Weltkirche

„Jeder Tag ist eine Überraschung“

Redaktion am 29.07.2024

2024 07 29 pb alb pilgerzentrum rom Foto: Pfarrer Christian Böck
Unscheinbar in spektakulärer Nachbarschaft: Das deutschsprachige Pilgerzentrum liegt unweit der Engelsburg, in der Via del Banco di Santo Spirito 56 in direkter Verlängerung der Engelsbrücke. Auch der Vatikan selbst ist nur 15 Fußminuten entfernt. Eine ideale Lage also für alle, die zusätzliche Informationen zu ihrer Rom-Wallfahrt benötigen.

Rom steht vor dem Heiligen Jahr 2025. Pfarrer Christian Böck aus Hutthurm im Landkreis Passau ist dort seit September vergangenen Jahres Direktor des deutschsprachigen Pilgerzentrums in Rom. Während seines Heimaturlaubs sprach der Geistliche im Interview darüber, wie er sich dort eingelebt hat, über Gefährdungen im Straßenverkehr, Sprache und Essen sowie über die Herausforderungen als Pilgerpfarrer im katholischen Weltzentrum.

Herr Pfar­rer Böck, Sie sind ja jetzt seit Sep­tem­ber in Rom in Ihrer Funk­ti­on als Lei­ter des deut­schen Pil­ger­zen­trums. Wie haben Sie sich denn bis­her ein­ge­lebt?
Pfar­rer Chris­ti­an Böck:
Ich habe mich sehr gut ein­ge­lebt. Am Anfang waren es natür­lich sehr vie­le Fra­gen der Ver­wal­tung. Ich mache von Behör­den­gän­gen bis Bank­ge­schäf­ten alles, muss zudem die Buch­hal­tung und so wei­ter erle­di­gen. Da war mir mein Vor­gän­ger, Wer­ner Dem­mel, eine gro­ße Hil­fe. Dazu kommt auch der Umgang mit den Pil­gern, und die Fra­ge, wie ich das koor­di­nie­ren muss. Ich ste­he auch als Got­tes­dienst­lei­ter und Beicht­va­ter zur Ver­fü­gung – da gibt es auch sehr vie­le Anfra­gen. Dann habe ich auch noch an der Ani­ma, der deut­schen Pfar­rei, gear­bei­tet und arbei­te dort immer noch in der Sakra­men­ten­vor­be­rei­tung. Unter der Woche bin ich meist im Pil­ger­zen­trum und am Wochen­en­de hel­fe ich in der Pfar­rei aus.

Wie kom­men Sie denn mit der Welt­stadt an sich zurecht? Sie waren ja zuletzt in der Klein­stadt Fürs­ten­zell tätig. Fin­den Sie sich ört­lich gut zurecht?
Böck:
Ja, ich fin­de mich sehr gut zurecht. Mitt­ler­wei­le bin ich schon eine klei­ne Aus­kunfts­sta­ti­on, was Bus­se betrifft. Wenn jemand sagt, er möch­te in den und den Stadt­teil, dann kann ich sagen: Ach, da neh­men Sie am bes­ten die­se Bus­li­nie oder die­se Metrolinie.

2024 07 29 pb alb christian boeck pilgerpfarrer rom Foto: Pfarrer Christian Böck
Ein neues Revier: Christian Böck wurde am 27. Juni 1998 in Passau zum Priester geweiht. Nach langjähriger Tätigkeit in Niederbayern – zuletzt 15 Jahre lang als Pfarrer im Pfarrverband Fürstenzell – ist er seit September 2023 neuer Direktor des deutschsprachigen Pilgerzentrums in Rom. Auf der Luftaufnahme zeigt Böck das Ziel aller Rom-Pilger, den Petersplatz und den Petersdom.

Wie geht‘s Ihnen mit Ihrem neu­en Auf­ga­ben­ge­biet als Lei­ter der Pil­ger­stel­le?
Böck:
Da habe ich mich inzwi­schen sehr gut ein­ge­ar­bei­tet. Jeder Tag ist eine neue Über­ra­schung, weil sehr vie­le Men­schen zu uns kom­men mit ihren indi­vi­du­el­len Fra­gen – und auf jede Fra­ge hat man eine klei­ne Ant­wort. Da muss man dann auch nach­for­schen. Aber ich habe Gott sei Dank ein sehr gutes Team. Auch eine Sekre­tä­rin, die Deutsch-Ita­lie­ne­rin ist. Das ist schon ein gro­ßer Vor­teil, wenn die irgend­wo schnell auf Ita­lie­nisch anru­fen und nach­fra­gen kann. Bei mir wird es dann ein biss­chen schwieriger.

Was sind denn da die gro­ßen Her­aus­for­de­run­gen? Sie haben schon gesagt, da kön­nen unter­schied­lichs­te Sachen auf einen zukom­men.
Böck:
Es gibt vie­le Her­aus­for­de­run­gen. Die Men­schen kom­men mit ihren Geschich­ten und Anlie­gen. Man­che wol­len den Hei­li­gen Vater spre­chen – das geht natür­lich nicht. Und dann sagen sie: Ich möch­te mei­ne Geschich­te einem Pries­ter erzäh­len.“ Ich habe schon so vie­le berüh­ren­de Geschich­ten aus dem Leben gehört, wo die Leu­te ein­fach ihre Geschich­te erzäh­len wol­len, wo sie etwas ganz Beson­de­res mit Gott erlebt haben und das wei­ter­ge­ben wol­len. Ein Bei­spiel: Ein Schmied aus Fran­ken hat­te ein rie­si­ges Vor­tra­ge­kreuz geschaf­fen und das dem Hei­li­gen Vater geben wol­len. Da muss­te ich erst erklä­ren, dass es nicht so ein­fach ist, dass man dem Vati­kan so ein rie­si­ges Kreuz gibt. Aber er war über­zeugt, dass das Kreuz zum Hei­li­gen Vater kommt. Er hat es von Fran­ken bis nach Rom getra­gen, oft mit Mit­fahr­ge­le­gen­hei­ten. Und das Über­ra­schen­de war: Wir haben ihn dann über­re­den kön­nen, das Kreuz erst mal beim Schwei­zer Gar­dis­ten abzu­ge­ben. Ich war über­zeugt, es lan­det im Maga­zin und der Hei­li­ge Vater sieht es nicht mehr. Und dann erzählt mir ein paar Tage spä­ter der Schwei­zer Gar­dist, dass das Kreuz zum Hei­li­gen Vater getra­gen wor­den ist und jetzt in der Sakris­tei von San­ta Mar­ta steht, wo der Papst jeden Tag die Mes­se liest. Der Papst hat es gese­hen und es hat ihm sehr gefal­len, so dass er ver­fügt hat, es in eine römi­sche Pfar­rei zu brin­gen. Der Schmied hat­te also recht. Das Kreuz ist wirk­lich zum Hei­li­gen Vater gekom­men. Das hät­te ich nie gedacht.

Eine wirk­lich schö­ne Geschich­te. Was macht denn Ihr Ita­lie­nisch, ler­nen Sie flei­ßig?
Böck:
Ich ler­ne tat­säch­lich flei­ßig Ita­lie­nisch. Aber wis­sen Sie, ich bin 53 Jah­re alt. Das Gehirn ist ein­fach nicht mehr so auf­nah­me­fä­hig, dass man eine Spra­che noch so gut lernt. Ein­mal die Woche kommt eine pri­va­te Sprach­leh­re­rin. Wir sind jetzt schon beim Kon­junk­tiv. Ich ver­ste­he die gram­ma­ti­ka­li­schen Zusam­men­hän­ge und ler­ne Wör­ter, aber im All­tag ist es dann oft so: Wenn mich jemand auf Roma­no, also dem römi­schen Dia­lekt, anspricht, ver­ste­he ich es nicht gleich. Das ist als wenn ein Preu­ße auf Nie­der­bay­risch ange­spro­chen wür­de – der ver­steht da auch kein Wort. Und so geht es mir oft mit den Römern. Da ver­ste­he ich auch oft nicht, was die eigent­lich möchten.

Das kann ich mir vor­stel­len. Haben Sie eigent­lich den Papst auch schon getrof­fen? Es heißt, dass Papst Fran­zis­kus immer wie­der in der Stadt unter­wegs ist, etwa beim Ein­kau­fen. War er schon in der Pil­ger­stel­le?
Böck:
In der Pil­ger­stel­le war er noch nicht. Ich glau­be, er weiß gar nicht, dass es uns gibt. Wobei, viel­leicht weiß er es doch, denn wir haben einen Schwei­zer Gar­dis­ten, der recht ver­bun­den ist mit uns. Den trifft er oft in San­ta Mar­ta und Papst Fran­zis­kus plau­dert ger­ne mit den Leu­ten. Der Gar­dist wird also viel­leicht schon mal erzählt haben, dass es uns auch gibt. Dass der Papst in Rom her­um­geht, ist kör­per­lich schon gar nicht mehr mög­lich. Er ist mehr oder weni­ger auf den Roll­stuhl ange­wie­sen. Aber man sieht ihn immer wie­der. Ich kann mich erin­nern: Vor ein paar Wochen sit­ze ich im Bus und dann über­holt uns eine Kolon­ne. Das ist in Rom jetzt nichts Beson­de­res, weil oft Poli­ti­ker oder Prä­si­den­ten mit Kolon­nen unter­wegs sind. Doch dann schaue ich raus, und da sitzt doch im Auto neben mir, direkt unter mei­nem Fens­ter, der Hei­li­ge Vater, der auch im Stau gestan­den ist. In sei­nem ein­fa­chen Sko­da und nur einen Meter weg.

2024 07 29 pb alb engelsburg rom Foto: Pfarrer Christian Böck
Leicht zu finden ist das Pilgerzentrum in Rom: Gegenüber befindet sich die Engelsburg.

Span­nend! Was schät­zen Sie denn an der anti­ken Stadt oder an der hei­li­gen Stadt Rom?
Böck:
Die Geschich­te. Jeder Stein erzählt eine Geschich­te, und man ent­deckt immer wie­der was Neu­es. Rom war ja damals vor 2000 Jah­ren die Welt­haupt­stadt. Ich mag es ein­fach, abends mal einen klei­nen Spa­zier­gang zu machen. Ich woh­ne sehr zen­tral an der Piaz­za Navo­na. Das ist ein idea­ler Aus­gangs­punkt für Spa­zier­gän­ge. Ich habe mir jetzt sogar etwas Lebens­ge­fähr­li­ches zuge­legt: ein Fahr­rad, mit dem ich mich aber nur sonn­tag­nach­mit­tags raus traue, weil da der Ver­kehr weni­ger ist. Ich fah­re dann ein­fach mit so einem Trek­king­rad durch die Stadt und erkun­de sie. Das ist wunderschön.

Hei­mat­ur­laub ist aber Pflicht“. Was machen Sie, wenn Sie im Bis­tum Pas­sau sind?
Böck:
Ich ent­span­ne. Ich woh­ne bei mei­ner Schwes­ter in Zwölf­ling bei Thyr­n­au. Dort kann ich im Gäs­te­zim­mer schla­fen – dafür bin ich wirk­lich dank­bar, denn ich habe ja hier kei­nen Besitz und kei­ne Unter­kunft. Ich genie­ße ein­fach die Ruhe, die Stil­le, die gute Luft und das baye­ri­sche Ambiente. 

Und viel­leicht auch das baye­ri­sche Essen. Das heißt, kuli­na­risch kann man viel­leicht der Pas­ta in Rom auch mal den Rücken keh­ren?
Böck:
Ja, es tut mal gut. Aller­dings gab es eine klei­ne Über­ra­schung an dem Tag, als ich heim­ge­flo­gen bin. Mei­ne Schwes­ter hat mich über­rascht mit Piz­za am Abend. Mir muss das Gesicht ein­ge­fro­ren sein, weil ich mich schon irgend­wie ein­ge­stellt habe auf etwas Baye­ri­sches zur Begrü­ßung, wie einen Schweins­bra­ten. Da sagt sie: Es gibt Piz­za“, weil sie mir eine Freu­de machen woll­te. Aber es war wirk­lich eine sehr gute Piz­za, also aller Ehren wert.

Thomas Koenig

Thomas König

Fachadministrator Medienportal Bistum Passau

Heiliges Jahr

2025 gibt es in Rom ein soge­nann­tes Hei­li­ges Jahr unter dem Leit­wort Pil­ger der Hoff­nung“. Es wird in die­sem Jahr am 24. Dezem­ber in der Hei­li­gen Nacht eröff­net. Ein sol­ches ordent­li­ches“ Hei­li­ges Jahr fin­det alle 25 Jah­re statt. In der Stadt Rom rech­net man mit rund 45 Mil­lio­nen Pil­ge­rin­nen und Pil­gern, die Metro­po­le gleicht der­zeit einer ein­zi­gen Groß­bau­stel­le. Alle Infor­ma­tio­nen zum Hei­li­gen Jahr gibt es online unter www​.dbk​.de/​t​h​e​m​e​n​/​h​e​i​l​i​g​e​s​-​j​a​h​r​-2025. Das Deut­sche Pil­ger­zen­trum mit Direk­tor Pfar­rer Chris­ti­an Böck fin­den Sie unter www​.pil​ger​zen​trum​.net.

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