
„Wir einen – die anderen?“ Unter diesem Motto steht das Jahresprogramm 2025 der Landvolkshochschule (LVHS) Niederalteich. In einer eindringlichen Ansprache ging Direktorin Barbara Schmidt darauf ein, wie die Bildungsstätte Raum für Dialog, Zusammenhalt und Veränderung schaffen will.
Die Rede Schmidts widmete sich den gesellschaftlichen Spannungen, die durch die Polarisierung in politischen und sozialen Debatten entstehen. „Verschiedene Kräfte versuchen, uns zu spalten“, betonte sie und erinnerte an die Grundwerte von Würde, Gerechtigkeit und Solidarität, die im Grundgesetz tief verwurzelt sind. Besonders in den Debatten um Flucht und Migration sei es entscheidend, sich nicht von populistischen Stimmen oder Hassreden beeinflussen zu lassen. Stattdessen müsse es darum gehen, Brücken zu bauen und ein friedliches Zusammenleben zu fördern. Eigentlich sei es traurig, dass die Bischöfe eine Erklärung zu diesem Thema verfassen mussten. „Aber es ist gut, dass sie Stellung bezogen haben und so eine Basis für uns geschaffen haben, selbst Stellung beziehen zu können.“
Schmidt griff aktuelle Krisen auf, von der Klimakatastrophe über den Ukrainekrieg bis hin zur fortschreitenden Digitalisierung. So wurden die verheerenden Folgen von Extremwetterereignissen und die damit verbundene Verantwortung für kommende Generationen thematisiert. „Wir sind Gast auf Erden und haben diese Welt nur geliehen“, lautete der eindringliche Appell, das Erbe unserer Vorfahren und die Lebensgrundlage der Nachkommen zu bewahren. Als christliches Bildungshaus bekräftige die LVHS, dass Wandel keine Angst machen müsse. „Als Bildungshaus müssen wir nicht die Welt retten, aber unterstützen, dass wir in Ostbayern gemeinsam Wege zueinander finden, egal wie unterschiedlich wir sind.“
Die LVHS verstehe sich dabei als Kraft- und Dialogort, der Menschen zusammenbringt, um in aller Unterschiedlichkeit gemeinsame Wege in eine bessere Zukunft zu suchen. Dies spiegelte sich sowohl im Bildungsprogramm als auch in den vielfältigen Veranstaltungen wider, die in Niederalteich stattfinden. Dazu gehörten aber auch das Feiern, gutes Essen, Musik und das gemeinsame Gebet, fasste sie abschließend zusammen, wie man es immer wieder in der Bildungseinrichtung erlebe.
„Wir als Bildungshaus wollen offen sein für alle, die aufspringen wollen, demokratische Werte wiederzubeleben.”
Bildungsreferentin Stephanie Jäger präsentierte im Anschluss mit ihren beiden neuen Kolleginnen Barbara Messerer und Mirjam Sigl das Jahresthema. Gibt es tatsächlich die einen und die anderen, hinterfragten sie. „Wir als Bildungshaus wollen offen sein für alle, die aufspringen wollen, demokratische Werte wiederzubeleben.“ Dabei sollen bei Winterwandern, Begegnungstag und einem gemeinsamen Sommerwochenende im Laufe des Jahres die Gemeinsamkeiten in den Fokus gerückt werden. Bei „Diskutieren, aber normal“ lernt man, wieder in einen friedlichen und demokratischen Diskurs zu kommen. „Das Menschliche und Herzliche soll wieder mehr in den Fokus rücken.“
Der Auftaktabend bot den Gästen nicht nur inhaltliche Impulse, sondern auch Raum für Austausch und Begegnung. Dazu kamen unter anderem die Experten Josef Ederer, Generalvikar im Bistum Passau, Veronika Emmer von der KEB Passau, Heidi Koschollek (Dritte Vorsitzende des Trägervereins und Bindeglied zum BBV) sowie Straßkirchens Bürgermeister Dr. Christian Hirtreiter zusammen, die nicht nur eine Stellungnahme zum Abendthema abgaben, sondern auch mit den Anwesenden diskutierten. Die Zündschnur sei bei vielen seit einigen Jahren kurz, kritisierte zum Beispiel Ederer. „Das viel zitierte ‚Ich first‘, welches man in den letzten Jahren viel hört, geht meist auf Kosten anderer.“ Man müsse aufeinander schauen, um die Gefahr der sozialen Kälte und Spaltung zu bannen, mahnte Hirtreiter. „Dazu vermittelt die LVHS als katholisches Bildungshaus wichtige Werte – um die Schöpfung zu bewahren, kommt es auf jeden Einzelnen an.“ Emmer ging darauf ein, was die Katholische Erwachsenenbildung ausmache und stellte heraus, dass man schon Ende der neunziger Jahre über dieselben Probleme wie heute diskutiert habe. Es sei wichtig, relevante von nicht relevanten Infos unterscheiden zu können. „Die Menschen sollen hier aber nicht nur Wissen hören, sondern auch in Austausch kommen, um darüber ihre eigene Meinung zu finden.“
Text und Foto: Diana Millgramm