Bistum

Kurioses im Klingelbeutel

Werner Friedenberger am 22.06.2021

S1 Klingelbeutel PB Foto: Werner Friedenberger
Kurioses aus dem Klingelbeutel: Unter dem Sammelsurium, das während der Gottesdienste im Stephansdom von Passau „geopfert“ wird, lassen sich Chips fürs Einkaufswagerl ebenso finden wie eine Plakette mit dem Bildnis des heiligen

Knöpfe, Büroklammern, Marken für Einkaufswagerl und „Apotheken-Taler“ finden sich ab und an im Klingelbeutel der Kirchen. Und in Künzing wurdeneinst für die Kollekte römische Münzen „geopfert“ – mit denen der Pfarrer eine neue Kirche bauen wollte.

Ein hal­bes Jahr­hun­dert ist es her, als das König­lich Baye­ri­sche Amts­ge­richt“ in einer Ver­fil­mung aus dem Jahr 1970 einen nicht all­täg­li­chen Fall ver­han­del­te. Die Sache wur­de gerichts­mas­sig“, als der Nial­in­ger von Nial­ing“ wäh­rend des Got­tes­diens­tes in den Klin­gel­beu­tel griff und sich ein sil­ber­nes Fünf­mark­stück mit dem Por­trät des Prinz­re­gen­ten her­aus­fisch­te. War­um er das tat? Sonn­tag für Sonn­tag hat­te der Nial­in­ger laut Dreh­buch einen Fün­fer in der Hand, um damit bei sei­nen Bank­nach­barn als spen­da­bler Katho­lik zu glän­zen – wäh­rend er das Geld­stück aber nur zum Schein her­gab. In Wirk­lich­keit warf er einen Hosen­knopf in den Klin­gel­beu­tel, bis, ja bis ihm eines Tages bei sei­nem Täu­schungs­ma­nö­ver der Mes­ner auf die Fin­ger klopf­te – und die­ses Mal tat­säch­lich die Mün­ze in den samt­ro­ten Beu­tel fiel.

Georg Loh­mei­er, der Schrift­stel­ler, lie­fer­te die lite­ra­ri­sche Vor­la­ge für die­se und ande­re Schman­kerl, die letzt­lich vor dem Fern­seh-Gericht lan­de­ten. Ob tat­säch­lich so ein Vor­gang ein­mal bei Jus­ti­tia akten­kun­dig wur­de, weiß man nicht. Nach­weis­bar aller­dings ist, dass Kurio­si­tä­ten aller Art im Klin­gel­beu­tel auftauch(t)en.

Ring mit Ewi­ger Treue” lan­de­te im Klingelbeutel”

So haben die Pfarr­herrn von Künz­ing bei Vils­ho­fen in frü­he­ren Jahr­hun­der­ten nicht nur Kreu­zer und Pfen­ni­ge als sonn­täg­li­che Opfer­ga­ben gezählt, son­dern auch Mün­zen der alten Römer. Wie das sein konn­te? Der Ort an der Donau beher­berg­te einst ein römi­sches Kas­tell mit dazu­ge­hö­ri­gem Lager­dorf. Und die Bau­ern des 18. Jahr­hun­derts fan­den bei der Feld­ar­beit noch vom Impe­ri­um Roma­n­um gepräg­te Mün­zen, die die­se wie­der­um in den Klin­gel­beu­tel warfen. 

Das kam auch der König­li­chen Aka­de­mie der Wis­sen­schaf­ten in Mün­chen zu Ohren. Und schon erhielt der dama­li­ge Pfar­rer Johann Georg Klöp­fer im Jahr 1766 von der Aka­de­mie ein Bitt­ge­such mit der Fra­ge: Ob er nicht gesinnt, die Mün­zen aus Hän­den zu geben und was er dafür ver­lan­ge.“ Die Ant­wort des Barock­pfar­rers kam prompt – und deut­lich: Sey­en ihm gegen der Beding­niss feil, dass die Aka­de­mie es dahin brin­ge, dass sei­ne Pfarr­kir­che neu erbau­et wer­de.“ Aus dem Geschäft wur­de – natür­lich – nichts. Von einem unbe­kann­ten Absen­der fin­det sich auf der wie­fen Geschäfts­idee des Künz­in­ger Pfar­rers ein wenig schmei­chel­haf­ter, hand­schrift­li­cher Ver­merk: Unver­schämt!“

Gut hun­dert Jah­re spä­ter hat­te der Ent­de­cker des römi­schen Kas­tells von Künz­ing, Koope­ra­tor Johann Micha­el Schmid, ein Ver­zeich­nis mit in Künz­ing gefun­de­nen römi­schen Alter­tü­mern“ ange­legt. Dar­aus geht her­vor, dass so man­cher Katho­lik das Geld der Cäsa­ren in den Klin­gel­beu­tel warf – und sich damit zeit­ge­mä­ße Wäh­rung spar­te. So schreibt der Kaplan unter dem 24. August 1872: Nero, Cae­sar, Kup­fer, Opfergeld.“

Und heute? Der Passauer Dommesner

Alex­an­der Kölln­ber­ger ver­wahrt das Sam­mel­su­ri­um in einer Dose. Da fin­den sich Mar­ken für Ein­kaufs­wa­gerl und Apo­the­ken-Chips. Böse Absich­ten, so glaubt der Dom­mes­ner, hät­ten die Geber wohl nicht, wenn sie statt Geld den Chip vom Ein­kaufs­wa­gerl in den Beu­tel ste­cken, denn: Men­schen han­deln ritu­ell. Sie neh­men etwas und ste­cken es in den Klin­gel­beu­tel.“ Und da kön­ne halt auch der eine oder ande­re Fehl­griff“ pas­sie­ren. Aller­dings: Wenn Büro­klam­mern oder Knöp­fe abge­ge­ben“ wer­den, ist das mit dem Ver­se­hen nicht unbe­dingt nachvollziehbar. 

Auch fin­den sich Mün­zen aus aller Her­ren Län­der. Wer das Geld in den Klin­gel­beu­tel warf – ob weit gereis­te Pas­sau­er oder Besu­cher – lässt sich nicht sagen. Vor etli­chen Jah­ren tauch­te im Sam­mel­be­hält­nis der Kathe­dra­le ein gol­de­ner Fin­ger­ring auf – mit Gra­vur: In ewi­ger Treue – Jür­gen.“ Wer und war­um die­ser (oder die­se) den Ring in den Klin­gel­beu­tel gewor­fen hat, dar­über lässt sich spekulieren.

In man­cher Kir­che erfolgt die Kol­lek­te im Got­tes­dienst per Kre­dit- oder EC-Kar­te. Dazu muss der ent­spre­chen­de Betrag an einem Räd­chen am Klin­gel­beu­tel ein­ge­stellt und dann die Kar­te auf das Gerät gelegt wer­den. Ein kur­zer Piep­ton bestä­tigt die Trans­ak­ti­on. Eine PIN-Ein­ga­be ist nicht nötig. Ziel ist, das bar­geld­lo­se Spen­den ein­zu­füh­ren. Hof­fent­lich setzt sich die­se Ent­wick­lung nicht durch. Der Nach­teil liegt nicht nur dar­in, dass der digi­ta­le Klin­gel­beu­tel län­ge­re Zeit wäh­rend des Got­tes­diens­tes durch die Rei­hen der Gläu­bi­gen kreist. Man könn­te dann auch kei­ne Kurio­si­tä­ten mehr aus dem Klin­gel­beu­tel fischen …

Friedenberger_Werner

Werner Friedenberger

stellv. Chefredakteur

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