Weltkirche

„Ich glaube im Stillen“

Redaktion am 16.07.2020

Ich glaube im Stille Klaus Schlaug
Markus Hörwick war 33 Jahre Pressesprecher beim erfolgreichsten Fußballclub Deutschlands. Im Interview gesteht er, dass er sich oft wie in einem Hamsterrad gefühlt habe. Trotzdem blickt er mit großer Dankbarkeit auf sein bisheriges Leben zurück.

Markus Hörwick, der ehemalige Pressechef des FC Bayern, erzählt aus seinem Leben und über seinen Glauben. 33 Jahre war der überhaupt erste Pressesprecher im deutschen Sport beim erfolgreichsten Fußballclub Deutschlands tätig.

Er steigt den klei­nen Hang zur Pest­ka­pel­le bei Wackers­berg (Land­kreis Bad Tölz-Wolfrats­hau­sen) hin­auf, dann dreht er sich um, schaut lächelnd in die Run­de und sagt: Die­ser Ort strahlt so eine Ruhe aus!“ Seit Jah­ren kommt Mar­kus Hör­wick immer wie­der hier­her, betrach­tet die idyl­li­sche Land­schaft des ober­baye­ri­schen Isar­win­kels und lässt die Gedan­ken schwei­fen. Hier geht der Puls run­ter, hier kann ich über die wich­ti­gen Din­ge im Leben nach­den­ken“, ver­rät er, und erin­nert an den gera­de in Coro­na-Zei­ten inter­es­san­ten Ursprung die­ser Kapel­le, die 1638 von den Über­le­ben­den einer Pest­epi­de­mie gebaut wur­de.

Dem Medi­en­pro­fi ist anzu­mer­ken, dass er es genießt, ein­mal nicht über PR-Stra­te­gien und Ablö­se­sum­men befragt zu wer­den, son­dern über Grund­sätz­li­che­res zu reflek­tie­ren.

Wor­auf kommt es an im Leben? Und wel­che Rol­le spielt Gott? Bei Fra­gen wie die­sen lässt sich der 63-Jäh­ri­ge Zeit, sucht nach den rich­ti­gen Wor­ten, zeigt sich von einer nach­denk­li­chen und fein­füh­li­gen Sei­te – und wirkt ganz und gar nicht wie ein abge­klär­ter Pres­se­spre­cher, der immer eine schlag­fer­ti­ge Ant­wort parat hat. Ich glau­be im Stil­len“, beschreibt Hör­wick sei­ne Glau­bens­pra­xis. In die­sen Momen­ten der Ruhe hal­te ich Zwie­spra­che mit Gott, ich erfor­sche mein Gewis­sen, und vor allem: Ich sage Dank.

Schon als Drei­jäh­ri­ger habe er den Vater gern in Got­tes­diens­te beglei­tet. Die Eltern sei­en sehr gläu­big, die Erzie­hung streng gewe­sen. Minis­trant durf­te ich lei­der nie wer­den. Ich woll­te, aber die Eltern haben es nicht erlaubt, weil ich schon so vie­le ande­re Akti­vi­tä­ten hatte.”

Markus Hörwick

In der Jugend habe er sich dann als Spie­ler beim FC Bay­ern ver­sucht, und auch wenn ihm der ersehn­te Sprung in den Pro­fi­fuß­ball nicht gelun­gen sei – auf Umwe­gen habe es durch die Hin­ter­tür“ doch geklappt, indem er ers­ter Pres­se­spre­cher über­haupt im deut­schen Sport wur­de. Von 1983 bis 2016 ver­ant­wor­te­te Mar­kus Hör­wick die Medi­en­ar­beit des FC Bay­ern, sah berühm­te Spie­ler und Trai­ner kom­men und gehen, erleb­te 47 Titel­ge­win­ne haut­nah mit und präg­te mit sei­ner Phi­lo­so­phie der offe­nen Kom­mu­ni­ka­ti­on eine gan­ze Bran­che. Mensch­lich­keit und Empa­thie“ habe er in die­ser anspruchs­vol­len Posi­ti­on gebraucht, um erfolg­reich zu sein, und ein dickes Fell“.

Doch wie hält man es über 30 Jah­re im Medi­en­wahn­sinn rund um den Pro­fi­fuß­ball aus? Hör­wick zeigt mit erns­tem Blick auf sei­nen Bauch und sagt unge­niert: Frust­es­sen. Du bist da in einem Hams­ter­rad, wirst schmerz­un­emp­find­lich. Erst hin­ter­her habe ich gemerkt, wie viel Kraft das alles gekos­tet hat.“ Immer wie­der habe es auf­rei­ben­de Dis­kus­sio­nen mit der Medi­en­sei­te gege­ben, dazu nicht immer pfle­ge­leich­te Spie­ler oder unvor­her­seh­ba­re Auf­re­ger wie die legen­dä­re Wut­re­de von Gio­van­ni Trapp­a­to­ni 1998, die der Pres­se­chef nur des­halb nicht abbrach, um nicht vor lau­fen­der Kame­ra die Auto­ri­tät des Trai­ners zu beschä­di­gen.

Oft sei es zu Sie­ben-Tage-Wochen in der Arbeit gekom­men, und manch­mal habe er auch mit dem Gedan­ken gespielt, hin­zu­schmei­ßen. Und die Fami­lie? Ich habe bis heu­te ein schlech­tes Gewis­sen“, gesteht der drei­fa­che Vater und drei­fa­che Groß­va­ter, weil ich mei­ne Kin­der viel­leicht nicht so beglei­tet habe, wie ich es gern getan hät­te. Ich habe 19 Deut­sche Meis­ter­schaf­ten mit­er­lebt – aber wäre es nicht wich­ti­ger gewe­sen, bei mei­ner Toch­ter zu sein, als sie Lie­bes­kum­mer hat­te?“ Und er betont, dass ohne den jah­re­lan­gen Rück­halt von sei­ner Frau gar nichts gegan­gen wäre. Ich bin ein Glücks­kind“, resü­miert Hör­wick und kommt zum wie­der­hol­ten Male auf das The­ma der Dank­bar­keit zu spre­chen, das nun, mit Mit­te 60, eine immer wich­ti­ge­re Rol­le in sei­nem Leben spiele.

Magische Momente bei Papstaudienz

Sport­li­che Stern­stun­den hat er vie­le mit­er­lebt, etwa 2014, als die Bay­ern den AS Rom aus­wärts mit 7:1 aus dem Sta­di­on feg­ten. Doch bereits am Tag dar­auf sei jener Fuß­ball-abend vor einem noch prä­gen­de­ren Erleb­nis ver­blasst: Die Mann­schaft erhielt eine Pri­vat­au­di­enz bei Papst Fran­zis­kus, wovon Hör­wick noch heu­te mit Ehr­furcht und Stau­nen erzählt. Als der Papst rein­kam, haben alle den Atem ange­hal­ten und eine unbe­schreib­li­che Wär­me gespürt.“ Ein magi­scher Moment sei es auch gewe­sen, als sich Fran­zis­kus nach der Audi­enz beim Hin­aus­ge­hen noch ein­mal umge­dreht und die Bit­te geäu­ßert habe: Beten Sie für mich – ich brau­che es!“ Bei der Bus­fahrt zum Flug­ha­fen habe dann unter den Spie­lern, auch den mus­li­mi­schen, ein so ergrif­fe­nes Schwei­gen geherrscht, wie es noch nie vor­ge­kom­men sei.

Was ist wahre Lebensqualität?

Auf­ge­hört hat Hör­wick bei den Bay­ern 2016 nicht zuletzt des­halb, weil er sich in der neu­en Medi­en­welt mit ihren über Sozia­le Netz­wer­ke lan­cier­ten Schmutz­kam­pa­gnen nicht mehr wohl­fühl­te. Seit­dem sei er nicht mehr Leib­ei­ge­ner des FC Bay­ern“, son­dern wid­me viel mehr Zeit sich selbst und der Fami­lie – und beschäf­ti­ge sich inten­siv mit der Fra­ge nach wah­rer Lebens­qua­li­tät. Ob er auch kon­kret über den eige­nen Tod nach­den­ke? Nein“, ent­geg­net Hör­wick ent­schie­den, der Tod ist für mich weit weg“. Auch auf ein Danach“ mag er sich nicht fest­le­gen – über­legt dann aber doch mit einem Lächeln, ob sein ver­stor­be­ner Vater viel­leicht bei Weiß­würs­ten und Weiß­bier da oben“ sitzt und auf ihn her­ab­schaut. Sein Vater kommt auch ins Spiel, als er von einer Jugend­sün­de erzählt. Eine Zei­tung für 25 Pfen­nig habe er mit­ge­nom­men, ohne zu bezah­len – und sei prompt erwischt und am Ohr­waschl zur Poli­zei geschleppt wor­den. Wäh­rend er dort dar­auf war­te­te, dass ihn die Mut­ter abholt, habe er sämt­li­che Sün­den abge­büßt“. Noch schlim­mer sei dann zu Hau­se das ban­ge War­ten auf den Vater gewe­sen – doch der wuss­te schon, dass der klei­ne Mar­kus genug bestraft wor­den war, und sag­te nur: Wos is? Mor­gen spuit Bay­ern, geh ma ins Stadion?“ 

In den ver­gan­ge­nen Jah­ren hat Mar­kus Hör­wick etwas Abstand zur Fuß­ball­welt gewon­nen. Bay­ern­fan ist er zwar noch immer. Aber was ist schon der Fuß­ball, wenn du neu gewon­ne­ne Frei­hei­ten und drei Enkel hast, mit denen du die Welt ente­cken kannst?

Text: Joa­chim Burg­hardt / CAP

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