sei ihr nie ganz klar­ge­wor­den. Der Schmalz­ge­ruch hat­te sich so in den Klei­dern der Ball­be­su­cher ein­ge­hängt, dass ihr immer schlecht gewor­den sei, erzähl­te sie. Und dass sie gar kein Schmalz­ge­ba­cke­nes des­we­gen möge. Lie­ber sei ihr, wenn über­haupt, das alte Bier gewe­sen, das man eben­falls am Kir­ta aus­ge­schenkt hät­te. Und die­ses Irta, Mig­ga etc. hät­te sie als Städ­te­rin auch nicht mehr verstanden.

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