Bistum

Ein Wunder der Spätgotik

Redaktion am 18.12.2023

2023 12 18 pb alb kefermarkter altar1 Foto: Karl-Heinz Paulus
Das Herzstück des Kefermarkter Altars mit Figuren-Schrein und den vier Flügel-Reliefs mit Christi Geburt und Anbetung der Könige.

Die Spätgotik brachte eine Fülle an herrlichen Holzbildwerken für Flügelaltäre hervor. Diese Darstellungen dienten vornehmlich der seelischen Erbauung. Ein besonders schönes Exemplar findet man in Kefermarkt im Mühlviertel.

Die Plas­tik des 14. und 15. Jahr­hun­derts ist geprägt vom Geist des erwa­chen­den Bür­ger­tums und der Gefühls­see­lig­keit der Mys­tik. Wem also nach see­li­scher Erbau­ung zumu­te ist, dem sei gera­de jetzt in der Weih­nachts­zeit ein Aus­flug ins benach­bar­te Mühl­vier­tel emp­foh­len – nach Kefer­markt, unweit von Frei­stadt. Im eins­ti­gen Dorf am Wein­per­ge“, an einem Süd­west­hang der Fel­daist-Sen­ke, bil­det die Wall­fahrts­kir­che mit dem welt­be­rühm­ten spät­go­ti­schen Flü­gel­al­tar den Mittelpunkt. 

Der kai­ser­li­che Feld­haupt­mann und Herr auf dem benach­bar­ten Schloss Wein­berg, Chris­toph Zel­king, ließ in den Jah­ren 1470 bis 1476 die Kir­che, die dem hl. Wolf­gang geweiht ist, erbau­en. Er stif­te­te auch den aus Lin­den­holz geschnitz­ten Flü­gel­al­tar, der in der Form einer Mons­tranz gestal­tet ist und eine Höhe von 13,5 Metern aufweist. 

Die­ses ein­ma­li­ge Werk sakra­ler Bild­schnit­ze­rei ent­stand in den Jah­ren 1490 bis 1497. Ursprüng­lich war die­ser Altar far­big gefasst und teil­wei­se ver­gol­det. Man­gels sorg­fäl­ti­ger Pfle­ge und zum Teil auch in offen­sicht­li­cher Ver­ken­nung des her­aus­ra­gen­den Wer­tes die­ses Kunst­wer­kes, ver­schlech­ter­te sich des­sen Zustand – vor allem auch durch Holz­wurm­be­fall – der­art, dass ein end­gül­ti­ger Ver­lust bevor­stand. Lan­des­kon­ser­va­tor Adal­bert Stif­ter haben wir es zu ver­dan­ken, dass der Kefer­mark­ter Altar durch eine umfas­sen­de Restau­rie­rung in der Zeit von 1852 bis 1855 geret­tet wer­den konn­te. Von einer Wie­der­auf­brin­gung einer farb­li­chen Fas­sung nahm man aller­dings Abstand.

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Ausschnitt aus dem Kefernmarkter Altar.

Adal­bert Stif­ter ver­leiht sei­ner gro­ßen Begeis­te­rung für die­ses Kunst­werk, das die Kunst­ge­schich­te eben­bür­tig neben den Mari­en­al­tar von Veit Stoß in Kra­kau und Micha­el Pachers in St. Wolf­gang stellt, wie folgt, Aus­druck: Es dürf­ten in die­sem Fache weni­ge Arbei­ten sein, viel­leicht nicht ein­mal eine ein­zi­ge, die dem Alta­re von Kefer­markt den Vor­zug strei­tig machen könn­te.“ In sei­nem Roman Nach­som­mer“ setz­te Stif­ter die­sem Juwel ein lite­ra­ri­sches Denkmal.

Der Meis­ter die­ses gro­ßen Schnitz­wer­kes ist urkund­lich nicht gesi­chert. Ver­mu­tet wird er im Raum zwi­schen Pas­sau und Wien. Immer wie­der wird in die­sem Zusam­men­hang (vor allem auch von dem Pas­sau­er Kunst­his­to­ri­ker Prof. Dr. Her­bert Schind­ler) der Pas­sau­er Bild­hau­er Mar­tin Kriech­baum genannt, der in der Milch­gas­se 7, nahe der Stu­di­en­kir­che, eine Bild­hau­er­werk­stät­te betrieb. Wenn auch der Meis­ter des Kefer­mark­ter Altars nicht ein­deu­tig nach­zu­wei­sen ist, sein Schnitz­al­tar ist inter­na­tio­nal von aller­höchs­ter Qua­li­tät und eine regel­rech­te Offen­ba­rung für jeden Betrach­ter, der die­se Kunst aus der Zeit der Hoch­blü­te der Spät­go­tik zu schät­zen weiß.

Vor allem die bei­den Weih­nachts­sze­ne­rien Geburt Chris­ti“ und Anbe­tung der Köni­ge“ sind eine eben­so erbau­li­che wie inni­ge Ein­stim­mung auf das Fest des Jah­res. Archi­tek­tur, Land­schaft, Detail­reich­tum und –viel­falt, Hal­tung, Ges­tik und Kom­mu­ni­ka­ti­on der Figu­ren­grup­pen die­ser bei­den Hoch­re­li­efs ver­set­zen einen in Anbe­tracht der Form­voll­endung und der Aus­drucks­kraft in stau­nen­de Ergrif­fen­heit. Man kann Adal­bert Stif­ters Rüh­rung nach­emp­fin­den, wenn er schwärmt: Vor der Ruhe, dem Ernst, der Wür­de und der Kind­lich­keit die­ses Wer­kes kam eine Ehr­furcht, ja fast ein Schau­er in mein Herz.“

Text und Fotos: Karl-Heinz Paulus

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