
Rom steht vor dem Heiligen Jahr 2025. Pfarrer Christian Böck aus Hutthurm im Landkreis Passau ist dort seit September vergangenen Jahres Direktor des deutschsprachigen Pilgerzentrums in Rom. Während seines Heimaturlaubs sprach der Geistliche im Interview darüber, wie er sich dort eingelebt hat, über Gefährdungen im Straßenverkehr, Sprache und Essen sowie über die Herausforderungen als Pilgerpfarrer im katholischen Weltzentrum.
Herr Pfarrer Böck, Sie sind ja jetzt seit September in Rom in Ihrer Funktion als Leiter des deutschen Pilgerzentrums. Wie haben Sie sich denn bisher eingelebt?
Pfarrer Christian Böck: Ich habe mich sehr gut eingelebt. Am Anfang waren es natürlich sehr viele Fragen der Verwaltung. Ich mache von Behördengängen bis Bankgeschäften alles, muss zudem die Buchhaltung und so weiter erledigen. Da war mir mein Vorgänger, Werner Demmel, eine große Hilfe. Dazu kommt auch der Umgang mit den Pilgern, und die Frage, wie ich das koordinieren muss. Ich stehe auch als Gottesdienstleiter und Beichtvater zur Verfügung – da gibt es auch sehr viele Anfragen. Dann habe ich auch noch an der Anima, der deutschen Pfarrei, gearbeitet und arbeite dort immer noch in der Sakramentenvorbereitung. Unter der Woche bin ich meist im Pilgerzentrum und am Wochenende helfe ich in der Pfarrei aus.
Wie kommen Sie denn mit der Weltstadt an sich zurecht? Sie waren ja zuletzt in der Kleinstadt Fürstenzell tätig. Finden Sie sich örtlich gut zurecht?
Böck: Ja, ich finde mich sehr gut zurecht. Mittlerweile bin ich schon eine kleine Auskunftsstation, was Busse betrifft. Wenn jemand sagt, er möchte in den und den Stadtteil, dann kann ich sagen: Ach, da nehmen Sie am besten diese Buslinie oder diese Metrolinie.

Wie geht‘s Ihnen mit Ihrem neuen Aufgabengebiet als Leiter der Pilgerstelle?
Böck: Da habe ich mich inzwischen sehr gut eingearbeitet. Jeder Tag ist eine neue Überraschung, weil sehr viele Menschen zu uns kommen mit ihren individuellen Fragen – und auf jede Frage hat man eine kleine Antwort. Da muss man dann auch nachforschen. Aber ich habe Gott sei Dank ein sehr gutes Team. Auch eine Sekretärin, die Deutsch-Italienerin ist. Das ist schon ein großer Vorteil, wenn die irgendwo schnell auf Italienisch anrufen und nachfragen kann. Bei mir wird es dann ein bisschen schwieriger.
Was sind denn da die großen Herausforderungen? Sie haben schon gesagt, da können unterschiedlichste Sachen auf einen zukommen.
Böck: Es gibt viele Herausforderungen. Die Menschen kommen mit ihren Geschichten und Anliegen. Manche wollen den Heiligen Vater sprechen – das geht natürlich nicht. Und dann sagen sie: „Ich möchte meine Geschichte einem Priester erzählen.“ Ich habe schon so viele berührende Geschichten aus dem Leben gehört, wo die Leute einfach ihre Geschichte erzählen wollen, wo sie etwas ganz Besonderes mit Gott erlebt haben und das weitergeben wollen. Ein Beispiel: Ein Schmied aus Franken hatte ein riesiges Vortragekreuz geschaffen und das dem Heiligen Vater geben wollen. Da musste ich erst erklären, dass es nicht so einfach ist, dass man dem Vatikan so ein riesiges Kreuz gibt. Aber er war überzeugt, dass das Kreuz zum Heiligen Vater kommt. Er hat es von Franken bis nach Rom getragen, oft mit Mitfahrgelegenheiten. Und das Überraschende war: Wir haben ihn dann überreden können, das Kreuz erst mal beim Schweizer Gardisten abzugeben. Ich war überzeugt, es landet im Magazin und der Heilige Vater sieht es nicht mehr. Und dann erzählt mir ein paar Tage später der Schweizer Gardist, dass das Kreuz zum Heiligen Vater getragen worden ist und jetzt in der Sakristei von Santa Marta steht, wo der Papst jeden Tag die Messe liest. Der Papst hat es gesehen und es hat ihm sehr gefallen, so dass er verfügt hat, es in eine römische Pfarrei zu bringen. Der Schmied hatte also recht. Das Kreuz ist wirklich zum Heiligen Vater gekommen. Das hätte ich nie gedacht.
Eine wirklich schöne Geschichte. Was macht denn Ihr Italienisch, lernen Sie fleißig?
Böck: Ich lerne tatsächlich fleißig Italienisch. Aber wissen Sie, ich bin 53 Jahre alt. Das Gehirn ist einfach nicht mehr so aufnahmefähig, dass man eine Sprache noch so gut lernt. Einmal die Woche kommt eine private Sprachlehrerin. Wir sind jetzt schon beim Konjunktiv. Ich verstehe die grammatikalischen Zusammenhänge und lerne Wörter, aber im Alltag ist es dann oft so: Wenn mich jemand auf Romano, also dem römischen Dialekt, anspricht, verstehe ich es nicht gleich. Das ist als wenn ein Preuße auf Niederbayrisch angesprochen würde – der versteht da auch kein Wort. Und so geht es mir oft mit den Römern. Da verstehe ich auch oft nicht, was die eigentlich möchten.
Das kann ich mir vorstellen. Haben Sie eigentlich den Papst auch schon getroffen? Es heißt, dass Papst Franziskus immer wieder in der Stadt unterwegs ist, etwa beim Einkaufen. War er schon in der Pilgerstelle?
Böck: In der Pilgerstelle war er noch nicht. Ich glaube, er weiß gar nicht, dass es uns gibt. Wobei, vielleicht weiß er es doch, denn wir haben einen Schweizer Gardisten, der recht verbunden ist mit uns. Den trifft er oft in Santa Marta und Papst Franziskus plaudert gerne mit den Leuten. Der Gardist wird also vielleicht schon mal erzählt haben, dass es uns auch gibt. Dass der Papst in Rom herumgeht, ist körperlich schon gar nicht mehr möglich. Er ist mehr oder weniger auf den Rollstuhl angewiesen. Aber man sieht ihn immer wieder. Ich kann mich erinnern: Vor ein paar Wochen sitze ich im Bus und dann überholt uns eine Kolonne. Das ist in Rom jetzt nichts Besonderes, weil oft Politiker oder Präsidenten mit Kolonnen unterwegs sind. Doch dann schaue ich raus, und da sitzt doch im Auto neben mir, direkt unter meinem Fenster, der Heilige Vater, der auch im Stau gestanden ist. In seinem einfachen Skoda und nur einen Meter weg.

Spannend! Was schätzen Sie denn an der antiken Stadt oder an der heiligen Stadt Rom?
Böck: Die Geschichte. Jeder Stein erzählt eine Geschichte, und man entdeckt immer wieder was Neues. Rom war ja damals vor 2000 Jahren die Welthauptstadt. Ich mag es einfach, abends mal einen kleinen Spaziergang zu machen. Ich wohne sehr zentral an der Piazza Navona. Das ist ein idealer Ausgangspunkt für Spaziergänge. Ich habe mir jetzt sogar etwas Lebensgefährliches zugelegt: ein Fahrrad, mit dem ich mich aber nur sonntagnachmittags raus traue, weil da der Verkehr weniger ist. Ich fahre dann einfach mit so einem Trekkingrad durch die Stadt und erkunde sie. Das ist wunderschön.
Heimaturlaub ist aber „Pflicht“. Was machen Sie, wenn Sie im Bistum Passau sind?
Böck: Ich entspanne. Ich wohne bei meiner Schwester in Zwölfling bei Thyrnau. Dort kann ich im Gästezimmer schlafen – dafür bin ich wirklich dankbar, denn ich habe ja hier keinen Besitz und keine Unterkunft. Ich genieße einfach die Ruhe, die Stille, die gute Luft und das bayerische Ambiente.
Und vielleicht auch das bayerische Essen. Das heißt, kulinarisch kann man vielleicht der Pasta in Rom auch mal den Rücken kehren?
Böck: Ja, es tut mal gut. Allerdings gab es eine kleine Überraschung an dem Tag, als ich heimgeflogen bin. Meine Schwester hat mich überrascht mit Pizza am Abend. Mir muss das Gesicht eingefroren sein, weil ich mich schon irgendwie eingestellt habe auf etwas Bayerisches zur Begrüßung, wie einen Schweinsbraten. Da sagt sie: „Es gibt Pizza“, weil sie mir eine Freude machen wollte. Aber es war wirklich eine sehr gute Pizza, also aller Ehren wert.

Thomas König
Fachadministrator Medienportal Bistum Passau
Heiliges Jahr
2025 gibt es in Rom ein sogenanntes Heiliges Jahr unter dem Leitwort „Pilger der Hoffnung“. Es wird in diesem Jahr am 24. Dezember in der Heiligen Nacht eröffnet. Ein solches „ordentliches“ Heiliges Jahr findet alle 25 Jahre statt. In der Stadt Rom rechnet man mit rund 45 Millionen Pilgerinnen und Pilgern, die Metropole gleicht derzeit einer einzigen Großbaustelle. Alle Informationen zum Heiligen Jahr gibt es online unter www.dbk.de/themen/heiliges-jahr-2025. Das Deutsche Pilgerzentrum mit Direktor Pfarrer Christian Böck finden Sie unter www.pilgerzentrum.net.